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Dokumentation

„Frucht bringen kann nur, wer im dreifaltigen Gott verwurzelt ist“

Predigt von Bischof Dr. Franz Jung beim Pontifikalgottesdienst zum 50. Jubiläum von Diözesanrat und Pfarrgemeinderäten im Bistum Würzburg am Freitag, 12. Oktober 2018, im Würzburger Neumünster

Der heilige Ignatius und der eigentliche Pastoralrat im Himmel: Rat, der zur Tat wird

In der zweiten Woche seiner großen, vierwöchigen Exerzitien lässt der heilige Ignatius den, der die geistlichen Übungen macht, betrachten, wie die heiligste Dreifaltigkeit im Himmel sich berät (EB 102). Die drei göttlichen Personen, sagt Ignatius, sind zu betrachten, wie sie das Elend der Menschen auf dem Erdenrund schauen und, von Mitleid ergriffen, beschließen, dass in der Kraft des Heiligen Geistes der Sohn Gottes Menschennatur annehmen soll.

Der dreifaltige Gott als Urbild der Räte

Der dreieine Gott wird uns so vorgestellt als das Urbild aller Räte. Urbild und Vorbild zugleich. Denn der himmlische Rat wird zur irdischen Tat. Es bleibt kein Gerede. Es bleibt nicht im Raum sentimentaler Empfindung. Nein. Der dreieine Gott lässt sich im Innersten anrühren von der Not. Die Wahrnehmung der Welt wird zum Auftrag, wird zur Mission. Er lässt sich dorthin senden, wo die Welt im Argen liegt. Er scheut sich nicht, sich dem Elend dieser Welt auszusetzen, auch auf die Gefahr hin, dabei unter die Räder zu kommen. Der Rat muss zur Tat werden. Nur so wird Beratung fruchtbar.

Das Gleichnis vom Weinstock und den Reben

Das führt uns zum Gleichnis vom Weinstock und den Reben. Frucht bringen kann nur der, sagt Jesus, der im dreifaltigen Gott verwurzelt ist. Der etwas von diesem ewigen Ratschluss des Vaters im Himmel, die Welt zu retten, verstanden hat. Und der sich dann die Mission Jesu Christi zu eigen macht. Und der in der Kraft des Heiligen Geistes seinerseits Rat hält. Ein Rat, der nach dem Vorbild Christi zur Tat wird. Ohne die Verwurzelung im göttlichen Geheimnis, ohne Maß nehmen an diesem göttlichen Rat, bleibt all unser Beraten leer und ihm fehlt dann die Kraft zur verwandelnden Tat. Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben.

Das Geheimnis der Reben – sie machen sich die himmlischen Beschlüsse zu eigen

Das hat unmittelbare Auswirkungen auf das Anforderungsprofil der Reben. Sie müssen ganz aus dem Geheimnis des dreifaltigen Gottes leben und IN ihm bleiben. Genau das wird uns in unserer Taufe geschenkt. Wir werden hineingetaucht in das göttliche Geheimnis. Die Augen unseres Herzens werden erleuchtet vom göttlichen Ratschluss, die Welt zu retten, wie Paulus im Epheserbrief sagt. Und wir erhalten damit eine Mission. Wir sind gesandt, mit Christus die Welt zum Heil zu führen. Die tiefe Sehnsucht nach der Erlösung der Welt wird uns eingestiftet.

Nicht Notnagel, sondern Überzeugungstäter

Es geht also nicht einfach darum, jemanden für die Mitarbeit in einem Rat zu gewinnen, so dass er nachher sagt: „Ja, ich hab mich halt nochmal breitschlagen lassen.“ Es geht auch nicht darum, jemanden zu überzeugen oder vielleicht am Ende gar nur zu überreden, sich als Kandidat aufstellen zu lassen. Nein. Wer mitwirkt im pastoralen Rat, muss Maß nehmen an dem himmlischen Pastoralrat und bereit sein, sich dessen Beschlüsse zu eigen zu machen. Nur das gibt Kraft und Ausdauer. Hierin zeigt sich die Würde der Getauften, die um ihre irdische Mission wissen.

Abschneiden, um mehr Frucht zu bringen

Wenn der Weinstock mehr und bessere Frucht bringen soll, muss er beschnitten werden. Ein schmerzhafter Vorgang. Die Winzer kennen das. Die Mengenbegrenzung zwingt dazu, auch Gutes und Liebgewonnenes, das man früher nie abgeschnitten hätte, nun einfach wegzuschneiden. Das tut weh. Aber nur so ist in der Begrenzung höhere Qualität zu erreichen.

Was aber muss im Blick auf die Räte-Arbeit abgeschnitten werden? Ich nenne fünf Dinge.

Abzuschneiden sind die aufreibenden Kompetenzkonflikte zwischen Haupt- und Ehrenamtlichen. Natürlich muss es Leitung und verlässliche Ordnung geben. Aber das Hauptamt dient dazu, die Ehrenamtlichen zu ihrer Sendung zu befähigen. Es geht um ein fruchtbringendes Zueinander und nicht um ein unfruchtbares Neben- oder gar Gegeneinander.

Abzuschneiden sind alle Bemühungen um Selbsterhalt, die zumeist nur den Status quo zementieren wollen. Hier gilt die alte Weisheit: Wer stehen bleibt, geht in Wahrheit rückwärts und fällt mit der Zeit hinter längst Erreichtes zurück. So etwas trägt keine Frucht. Nicht bewahren ist angesagt, sondern Bewährtes weiterzuentwickeln. Das heißt sicher auch, über die Grenzen der eigenen Gemeinde hinauszuschauen.

Abzuschneiden sind fruchtlose Verteilungskämpfe um die besten Gottesdienstzeiten, in welcher Gemeinde der Pfarrer wohnt, wer mehr Mittel hat. So etwas wirkt zerstörerisch und spaltet. Frucht bringt, mutig Schwerpunkte zu setzen. Zu fragen, was die Menschen außerhalb der Gemeinde bewegt. Seine Dienstleistung und sein Angebot so zu strukturieren, dass andere es erkennen und auch daran teilnehmen können.

Abzuschneiden sind deshalb die seit Jahren überkommenen Agenden der Pfarrgemeinderäte, die immer neu wiederholt werden, auch wenn es immer weniger Menschen anspricht. Hier hilft zuweilen, mutig eine kreative Pause einzulegen und sich nicht zu fragen, was haben wir immer schon gemacht, sondern zu fragen, was brauchen die Menschen hier in unserem Raum und wo sind die Punkte, an denen wir sie treffen können und welches sind die Formate, die hier neu entwickelt werden müssen, und welche Zeiten wären hilfreich, um andere zu erreichen.

Abzuschneiden sind die Vorstellungen von Universalversorgung und Allzuständigkeit. Wir überfordern uns. Die Vorstellung, wir müssten etwas für die Menschen machen, muss der Haltung weichen, dass Frucht nur das bringt, was wir mit den Menschen gemeinsam machen. Denn dann besteht die Chance, dass wir diese Menschen ernst nehmen in ihren auch geistlichen Anliegen und mit ihnen gemeinsam missionarisch Kirche auf- und weiterbauen.

Jünger sein und der Christus in der Kelter

Guter Rat ist teuer. Er kostet am Ende das Leben. So erging es zumindest Jesus selbst. Dem wahren Weinstock. Nicht umsonst hat man ihn gerade in den Weinregionen, in der Pfalz wie in Franken, immer wieder als den Kelter-Christus dargestellt. Die Trauben der Rebe müssen am Ende ausgepresst werden. Das heißt sicher nicht, dass man aus den Ehrenamtlichen alles herauspressen muss, was drin ist, um, wie gesagt, althergebrachte Strukturen und Programme zu bedienen.

Nein, es heißt umgekehrt, neue Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen es möglich wird, dass Menschen ihr Kostbarstes an Christus-Liebe und Nächstenliebe einbringen können – nicht aus Zwang, sondern aus freier Hingabe und aus Freude. Es sind Menschen, die wahrhaft zu Jüngern geworden sind. Die sich die Beschlüsse des ewigen Rates der Dreifaltigkeit im Himmel zu eigen gemacht haben. Und die Frucht bringen, die bleibt. Das wünsche ich uns und unseren Räten, heute am Tag des großen Jubiläums und in den kommenden Jahren. Amen.