Hinweis

Ihre Browserversion wird leider nicht mehr unterstüzt. Dies kann dazu führen, dass Webseiten nicht mehr fehlerfrei dargestellt werden und stellt ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Wir empfehlen Ihnen, Ihren Browser zu aktualisieren oder einen der folgenden Browser zu verwenden:

Denkmal erinnert an jüdische Vergangenheit

Juliusspital errichtet Gedenkpunkt im Innenhof – ­ Oberpflegamtsdirektor Walter Herberth: Gerecht sein zur eigenen Geschichte – Echter ließ seine Stiftung auf jüdischem Friedhof bauen

Würzburg (POW) Ein Denkmal, das an die jüdische Vergangenheit des Würzburger Juliusspitals erinnert, haben am Freitag, 29. November, Oberpflegamtsdirektor Walter Herberth, der Bildhauer Kurt Grimm aus Kleinrinderfeld und Dr. Josef Schuster, Vorsitzender der Israelitischen Kultusgemeinde Würzburg und Unterfranken, enthüllt. „Das Gelände wurde ab dem Jahr 1147 von der jüdischen Gemeinde als Begräbnisplatz genutzt und hat diese Funktion nach jüdischer Definition nie verloren“, erklärte Herberth. Durch das im Innenhof zentral platzierte Kunstobjekt werde Geschichte sichtbar, sagte Schuster und dankte für diesen Beitrag des Juliusspitals. Noch in den 1980er Jahren, als er selbst Assistenzarzt in der Klinik war, sei eine derartige Aufarbeitung der Geschichte nicht vorstellbar gewesen.

Oberpflegamtsdirektor Herberth erinnerte daran, dass es mitunter „schrecklich schwer“ sei, gerecht zur eigenen Vergangenheit zu sein. In mehr als vier Jahrhunderten seit der Grundsteinlegung durch Echter im März 1576 habe das Spital den sozialen Auftrag des Stifters erfüllt. Der Gedenkpunkt solle an diese Geschichte ebenso erinnern wie an die Entscheidung des Fürstbischofs, an dieser Stelle zu bauen ‑ ungeachtet der jüdischen Vorstellung, dass Friedhöfe auf ewig angelegt werden. Vielfach habe es seinerzeit Proteste seitens Adliger und Ritterschaften sowie der auf deren Güter lebenden Juden gegeben. „Die jüdische Gemeinde hatte den Platz 1450 durch die Zahlung von 300 Gulden an Bischof Gottfried von Limpurg als Begräbnis- und Kultstätte gesichert.“ Echter habe dessen ungeachtet die Synagoge und andere Gebäude abbrechen, die Grabsteine entfernen und den Friedhof einebnen lassen, um mit dem Bau beginnen zu können und Fakten zu schaffen.

„Der Umgang mit dieser historischen Tatsache hat sich in den Epochen spitälischen Lebens unterschiedlich gestaltet. Er reichte von anfänglicher Zustimmung zur Echterschen Entscheidung über beharrliches Negieren in der folgenden Zeit bis zum klaren Bekenntnis in der jüngeren und jüngsten Zeit“, sagte der Oberpflegamtsdirektor. Zusätzlich zum Kunstobjekt von Kurt Grimm werde zeitnah eine Tafel angebracht werden, die die Geschichte verdeutlichen soll. Der Standort des Gedenkpunkts im Innenhof bringt laut Herberth die Symmetrie der Hofgestaltung etwas durcheinander. Das sei durchaus beabsichtigt: „Auch die Standortentscheidung Julius Echters hat die damaligen Verhältnisse, besonders das religiöse Empfinden der jüdischen Gemeinde, aus der Balance gebracht.“

„Es schließt sich ein Kreis", erklärte Schuster für die israelitische Gemeinde. Schon 200 Jahre vor Echter seien Grabsteine des jüdischen Friedhofs für den Bau des benachbarten Markusklosters verwendet worden. Dank des Würzburger Theologieprofessors Dr. Dr. Karlheinz Müller seien diese vor über 20 Jahren bei Abrissarbeiten entdeckten Zeitzeugnisse wissenschaftlich erforscht worden. „Heute sind diese Grabsteine im Keller von Shalom Europa und bilden so etwas wie das geistige Fundament des jüdischen Zentrums."

Künstler Kurt Grimm deutete sein Werk aus Cortenstahl zum einen als Symbol mit einer durch das Material bedingten Ehrlichkeit. „Die Korrosion weist zudem auf die Vergänglichkeit hin.“ In der Formensprache bildet der auf der Spitze balancierende Quader die Basis. Dieser symbolisiere das Gebäude des Juliusspitals. Der Ring stehe für das markante Zeichen im Familienwappen des Fürstbischofs. „Die Stele, die tief in den Quader eingeschnitten ist, symbolisiert die Grabsteine des jüdischen Friedhofs, die – ohne dass der religiöse Ewigkeitskontext beachtet wurde­ – dem Spitalbau weichen mussten.“ In ihrer Verbindung und unlösbaren Verknüpfung machten die Elemente ihre wechselseitige Bedingtheit deutlich.

Den Anstoß für das Denkmal hatte am 29. April der Radioabend des Bayerischen Rundfunks gegeben, bei dem Oberpflegamtsdirektor Herberth im Gespräch mit Moderator Eberhard Schellenberger ankündigte, einen Ort des Erinnerns an den jüdischen Friedhof zu schaffen.

mh (POW)

(4913/1239; E-Mail voraus)

Hinweis für Redaktionen: Fotos abrufbar im Internet