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Der Traum von einem geeinten Europa

Gedenkfeier zum 100. Geburtstag des Widerstandskämpfers und Justitiars Dr. Georg Angermaier – Vorträge beleuchten Hintergründe seiner Arbeit – Visionen für ein geeintes Europa entworfen

Würzburg (POW) „Das kurze und schaffensreiche Leben von Georg Angermaier hat bis heute große Ausstrahlungskraft. Wir hoffen, dass von der heutigen Veranstaltung weitere Impulse zu einer lohnenswerten Auseinandersetzung mit Angermaier ausgehen.“ Mit diesen Worten führte Franz Fisch, Vorsitzender der Kreisau-Initiative Würzburg, in die Gedenkveranstaltung zum 100. Todestag des Juristen und Widerstandskämpfers Dr. Georg Angermaier am Freitag, 18. Oktober, ein. Rund 160 Gäste waren in den Ratssaal des Würzburger Rathauses gekommen, darunter Kinder und Enkel Angermaiers. Veranstalter der Gedenkfeier waren die Kreisau-Initiative Würzburg, die Diözese Würzburg, die Stadt Würzburg und weitere Institutionen.

Wie aktuell das Vorbild Angermaiers auch in der heutigen Zeit sei, betonte Bürgermeister Dr. Adolf Bauer. „Auch wir können in Situationen kommen, in denen Zivilcourage gefordert ist, in denen es darum geht, sich Unrecht zu widersetzen, auch wenn das mit Unannehmlichkeiten verbunden ist.“ Dazu gehöre zum Beispiel, nicht untätig zu bleiben, wenn Vorurteile verbreitet oder Menschen wegen ihrer Herkunft oder Religion ausgegrenzt oder angegriffen werden. „In einer solchen Situation das Richtige zu tun, dabei kann uns der Gedanke an das Vorbild helfen, das Georg Angermaier uns gegeben hat.“

Mit der Gedenkfeier werde ein „spannendes Leben“ gewürdigt, „aus dem im Dritten Reich ein Widerstandskämpfer erwachsen ist“, sagte Domdekan Prälat Günter Putz in seinem Grußwort. Angermaier habe sich nicht instrumentalisieren lassen. Die „Strategie der Unauffälligkeit, damit man unangreifbar bleibt“, sei nicht sein Weg gewesen. „Die Rechtswissenschaft und die juristische Fakultät haben damals dem Unrecht nicht Einhalt geboten“, blickte Professor Dr. Oliver Remien, Dekan der Juristischen Fakultät Würzburg, auf die Zeit des Dritten Reichs zurück. Auch Angermaier sei die weitere Mitarbeit in der Lehre verwehrt worden, weil er dem Regime missliebig war. „Es war ihm nicht vergönnt, aktiv am Wiederaufbau des Rechtsstaates mitzuwirken“, sagte Remien mit Blick auf den frühen Tod Angermaiers, der 1945 unter ungeklärten Umständen bei einem Autounfall ums Leben kam. „Aber wir sind auch so stolz auf seinen Widerstand gegen das Unrecht.“

„Was konnte ein deutscher Rechtswissenschaftler nach 1933 schreiben?“ Diese Frage stellte Professor Dr. Fabian Wittreck von der Universität Münster zu Beginn seines Vortrags „Nationalsozialistische Rechtslehre und Naturrecht – Der Jurist und Staatsrechtler Dr. Georg Angermaier“. Nach seinen Erkenntnissen gab es drei Möglichkeiten: „Einige Kollegen sind verstummt, andere haben in unterschiedlicher Schäbigkeit publiziert. Und es gab diejenigen, die auswichen und nicht über Staatsrecht, sondern zum Beispiel über Verwaltungsrecht publizierten.“ Auch Angermaier habe für seine Dissertation den dritten Weg gewählt. Er habe seine Arbeit jedoch genutzt, um Theorien der NS-Rechtslehre anhand geltenden Rechts zu widerlegen. In seinen Entwürfen für eine Neuordnung für die Zeit nach Hitler, die er im November 1942 verfasste, habe Angermaier einerseits extreme Positionen vertreten. „Unter dem Eindruck der Übergriffe im Rechtsbereich forderte er die Todesstrafe für Richter, die das Recht beugen“, sagte Wittreck als Beispiel. Sie enthielten aber auch „wegweisende“ Passagen, zum Beispiel dass der Staat nicht allmächtig sei, oder die Vision von einem europäischen Bundesstaat.

An einen weiteren Umstand, der für das Verständnis Angermaiers wichtig ist, erinnerte Helmuth Caspar Graf von Moltke, Sohn von Helmuth James Graf von Moltke, einem Mitbegründer des „Kreisauer Kreises“: „Angermaier war zum Zeitpunkt seiner Dissertation 24 Jahre alt. Auch die Wurzeln des Kreisauer Kreises liegen bei ganz jungen Männern.“ Keiner von ihnen sei in einer einflussreichen Position gewesen. Sie hätten keine Möglichkeiten gehabt, einen Putsch oder ein Attentat durchzuführen. „Was sie tun konnten, war eine Vorsorgestrategie entwerfen für den herbeigesehnten Tag X“ – den Tag, an dem die Macht der Nationalsozialisten enden würde. Nach den Plänen des "Kreisauer Kreises" sollte Deutschland demnach eingebettet werden in einen großeuropäischen Raum, einem Staatenbund mit einer gemeinsamen Außenpolitik, einer gemeinsamen Währung und einer europäischen Rechtsprechung. „Heute, 70 Jahre später, nähern wir uns dieser Vorstellung.“

sti (POW)

(4313/1078; E-Mail voraus)

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