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Reportage

Auf dem Weg zum Ja-Wort

Ehevorbereitungsseminar für katholisch-evangelische Paare – Teilnehmer räumen mit Vorurteilen auf – Seminarleiter erklären unterschiedliches Eheverständnis

Würzburg (POW) „Jetzt musst du um die linke untere Ecke vom Dreieck noch einen großen Kreis malen“, erklärt Katharina Pfeuffer (26) ihrem Partner Stefan Kafara (31). Rücken an Rücken sitzen sie im Rudolf-Alexander-Schröder-Haus in Würzburg und können nicht sehen, was jeweils der andere in den Händen hält. Katharina hat ein Blatt Papier, auf dem Linien, Kreise und Rechtecke aufgemalt sind. Ihre Aufgabe ist es, Stefan genau zu erklären, was sie sieht. Stefan muss die Formen auf sein weißes Blatt übertragen und darf dabei nicht spicken. „Kommunikation ist das Geheimnis jeder Partnerschaft“, sagt Frank Hofmann-Kasang und bittet die Paare nach dem Spiel wieder zurück in den Stuhlkreis. Er ist Pfarrer der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinden Estenfeld und Kürnach und leitet zusammen mit Melanie Jörg-Kluger, Pastoralreferentin im Würzburger Stadtteil Sanderau und Diözesanrichterin am kirchlichen Gericht der Diözese Würzburg, das Seminar „Zu dir oder zu mir?“. Sechs Paare, von denen jeweils ein Partner katholisch, der andere evangelisch ist, bereiten sich auf ihre konfessionsverbindende Hochzeit vor.

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„Heute haben wir Zeit, auch mal nebenraus zu denken und ins Gespräch zu kommen. Es ist weder beim Heiraten Eile geboten, noch hier in diesem Seminar“, erklärt Hofmann-Kasang den Paaren. Bereits fünf der sechs Paare haben im vergangenen Jahr standesamtlich geheiratet, die kirchliche Trauung steht ihnen allen jedoch noch bevor. „Ihr seid auf dem Weg, zwei Konfessionen zu verbinden. Das ist eine wahre Chance, voneinander zu profitieren“, ergänzt Jörg-Kluger. Dazu müsse man sich aber auch einmal bewusst machen, was für die einzelnen Teilnehmer typisch katholisch und typisch evangelisch ist. Die Paare teilen sich in zwei Gruppen auf – eine evangelische und eine katholische – und sammeln ihre Ideen. „Mir gefallen die Geschichten um die Heiligen herum, wie sie für ihren Glauben eingetreten sind“, sagt Sebastian Barthel (31) und setzt ein rotes Pluszeichen vor den Stichpunkt „Heiligenfiguren“. „Mir ist aufgefallen, dass die evangelische Gemeinde bei uns zuhause immer alle abgedruckten Strophen singt. Wir dagegen singen meist nur die ersten beiden Strophen“, erzählt Sandra Habl (52). Gerne würde auch sie einmal ein paar Strophen mehr singen. Bei beiden Gruppen sammeln sich auf den Plakaten weitere Begriffe wie „Papst“, „lange Predigten“, „Konfirmation“ und „Firmung“, die anschließend diskutiert und bewertet werden.

Jeder bringe aus seinem Elternhaus und seinem Umfeld verschiedene Erfahrungen im Glauben und Traditionen mit in die Beziehung, stellt Hofmann-Kasang bei jedem Seminar immer wieder aufs Neue fest. „Als Paar müsst ihr euch überlegen, welche konfessionelle Schiene ihr gehen wollt und wie ihr dabei die andere Konfession nicht aus dem Blick verliert.“ Er fordert die Teilnehmer auf, einmal in Ruhe über Traditionen, Gegenstände und Sprüche nachzudenken, die einen in der eigenen Einstellung zu Glaube und Kirche geprägt haben. Es wird still im Raum. Manch einer schaut konzentriert an die Decke und versucht, sich an seine Kindheit zu erinnern. Andere schreiben nach kurzer Überlegung ihre Gedanken auf ein Blatt Papier. Dann dürfen die Paare die Köpfe zusammenstecken und sich darüber austauschen, welche Erinnerungen und Traditionen dem anderen wichtig sind.

„Als Kind fand ich den Gebetswürfel vor dem Abendessen ziemlich cool“, erzählt Sebastian Löblein (26). Er könne sich vorstellen, diese Form des Tischgebets auch mit seinen Kindern einmal auszuüben. „Bei uns wurden die Patenämter bisher immer unter den Geschwistern vergeben. Vielleicht können wir das ja auch so weiterführen“, sagt Svenja Barthel (30). Nicht nur im Patenamt, sondern auch an den Feiertagen spielt für sie die Familie eine wichtige Rolle. Dass an solchen Tagen alle zusammenkommen, steht für sie außer Frage. Andreas Schertler (32) will keine „starren Auslegungen“ übernehmen. Er brauche die Kirche nicht unbedingt, um Gott nahe zu sein. „Für meine Großeltern war es fast ein Untergang, dass ich damals kein Ministrant werden wollte“, erzählt er. Seine Eltern hätten ihn dagegen nie gezwungen, in die Kirche zu gehen. Das wolle er auch an seine Kinder später einmal weitergeben. Für Stefan Kafara  gehörte es im Urlaub immer dazu, auch etwas über die Religion und Kirche in den anderen Ländern zu erfahren. Auch in der Heimat will er die katholische Konfession seiner Partnerin nicht aus dem Blick verlieren. „Ich kann mir gut vorstellen, zukünftig Gottesdienste beider Konfessionen zu besuchen.“

„Auf evangelischer Seite ist die Ehe ein weltlich Ding“, zitiert Hofmann-Kasang Martin Luthers Worte. „Nach evangelischem Ritus müsstet ihr nach der standesamtlichen Trauung nichts mehr tun.“ Aber der Segen sei ein schönes Zeichen auch nach außen hin. „Indem ihr den Segen Gottes erbittet und euch vor euren Familien und der Gemeinde versprecht, treu zu sein, macht ihr deutlich: Wir gehören zusammen als Gottes gute Ordnung“, erklärt er und legt einen violetten Zettel mit der Aufschrift „Gottes gute Ordnung“ in die Mitte des Stuhlkreises. Mit dem zweiten Zettel „Gabe und Aufgabe“ macht er deutlich, dass die Ehe nicht immer ein Zuckerschlecken sei, sondern beide Partner immer wieder an ihr arbeiten müssen. Auch er denke, dass eine Ehe unauflöslich sein sollte, aber zum Leben gehöre auch das Scheitern dazu. „Unser Eheverständnis geht von Vergebung und Scheitern aus, es ist also möglich, eine Ehe auch wieder aufzulösen.“

Auf katholischer Seite gebe es doch ein bisschen mehr zu beachten, wirft Jörg-Kluger ein. „Zum Beispiel sieht die katholische Kirche die Ehe als Sakrament, das sich die getauften Ehepartner gegenseitig spenden.“ Sie ergänzt die Punkte, die Hofmann-Kasang bereits in die Mitte gelegt hat, mit grünen Blättern, auf denen Stichpunkte aus dem katholischen Eherecht stehen. So wie Gottes Liebe sollte auch die Ehe „auf Dauer sein“, eine Scheidung sehe die katholische Kirche also nicht vor, erklärt Jörg-Kluger. „Die Ehe ist eine Gemeinschaft des ganzen Lebens. Das betrifft zum Beispiel auch das Finanzielle. Die Ehepartner sollen gemeinschaftlich mit dem Geld umgehen und größere Investitionen miteinander entscheiden.“ Ein häufiger Grund, warum Ehen scheitern, sei, dass man nur an sich selbst denke und den anderen nicht so akzeptiert, wie er ist. „Das katholische Eheverständnis sieht jedoch vor, dass man sich gegenseitig schenkt und annimmt, einander treu ist und eine Gemeinschaft des ganzen Lebens begründet.“ Die Ehe sei sowohl ein Bund als auch ein Vertrag, der mit dem Ja-Wort geschlossen werde. „Und da die Ehe auf Kinder ausgelegt ist, können nach katholischem Verständnis nur Mann und Frau heiraten“, erklärt die Pastoralreferentin.

Am Ende des Kurzreferats der beiden Seminarleiter zum unterschiedlichen Eheverständnis liegen zahlreiche Stichpunkte auf dem Boden vor den Füßen der Teilnehmer. „Ihr seht, wenn man katholisch heiratet, gibt es einiges mehr zu bedenken“, sagt Jörg-Kluger mit einem Lachen. „Das Wichtigste jedoch sind diese drei verbindenden Punkte, die in beiden Konfessionen von Bedeutung sind“, sagt sie und zieht drei gelbe Blätter hervor. Auf ihnen steht, dass die Ehe ein „Zeichen der Liebe Gottes“, „von Gott gestiftet“ und „auf Dauer angelegt“ sei.

„Wir heiraten im August und sind schon sehr weit mit den Planungen“, erzählt Susanna Löblein (27). Trotzdem nehme sie aus dem Seminar ein paar Punkte mit, über die sie mit ihrem Partner noch einmal reden wolle. Da Susanna zurzeit ihr Referendariat am Gymnasium unter anderem im Fach katholische Religion absolviert, wird auch katholisch geheiratet. „Das ist völlig okay für mich, denn sie ist auch im Glauben viel tiefer verwurzelt“, sagt ihr Mann Sebastian. Kristi Grund (26) und ihr Partner Andreas Schertler konnten während des Seminars Vorurteile aufräumen und gehen nun bestärkt in die Vorbereitungen ihrer Hochzeit. Bei ihnen wird es auf eine evangelische Trauung hinauslaufen, da Kristi in der evangelischen Kirche in Gemünd bereits getauft und konfirmiert wurde. „Eure Lebensgeschichte ist ein Schatz, den ihr in euch tragt“, erklärt Hofmann-Kasang. Für die Vorbereitung der Hochzeit und für die Traugespräche legt er den Paaren nah, den Geistlichen auch von den gemeinsamen Erlebnissen zu erzählen. „Schreibt eure Lebensgeschichte als Thema über eure Hochzeit und zeigt euren Familien und Freunden, was euch verbindet.“

Über das Seminar „Zu mir oder zu dir?“

„Wir haben gemerkt, dass sich die Paare mit unterschiedlichen Konfessionen bewusster mit dem Thema Glauben in der Familie auseinandergesetzt haben“, erzählt Pastoralreferentin Dr. Christine Schrappe, stellvertretende Leiterin der Hauptabteilung Außerschulische Bildung der Diözese Würzburg. Innerhalb der Seminarreihe „Wir trauen uns“ führte sie zusammen mit Pastoralreferent Dr. Armin Bettinger, Studienleiter der Domschule Würzburg, im Jahr 2006 das erste Ehevorbereitungsseminar für konfessionsverbindende Ehepaare ein. Seitdem gibt es jedes Jahr mindestens ein Seminar für katholisch-evangelische Paare, die sich in der Gruppe mit Paaren in gleicher Situation über ihre Konfessionen und Erfahrungen austauschen können. Termine und weitere Informationen gibt es im Internet unter www.domschule-wuerzburg.de.

Rebecca Hornung (POW)

(3319/0874; E-Mail voraus)

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