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Mehr geistliche Begleitung

Bischof Dr. Franz Jung spricht beim Priester- und Diakonentag in Heidenfeld über Konsequenzen aus der Missbrauchsstudie und „Pastoral der Zukunft“ – Persönliche Christusbeziehung als wichtige Kraftquelle

Heidenfeld (POW) Bischof Dr. Franz Jung hat die Geistlichen im Bistum Würzburg ermuntert, trotz der aktuell belastenden Situation mit Zuversicht, Freude und Ausdauer ihren Dienst zu tun. „Prüfungssituationen sind immer auch Momente einer Läuterung und Klärung, die oft nicht einfach ist und der man bisweilen auch gerne aus dem Weg gehen möchte. Wird sie aber bestanden, verhilft sie zu größerer Freude und Gelassenheit. Das wünsche ich uns allen jedenfalls“, sagte er vor knapp 300 Priestern und Diakonen. Traditionell lädt der Bischof von Würzburg jedes zweite Jahr zum Tag der Priester und Diakone nach Heidenfeld im Landkreis Schweinfurt ein, wo die Gebeine des seligen Märtyrerpriesters Liborius Wagner in der Pfarrkirche ruhen.

Ausführlich ging der Bischof bei seinem Vortrag auf die kürzlich veröffentlichte bundesweite Missbrauchsstudie der katholischen Kirche ein. Dabei gehe es ihm in keiner Weise darum, die erschreckenden Ereignisse in ihrer Bedeutung herunterzuspielen, stellte der Bischof klar. „Verstörend und in meinen Augen auch verletzend sind viele Pauschalurteile, nicht zuletzt auch aus dem Mund kirchlicher Würdenträger, die über die Priester gefällt werden und die wir alle, ich als Bischof und Sie als meine direkten Mitarbeiter, ertragen müssen. Das tut weh“, betonte der Bischof. Er könne sich vorstellen, dass viele, die sich nichts zuschulden kommen ließen und treu ihren Dienst taten, sich auch verletzt und ungerecht behandelt fühlten. Überhaupt nicht mehr erwähnt werde, dass so viele Priester ihren Dienst gut getan haben und sich nach Herzenskräften bemüht haben, gute Seelsorger zu sein. „Vor diesem Hintergrund ist es mir heute auch ein Anliegen, Ihnen meinen Dank auszusprechen für Ihre Arbeit im Weinberg des Herrn seit vielen Jahren, und das unter nicht gerade glücklichen Bedingungen.“

Es gehe ihm nicht darum, die Ergebnisse der Missbrauchsstudie in Frage zu stellen, hob Bischof Jung hervor. Es komme aber seiner Meinung nach in der gegenwärtigen Diskussion völlig zu kurz, dass viele Umstände, die den Missbrauch in früheren Zeiten begünstigt haben, heute schon lange nicht mehr gegeben seien. So sei Kritik am Amtsträger und seiner Amtsführung heute an der Tagesordnung. Auch habe sich der Umgang mit dem Thema Sexualität grundlegend gewandelt, es könne unbefangen und offen darüber gesprochen werden. „Nicht zuletzt muss festgehalten werden, dass Missbrauch seit längerem als Straftat bewertet wird und deshalb zur Anzeige gebracht werden muss.“ Eine einfache Versetzung Beschuldigter an einen anderen Ort ohne vorherige forensisch-psychiatrische Begutachtung sei nicht mehr möglich, „sofern ein Einsatz in der Seelsorge überhaupt noch riskiert werden kann“. Die katholische Kirche zähle, anders als in der aktuellen Diskussion mehrfach suggeriert, zu denjenigen Institutionen, die sich am intensivsten bemühe, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Blick auf die Prävention von sexuellem Missbrauch von Kindern und Jugendlichen zu schulen und ihre Schutzkonzepte zu verbessern, erklärte der Bischof. 

Aufhorchen lassen habe ihn der Befund der Studie, wonach im mathematischen Mittel im Alter zwischen 40 und 42 Jahren und etwa 13 Jahre nach der Priesterweihe die Missbrauchsersttaten begangen wurden. Missbrauchstaten stehen so in einem Zusammenhang mit einer Phase fehlender geistlicher Orientierung, wahrscheinlich ausgelöst durch eine Lebenskrise, die sich nach dem abebben des ersten Schwungs einstellt. Bischof Jung regte an, für diese Lebensphase für die Geistlichen eine Unterbrechung zum Vertiefen der eigenen Berufung vorzusehen. Diese solle der Fortbildung und der geistlichen Vertiefung dienen, ähnlich dem Terziat in der Ausbildung im Jesuitenorden. „Ich habe die Personalabteilung gebeten, dieser Idee nachzugehen und ein entsprechendes Konzept zu erstellen. Deutlich scheint mir in jedem Fall, dass die Einschätzung, ein jeder sorge schon für sich und seine geistliche Reifung vielleicht etwas zu naiv ist.“ Begleitung sei nicht nur am Beginn des Wegs zum Priestertum notwendig, sondern immer wieder auch während der Jahre des priesterlichen Handelns.

Nichts abgewinnen kann Bischof Jung der Forderung, den Zölibat aufzuheben. Zum einen sei dieser eine Lebensform, die die Ganzhingabe an Christus und seine Kirche unterstreiche. Zudem enthebe die zölibatäre Lebensweise nicht der Auseinandersetzung mit der eigenen sexuellen Reife. Außerdem werde dieser Reifungsprozess jedem abverlangt und bleibe eine lebenslange Aufgabe. „Beunruhigen sollte es uns doch, dass 90 Prozent des sexuellen Kindesmissbrauchs gesamtgesellschaftlich betrachtet im Elternhaus geschieht.“ Bischof Jung betonte, es stehe für ihn außer Zweifel, dass das Zölibatsversprechen auch für Priester mit homosexueller Orientierung gelte. „Homo- wie heterosexuell veranlagte Priester sind gleichermaßen dazu aufgerufen, einen reifen und erlösten Umgang mit der eigenen Sexualität zu entwickeln.“ In nur wenigen Fällen führe eine verunglückte Integration der Sexualität in sexuellen Kindesmissbrauch. Es gebe aber andere Folgeerscheinungen, für die auch Kleriker anfällig seien: „Macht- und Karrierestreben, unbarmherzige Rechthaberei, mondäner Lebensstil, Fixierung auf finanzielle Fragen, innere Kündigung, fehlendes Selbstwertgefühl, Rückzug auf sich selbst, depressive Verstimmung, lähmende Müdigkeit – die Liste ließe sich fortsetzen.“

Im Blick auf die Pastoral der Zukunft regte Bischof Jung an, das Zusammenleben von Priestern zu fördern. Eine solche „Vita Communis“ mit gemeinsamen Gebetszeiten und Mahlzeiten, Zeit füreinander und gegenseitiger Beratung und Förderung helfe den Priestern, sich in größer werdenden Seelsorgeeinheiten nicht gänzlich aus den Augen zu verlieren. „Wer nur als Einzelkämpfer unterwegs ist, wird wahrscheinlich mit der Zeit vereinsamen und Gefahr laufen, die Freude an seinem Amt und seiner Berufung einzubüßen.“ Viele Priester hätten das Gefühl, dass alle ungeklärten Fragen auf ihrem Rücken ausgetragen würden und sie für vieles den Kopf hinhalten müssten, das die Bistumsleitung nicht gut regele. Zudem überforderten die Verwaltungsaufgaben und Gremien viele. Nach den Worten des Bischofs ist es für die Zukunft entscheidend, dass Priester das kontemplative Gebet pflegen und so eine persönliche Christusbeziehung entwickeln. Diese befähige zum Glaubenszeugnis und dem Einsatz für die Armen. Es sei wichtig, das Überkommene neu zu buchstabieren und sich zu fragen, was das für heute bedeute. „Wenn man nur mehr desselben macht, werden uns dieselben Probleme nur im vergrößerten Maßstab weiterbegleiten und den bestehenden Frust weiter nähren.“ Wie immer im Leben, gelte es auch bei der Pastoral der Zukunft, an einem Punkt zu beginnen, um sich langsam weiterzuentwickeln. „Lassen wir uns die Freude nicht nehmen!“

mh (POW)

(4118/1017; E-Mail voraus)

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