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Dokumentation

„Wahre Großherzigkeit ist ein Gnadengeschenk“

Predigt von Bischof Dr. Franz Jung beim Pontifikalgottesdienst zum 30. Jubiläum der Bischofsweihe von Weihbischof em. Helmut Bauer am Sonntag, 14. Oktober 2018, im Würzburger Kiliansdom

Guter Meister, was muss ich tun, um das ewige Leben zu gewinnen?

Jugendliche Großherzigkeit spricht aus der Frage des jungen Mannes. Da geht einem das Herz auf. Da will einer mehr. Da will einer wirklich Großes. Da sehnt sich einer nach Gott und dem ewigen Leben. Als Direktor des Kilianeums hast Du das wahrscheinlich erlebt, lieber Helmut. Junge Menschen, die anders sind, weil sie nicht mit allem schon fertig sind. Sondern die mehr wollen, die die Sehnsucht in sich tragen, für Gott Großes zu tun. Großherzigkeit als der Grund aller Berufung ist ein Geschenk der Gnade. Jedem Regenten würde da heute das Herz aufgehen. Doch Jesus ist vorsichtig. So sehr er immer wieder anmahnt, dem Herrn sein Herz zu schenken, er traut dem Frieden nicht.

Was nennst du mich gut?

Jesus fragt zunächst zurück, mit welcher Berechtigung er als guter Meister bezeichnet wird. Einer nur ist gut, Gott. Und Jesus zählt die zehn Gebote auf als Mindestmaß dessen, was Gott vom Menschen verlangt, um seinem Leben einen Sinn zu geben. Zehn Gebote? Kein Problem! Hab ich doch alle schon befolgt, von Jugend an. Bravo! Sehr schön! Jetzt könnte und sollte die Geschichte auch schon fertig sein, zumindest wenn es nach dem jungen Mann geht. Prüfung bestanden. Testat: Gott wohlgefällig. Jetzt muss der gute Meister nur noch sein Lob und seine Anerkennung aussprechen und ihm sagen: Du bist nicht mehr fern vom Reich Gottes – aber nichts dergleichen passiert.

Großherzigkeit? Ausgeprägtes Sicherheitsbedürfnis!

Stattdessen hält Jesus noch einmal inne. Da glaubt einer doch tatsächlich, dass er mit dem, was er da vorzubringen hat, Gott auch schon „im Sack“ hat und alles klar ist. Ist das die Großherzigkeit, die Jesus anfangs mutmaßte? Nein, alles andere als das. Hier will einer nur auf Nummer sicher gehen. Hier will sich einer zur Ruhe setzen und Gott einen guten Mann sein lassen, weil er ja immer brav war und sich nichts hat zuschulden kommen lassen.

Zehn Gebote als Standard – jetzt aber wird wahres Gottvertrauen verlangt

Aber so einfach lässt Jesus nicht locker. Die zehn Gebote – naja, das ist die Mindestanforderung. Im Grunde Standard. Also das sollte im Grunde jeder draufhaben. Aber Jesus glaubt an die Großherzigkeit des jungen Mannes, die zunächst aufgeblitzt war. Deshalb liebt er ihn. Und deshalb hält er auch nicht zurück mit dem, was er nur denen sagen würde, die mehr wollen. Wenn Du wirklich mehr willst, wenn du das ewige Leben willst, dann darfst du dich nicht auf Irdisches verlassen. Sondern dann musst du auf den Ewigen bauen – jenseits der Sicherheiten dieser Welt. Verkauf, was du hast, und folge mir nach. Da ist es plötzlich, das Wort Gottes, schärfer als jedes zweischneidige Schwert, wie es eben in der Lesung aus dem Hebräerbrief hieß! Es legt die wahren Beweggründe des Herzens offen…

Herbe Enttäuschung und das ruhmlose Ende der theaterreifen Szene

Und Jesus und der Leser erleben ihr blaues Wunder. Denn plötzlich ist der großartige Spuk vorbei: nichts mehr mit guter Meister und der großen Geste. Alles wie weggeblasen. Das ist uns ja sattsam bekannt. Wenn sie uns nicht das sagen, was wir gerne hätten, dann wollen wir von den guten Meistern nichts mehr wissen, heißen sie auch Geistliche Begleiter, wohlmeinende Freunde, Ärzte, ja selbst Päpste oder wer auch immer. Eigentlich wollen wir nur die Bestätigung hören, dass wir gut sind, nicht dass die Meister gut sind. Sie müssen uns nur den Persilschein ausstellen und wehe, sie tun es nicht…

Das Theater platzt förmlich. Enttäuschung stellt sich ein über den guten Meister. Enttäuschung über den eigenen Plan, mal schnell im Vorbeigehen das ewige Leben mitzunehmen. Enttäuschung im längeren Nachdenken vielleicht auch über sich und die öffentliche Ohrfeige, die er hatte einstecken müssen. Dieser sang- und klanglose Abgang vor allen Leuten.

Noch einmal Großherzigkeit: der Gang durch das Nadelöhr als Herausspringen aus der Selbstliebe

Bestürzung macht sich breit. Wie? Das ist doch schon ein starkes Stück! War das jetzt nicht lieblos, so hart den jungen Mann ranzunehmen, ihn so zu brüskieren? Also so heiß wird doch nicht gegessen wie gekocht wird! Die Jünger sind entsetzt. Und sie bringen ins Wort, was auch der Leser insgeheim denkt. Ach du lieber Himmel, wer kann da noch gerettet werden? Wer kommt dann durch, wenn die Latte so hoch hängt?

Jesus sagt: Wahre Großherzigkeit ist ein Gnadengeschenk. Für Menschen unmöglich, für Gott ist alles möglich. Wer zu Gott will, muss durch das Nadelöhr und bei diesem Nadelöhr alles andere hinter sich lassen. Denn nur mit ungeteiltem Herzen gelangt man zu ihm. Entweder jetzt schon zu dieser Weltzeit. Oder aber am Ende des Lebens, wenn unweigerlich im Tod jeder alles aufgeben muss, um durch dieses Nadelöhr einzugehen.

Weg der Nachfolge und der Gang durch das Nadelöhr als Ruf in die Freiheit

Lieber Helmut, Du hast diesen Gang durchs Nadelöhr in Deinem Leben mehrfach angetreten. Zunächst Deine ausgeprägte Liebe zur Musik und Dein ursprünglicher Wunsch, Musik und Gesang zu studieren. Und dann der Mut, das alles beiseite zu lassen, um dem Herrn ganz nachzufolgen als Priester.

Dann die beglückende Zeit im Kilianeum und wieder der Ruf, alles hinter Dir zu lassen, um als Dompfarrer und Dekan Deinen Dienst zu tun.

Und vor 30 Jahren schließlich der Ruf, wiederum alles Liebgewonnene hinter Dir zu lassen, um jetzt als Weihbischof Gott und der Diözese zu dienen.

Die Abschiede sind Dir nie leicht gefallen. Du konntest aber sagen: „Ich hab mich für keine einzige dieser Aufgaben beworben.“ Es war immer neu der Ruf in die größere Freiheit und in die Großherzigkeit, dem Du gefolgt bist.

Das Hundertfache empfangen

Und das Wunderbare geschah. Denn alles, worauf Du zunächst verzichtet hattest, wurde Dir wieder geschenkt, um ein Vielfaches vermehrt. Deiner Liebe zur Musik konntest Du nachgehen als Bischofsvikar für Liturgie und Musik und Dein Bemühen um die Pflege der Kirchenmusik in unserem Bistum. Dein Verzicht auf die Dir anvertrauten Menschen wurde wettgemacht durch Dein Wirken als Weihbischof, dem das Hundertfache an Brüdern und Schwestern, Vätern und Müttern in zahllosen Firmungen und Begegnungen mit Menschen geschenkt wurde, die Deinen Wirkungskreis erweitert und Dich erfüllt haben. Die Großherzigkeit und das Aufgeben wurden entlohnt mit umso größerer, neuer, ungeahnter Fülle.

Wie schön, heute gemeinsam voller Dankbarkeit auf diese Zeit zurückschauen zu dürfen. Ja, für Menschen ist das unabsehbar und nicht möglich, aber für Gott ist alles möglich, wenn wir ihm uns und unser Leben nur ganz anvertrauen!

Auf den Weg des Friedens – Loslassen lernen

„Auf den Weg des Friedens“, in viam pacis, so lautet Dein Wahlspruch. Ich und wir alle hoffen, dass Du Deinen Frieden, um den wir jeden Morgen im Benedictus beten, finden konntest und auch jetzt im Rückblick gefunden hast. Denn Großherzigkeit und Loslassen werden Dir – wie schon erwähnt – auch am Ende noch einmal abverlangt. Wenn die Kräfte schwinden. Wenn wir merken, dass es nicht mehr so geht, wie wir gerne wollten, und wir loslassen müssen. Noch einmal das Nadelöhr, durch das zu gehen uns Menschen so schwer fällt und an dessen Ende doch immer der Gewinn umso größerer Freiheit steht.

Auf den Spuren des heiligen Burkard Einsiedler am Grab der Bistumspatrone

Gleich dem heiligen Burkard hast Du Dich nun fast als Einsiedler zurückgezogen. Und der Ort, an den der heilige Burkard die Bistumspatrone hat verbringen lassen, das Neumünster, ist nun Dein Ort geworden für das tägliche Gebet am Grab unserer Glaubensboten. Das Gebet darum, dass Gott seiner Kirche Menschen mit einem jungen, einem jugendlichen Herzen schenken möge, die ausziehen mit der Frage, wie man das ewige Leben gewinnen kann, und die bereit sind, den Preis dafür zu bezahlen.

Für dieses Gebet danken wir Dir. Voller Dankbarkeit und Staunen feiern wir heute mit Dir das Große, dass der Herr an und mit Dir getan hat. Und wir wünschen Dir für die kommenden Jahre den Frieden des Herrn auf Deinem Weg. Amen.