Münnerstadt (POW) Nach sechs Jahren Bauzeit, drei davon mit Sperrung des Gebäudes, ist die Stadtpfarrkirche Münnerstadt wieder geöffnet. Bischof Dr. Franz Jung weihte den neuen Altar, berichtet das Würzburger katholische Sonntagsblatt.
Auf diesen Tag haben viele Münnerstädter seit Jahren gewartet: Ihre Stadtpfarrkirche Sankt Maria Magdalena im Herzen der Altstadt steht wieder offen. Durch die zahlreichen Kunstschätze unter anderem von Tilman Riemenschneider und Veit Stoß, die Kirchenfenster aus dem 15. Jahrhundert und weitere Besonderheiten hat das Gotteshaus eine herausgehobene Position im Bistum Würzburg. Es zählt zu den 24 Kirchen der höchsten Immobilienkategorie A.
Rund 500 Besucher und Mitwirkende verfolgten den zweieinhalbstündigen Weihegottesdienst. „Der Altar ist der Ort in unseren Kirchen, an dem wir den Sieg des Lebens über den Tod feiern“, sagte Bischof Jung in seiner Predigt. Durch die Weihe werde dieser Altar der profanen Nutzung entzogen. „Er wird ganz Gott übereignet.“ Die besondere Verehrung drücke sich in der Eucharistie durch den Altarkuss des Priesters und durch die Inzens (wörtlich übersetzt „Anzünden“) mit Weihrauch aus.
Der Ritus sieht vor, dass zunächst Reliquien in der Altarplatte eingemauert werden. Bischof Jung hatte unter anderem Reliquien der Bistumsheiligen Kilian und Burkard in einer goldenen Schatulle mitgebracht. Restaurator Stefan Lochner verschloss die Öffnung. Nach der Allerheiligenlitanei wurde der neue Altar mit Weihwasser besprengt und mit Chrisamöl gesalbt. Augustinerpater Markus Reis und Bischof Jung entzündeten schließlich an den vier Ecken und in der Mitte Feuer und Weihrauch. Nach der Reinigung der Natursteinplatte durch Liturgiereferent Dr. Stephan Steger wurde der Altar erstmals eingedeckt.
Während die Münnerstädter Stadtpfarrkirche in weiten Teilen unter Erhaltung alter Bausubstanz restauriert wurde, sind Altar, Ambo und ein Ort der Marienverehrung im Seitenschiff neu gestaltet. Das Konzept kam vom Künstlerehepaar Susanne und Bernhard Lutzenberger, das sich seit 30 Jahren auf die Gestaltung von Kirchen spezialisiert hat. Der schlicht gemauerte und einfach verputzte Altarsockel sowie der gesamte Ambo sind mit Messinggittern verkleidet, die aus tausenden Buchstaben bestehen: Dank moderner Technik wurden Texte aus dem Neuen Testament aus Messingplatten gelasert. Der Text am Ambo beginnt zum Beispiel mit dem Zitat „Im Anfang war das Wort...“ aus dem Johannesevangelium. Die Auswahl der Texte überließen die Künstler der Gemeinde.
„Der Marienort greift das Thema Licht und Transzendez auf“, beschreibt das Künstlerehepaar das Konzept für die zwei historischen Marienfiguren im Seitenschiff. Goldene Stäbe markieren die Marienwand, lassen aber auch den Blick auf den Raum dahinter offen. „Es entsteht ein Spiel von Transparenz und Transzendenz, von Aufsicht und Durchsicht, Materialität und Auflösung.“ Die beiden Marienfiguren stehen auf patinierten Messingkonsolen mit einpunzierten vergoldeten Texten des Ave Maria.
Nach dem Gottesdienst bekochten die Münnerstädter Pfadfinder die Besucher in der Alten Aula. Beim anschließenden Festakt dankten Pater Reis, Bischof Jung und weitere Redner unter anderem den zahlreichen Spendern für die Unterstützung.
Rund 320.000 Euro sind nach den Angaben von Reis bisher an privaten Spenden eingegangen. Menschen übernahmen Patenschaften für Glasfenster, banden Palmzweige, Inge Kirch stellte Kunstdrucke zur Verfügung, ein anderer Künstler schuf Ikonen. Tassen, Kerzen, Flohmärkte und Kuchenverkäufe an der Talkirche sorgten für Einnahmen. Die sind dringend notwendig: 4,3 Millionen Euro hat die Restaurierung samt Sicherung der Mauerwerke und Dachstühle gekostet. Zuschüsse gab es von Diözese, Bezirk, Landkreis und Stadt, vom Landesamt für Denkmalpflege, der Bayerischen Landesstiftung und der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Die Arbeiten sind noch nicht abgeschlossen: Im kommenden Jahr muss der Dachstuhl des südlichen Seitenschiffes gesichert werden. Das koste zusätzlich mehr als eine halbe Million Euro.
Dass sicher bald wieder viele Touristen in die Stadtpfarrkirche kommen werden, liegt an den Kunstschätzen, angefangen von der Rekonstruktion des ersten großen Altars von Tilman Riemenschneider über die weltweit einzigen Tafelbilder von Veit Stoß mit der Darstellung der Kilianslegende bis zu den beeindruckenden spätgotischen Glasmalereien aus dem frühen 15. Jahrhundert. Zudem finden sich eine Darstellung des Jüngsten Gerichts, mehrere Epitaphe und das großformatige Ölgemälde „Noli me tangere“ von Caspar Haas. Architektonisch verschmelzen in der Kirche verschiedene Baustile, von der Romanik bis zur Spätrenaissance. Der stadtbildprägende Turm stammt aus dem 13. Jahrhundert, das Kirchenschiff wurde in seiner heutigen Form unter Julius Echter von 1610 bis 1612 umgestaltet.
Begeistert von der reichen Ausstattung der Kirche ist auch Architekt Thomas Karsten vom Diözesanbauamt: „Es zerreißt einen förmlich, wenn man das Feuer der Kirchenfenster sieht.“ Großes Augenmerk sei auf die behutsame Reinigung der Grisaille- oder Graumalerei gelegt worden. „Diese ist in dieser Größe und Qualität einmalig im Bistum“, verweist Karsten auf eine Besonderheit der Münnerstädter Kirche. Malereien seien früher oft retuschiert und ergänzt worden. „Heute geht man dokumentarisch an solche Flächen ran“, begründet er die behutsame Reinigung. Mit jedem Anstrich verändere sich eine Oberfläche, die Wände in der Münnerstädter Stadtpfarrkirche dagegen wirken aus seiner Sicht viel „stofflicher“ als eine verspachtelte und weiß gestrichene Fläche.
raru (Würzburger katholisches Sonntagsblatt)
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