Großostheim (POW) In drei Bistümern sind die Assisi Sisters of Mary Immaculate tätig. Insgesamt leben 30 Schwestern des indischen Ordens in Deutschland, drei von ihnen leben und arbeiten im Caritas‑Seniorenheim in Großostheim. In Eggolsheim (Erzdiözese Bamberg) befindet sich seit 1989 das deutsche Mutterhaus. Warum an Weihnachten auch deutsches Essen auf den Tisch kommt und wie sie die Adventszeit in Indien als Kind erlebt hat, erzählt Schwester Nirmala Francis, Hausoberin in Großostheim, im folgenden POW‑Interview.
POW: Wie bereiten Sie sich in der Adventszeit auf Weihnachten vor?
Schwester Nirmala Francis: Ab dem 1. Dezember beginnt die Adventszeit, die für uns Vorbereitungszeit auf die Ankunft von Jesus Christus ist. Wir verzichten in den 24 Tagen bis Weihnachten auf Fisch und Fleisch. Das dadurch gesparte Geld spenden wir den Armen und Kranken in Indien, indem wir es direkt an unser Provinzhaus im südindischen Ernakulam schicken. Wir starten jeden Tag mit einem Morgengebet und kommen auch abends wieder in unserer Wohngemeinschaft zum gemeinsamen Gebet zusammen. Das ist natürlich manchmal schwierig zu organisieren, weil wir verschiedene Schichten im Seniorenheim haben.
POW: Haben Sie in der Adventszeit einen gemeinsamen Brauch mit den Schwestern im Haupthaus in Eggolsheim?
Schwester Nirmala: Wir wichteln jeden Advent. Das heißt, wir schreiben unsere Namen auf einen Zettel, der dann von jemandem gezogen wird. Jede betet für diese gezogene Person und tut ihr heimlich Gutes. Erst am 24. Dezember, wenn wir in Eggolsheim wieder alle zusammenkommen, wird aufgelöst, wer wen gezogen hat, und wir schenken uns gegenseitig eine Kleinigkeit.
POW: Was schenken Sie sich untereinander?
Schwester Nirmala: Wir besuchen unsere Ordensschwestern im Haupthaus zwei Mal im Monat. Daher kennen wir uns untereinander sehr gut. Wir wissen, was den anderen gefällt, und können ein kleines Geschenk überreichen, worüber sich die Person wirklich freut. Gutscheine oder andere Kleinigkeiten werden oft geschenkt.
POW: Wie gestalten Sie den Heiligen Abend?
Schwester Nirmala: Am 24. Dezember fahren wir nach Eggolsheim, um gemeinsam mit unseren Ordensschwestern und der Pfarrgemeinde in der Pfarrei Sankt Martin die Christmette zu feiern. Im Anschluss an den Gottesdienst singen wir Schwestern in der Tradition unserer Kongregation die indische Version von „Stille Nacht“, also auf Malayalam, der Sprache unserer Heimat in Kerala. Erst wenn die Schwester Oberin das Christkind in unsere Krippe legt, ist richtig Weihnachten. Wir essen dann gemeinsam und überreichen uns danach gegenseitig die Wichtelgeschenke bei Plätzchen und Punsch. Die Schwestern der Filialen aus Erlangen, Mainz und wir aus Großostheim kommen an dem Abend zusammen. Die Gaustädter Schwestern und diejenigen aus Vierzehnheiligen kommen dann am 25. Dezember dazu, und dann feiern wir alle gemeinsam Weihnachten.
POW: Gibt es bei Ihrem Weihnachtsfest deutsche Gerichte?
Schwester Nirmala: Nicht nur. Wir wollen uns der deutschen Kultur anpassen, deshalb gibt es deutsches Essen. Außerdem bekommen wir manchmal am 25. Dezember Besuch von befreundeten Deutschen – da gehört es einfach zu unserem Verständnis von Gastfreundschaft, deutsche Gerichte anzubieten. Um unsere Tradition zu wahren, kochen wir aber auch immer indische Gerichte. Reis mit Fleisch und Gemüse etwa, was auf Malayalam „Biryani“ heißt, kochen wir für unser großes Festmahl.
POW: Wie haben Sie Weihnachten als Kind in Indien verbracht? Woran erinnern Sie sich gerne zurück?
Schwester Nirmala: In Indien gehören etwa zwei Prozent der Bevölkerung dem Christentum an. Besonders in meiner Heimat, im Bundesstaat Kerala, leben viele Christen. Meine Familie ist sehr gläubig. In der Adventszeit haben wir jeden Morgen und Abend gebetet und sind zudem jeden Tag in die Kirche gegangen. Am Heiligen Abend hat meine Mutter einen traditionellen indischen Kuchen gekauft. Wir sind dann durch die Straßen gelaufen und haben Weihnachtslieder gesungen. Anschließend wurde mit drei oder vier weiteren Familien gemeinsam gegessen und gefeiert, bis wir um 23.30 Uhr in die Christmette gegangen sind, die in Indien zwei Stunden dauert.
POW: Welche Grundsätze der Assisi Sisters passen zur Weihnachtsbotschaft? Wie handeln Sie?
Schwester Nirmala: Wir leben ja in der Tradition von Franziskus von Assisi. Er hat gesagt: „Jeden Tag soll Weihnachten sein“ und meinte damit, dass wir Menschen jeden Tag eine solche Freude am Leben haben und zeigen sollten, wie wir sie an Weihnachten in uns tragen. Die Menschen sollten jeden Tag Freude daran haben, sich gegenseitig zu beschenken und Gutes zu tun. Wir helfen den Bewohnern hier im Seniorenheim oft einfach, indem wir zuhören und uns etwa ihre Weihnachtsgeschichten anhören. Dazu sind wir berufen.
POW: Haben Sie Tipps für Ruhe und Besinnlichkeit in der Advents- und Weihnachtszeit?
Schwester Nirmala: Achtsam aufeinander sein, sich gegenseitig motivieren und helfen. Nicht jeder muss morgens und abends beten. Es reicht schon, Gutes zu tun, etwa indem wir uns Zeit nehmen, unseren Mitmenschen in Gesprächen zu begegnen.
Interview: Carolin Hasenauer (POW)
(5117/1361; E-Mail voraus)
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