Würzburg (POW) Unter dem Motto „Achten statt ächten“ hat die Caritas eine bundesweite Kampagne für benachteiligte Jugendliche gestartet. Mit der Vorjahreskampagne „Mach Dich stark für starke Kinder“ gehört sie zu einer auf drei Jahre angelegten Befähigungsinitiative. „Wir wollen die Politik und die Bevölkerung auf die Situation und Anliegen benachteiligter junger Menschen aufmerksam machen“, sagte Caritasdirektor Martin Pfriem vom Würzburger Diözesancaritasverband.
Auch in Bayern gebe es zu viele junge Menschen, die durch ihre familiäre und soziale Situation und im Bildungssektor benachteiligt seien. „Doch es lassen sich Chancen schaffen zur Entfaltung ihrer Potenziale.“ Um Ausgrenzungen nachhaltig begegnen zu können, brauche es massiver politischer Anstrengungen in den Bereichen Bildung, Ausbildung und Arbeit. Außerdem müssten spezielle Projekte für diesen Personenkreis ausgebaut werden. Die Caritas wolle ihre Projekte für benachteiligte Jugendliche verstärken, brauche dazu aber mehr öffentliche Förderung, erläuterte Pfriem.
Etwa acht Prozent eines Jahrgangs haben in den vergangenen Jahren in Bayern keinen Hauptschulabschluss erreicht. 20 Prozent der Schulabgänger gelten nach Aussage der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft als nicht ausbildungsreif. Neben den offiziell über 3000 jungen Menschen, die zu Beginn des Ausbildungsjahres 2007/2008 ohne Ausbildungsstelle waren, befanden sich rund 20.000 Jugendliche in den wenig wirksamen Klassen „Jugendliche ohne Ausbildung“ (JoA-Klassen) der Berufsschulen und um die 15.000 in berufsvorbereitenden Maßnahmen der Bundesagentur für Arbeit. Über 33.000 junge Menschen unter 25 Jahren waren im Dezember 2007 arbeitslos. „In fünf Jahren darf kein Jugendlicher mehr ohne Abschluss eine Schule verlassen. Dazu bedarf es eines Konzepts, wie dies zu machen ist“, forderte der bayerische Landes-Caritasdirektor Prälat Karl-Heinz Zerrle. Die von Kultusminister Schneider initiierte Hauptschulinitiative gehe noch nicht weit genug. Daneben müsse unter anderem die Jugendsozialarbeit an Schulen flächendeckend ausgebaut werden.
Mit Bezug auf die aktuelle Debatte um das Jugendstrafrecht sagte Pfriem, das Motto „Achten statt ächten“ gelte auch für straffällig gewordene Jugendliche: „Nach christlichem Verständnis müssen wir kriminelle Taten verachten, aber nicht die Täter.“ Die Taten seien natürlich konsequent und schnell rechtlich zu ahnden. Mit dem Strafrecht allein aber könne aller Erfahrung nach den straffällig gewordenen jungen Menschen keine Zukunft eröffnet werden. Sie bräuchten Unterstützung durch therapeutisch geschultes Personal und eine jugendgerechte Unterbringung für eine nachhaltige Integration in die Gesellschaft. Die geltenden gesetzlichen Regelungen bedürften vor allem der ausreichenden finanziellen und personellen Ausstattung der ausführenden Behörden und Einrichtungen. Der in der Praxis gut funktionierenden Zusammenarbeit von Polizei, Jugendamt und Trägern der sozialen Arbeit würden dadurch häufig Grenzen gesetzt.
Die Verbände der freien Wohlfahrtspflege böten seit Jahren professionelle Hilfsangebote im Bereich der Straffälligenhilfe an und unterstützten dabei auch die zahlreichen Ehrenamtlichen. Der Großteil der dafür notwendigen Kosten werde aus Eigenmitteln von den Verbänden selbst getragen. Wirksame Maßnahmen zur Verringerung von Jugendkriminalität und zur Steigerung der Sicherheit der Bevölkerung sind nach Auffassung der Caritas und anderer Wohlfahrtsverbände der Ausbau präventiver Angebote und die Förderung von Projekten zur Haftvermeidung und Haftreduzierung für jugendliche Straftäter.
(0408/0114; E-Mail voraus)
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