Hinweis

Ihre Browserversion wird leider nicht mehr unterstüzt. Dies kann dazu führen, dass Webseiten nicht mehr fehlerfrei dargestellt werden und stellt ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Wir empfehlen Ihnen, Ihren Browser zu aktualisieren oder einen der folgenden Browser zu verwenden:

Dokumentation

„An Weihnachten passiert das Undenkbare“

Predigt von Bischof Dr. Franz Jung in der Christmette am Donnerstag, 24. Dezember, im Würzburger Kiliansdom

„In jenen Tagen erließ Kaiser Augustus den Befehl, alle Bewohner des Reiches in Steuerlisten einzutragen“ – wie oft habe ich in den vergangenen Tagen an diesen feierlichen Beginn des Weihnachtsevangeliums denken müssen. Denn in keinem Jahr zuvor habe ich mich so oft in Listen eingetragen wie im Jahr 2020. Ich kann sie kaum alle aufzählen:

Listen beim Frisör, Listen, um nur eine Tasse Kaffee zu trinken, Listen vor allen Sitzungen in Würzburg, Berlin, Bonn und München, Listen beim Sport, Listen bei Besuchen im Krankenhaus und natürlich Listen für die Teilnahme an Gottesdiensten.

Frei nach dem Evangelisten Lukas müsste man ergänzen: „Dies geschah im Jahr 2020 zum ersten Mal. Damals war Angela Merkel Bundeskanzlerin und Markus Söder Ministerpräsident in Bayern…“

Keine Steuerlisten, sondern Steuerungslisten

Zugegeben, es waren keine Steuerlisten, in die ich mich da eintragen musste. Es waren eher Steuerungslisten, wenn man so sagen darf. Denn mit Hilfe dieser Listen soll es möglich sein, gegenzusteuern. Mit Hilfe der Listen will man wie bei der Tracing-App die Infektionswege nachverfolgen. Den unheilbringenden Weg des Coronavirus sollen sie aufdecken helfen. So dienen sie dazu, die Verbreitung des Virus zu überwachen und die Ansteckung einzudämmen. Denn man verspricht sich davon, die Infektionsketten durch Quarantänemaßnahmen gezielt zu unterbrechen und damit die Pandemie in den Griff zu bekommen.

An Weihnachten wird Christus wie alle Sterblichen in menschliche Listen eingetragen

Lukas sagt, an Weihnachten passierte das Undenkbare. Jesus wurde mit seinen Eltern in menschlichen Listen eingetragen. Der unfassbare Gott muss es dulden, auch auf Listen geführt zu werden wie die Sterblichen zu allen Zeiten, auch jetzt in den Coronazeiten.

Umgekehrt gilt: Mit der Menschwerdung Jesu hat auch der Mensch einen Listenplatz bei Gott

Aber gerade so ereignet sich der wunderbare Tausch, wie die Alten sagten. Denn umgekehrt gilt, dass mit der Menschwerdung Gottes der Mensch auch einen Listenplatz bei Gott bekommt. Gott hat den Menschen nicht abgeschrieben. Er hat ihn eingeschrieben in sein Buch des Lebens. Selig, wer dies glauben kann, dass Gott einer von uns geworden ist, um uns in Elend und Unsicherheit nicht alleine zu lassen, gerade jetzt in einer Zeit, in der wir die weltweite Bedrohung von Leben spüren wie nie zuvor. Selig, wer glauben kann, dass Gott seinen Namen ins Buch des Lebens geschrieben hat.

An Weihnachten geht es um die „Pan-Demie“ der Freude, die dem „ganzen Volk“ zuteilwerden soll

Das ist der Grund der weihnachtlichen Freude. Wie sagt der Engel zu den Hirten: „Siehe, ich verkünde euch eine Freude, die dem ganzen Volk zuteilwerden soll“. Das „ganze Volk“ heißt auf Griechisch übrigens „pan demos“, wovon der Begriff der „Pandemie“ abgeleitet ist. Es geht an Weihnachten also um die Pandemie der Freude und der Hoffnung, weil Gott als der Immanuel der „Gott mit uns“ ist und weil er uns nicht allein lässt in unserer Not.

Auch hier geht es darum, die Spur nachzuverfolgen, allerdings die Spur des Lebens und nicht die des Todes

Das Buch des Lebens funktioniert im Grunde genau wie eine Tracing-App, wenn man so sagen darf. Denn wer mit Jesus im Buch des Lebens gelistet ist, der soll diesem Jesus auf der Spur bleiben und seine Spuren nachzuverfolgen suchen. Mit einem großen und bedeutsamen Unterschied: Es geht nämlich nicht um die Spur des Todes, sondern um die Spur des Lebens.

Mit Jesus in Kontakt zu sein, heißt, mit dem Leben infiziert zu werden

Denn wer mit Jesus Kontakt hat, der wird mit dem Leben infiziert und mit Lebensfreude angesteckt. Jesus ist es, der die Kranken heilt, der die Stummen redend macht, der den Blinden die Augen öffnet, der die Dämonen austreibt, der den Sündern vergibt, der die Menschen zur Umkehr einlädt, der die Stürme stillt und der die Toten zum Leben erweckt. Wer mit ihm in Berührung kommt, der kommt mit dem Leben selbst in Berührung.

Die Liste in dem Buch des Lebens will nicht eindämmen, sondern umgekehrt ausbreiten

Insofern will die Liste in dem Buch des Lebens nicht eindämmen wie unsere Coronalisten, sondern ausbreiten. Wer diesem Jesus auf der Spur bleibt und seine Spur nachverfolgt, der sorgt wie er dafür, dass alle, die ihm begegnen, ebenfalls mit dem Leben infiziert und den Fängen des Todes entrissen werden.

Genau darum geht es in diesen bewegenden Tagen. Mit Jesus den Verlorenen nachzugehen. Mit Jesus gegen die Verzweiflung das Wort vom Leben zu setzen. Mit Jesus den Kontakt zu den Menschen zu suchen, die abgeschnitten sind und so sehr auf ein Lebenszeichen warten. Mit Jesus den Menschen die Augen für das viele Gute und Aufopferungsvolle zu öffnen, das derzeit geschieht und für das wir unendlich dankbar sein dürfen. Mit Jesus die frohe Botschaft von der Annahme unserer Verletzlichkeit durch Gott zu verkünden, die uns in unserer Würde bestätigt. Mit Jesus in der dunkelsten Nacht des Jahres ein Licht der Hoffnung zu entzünden, indem wir füreinander Sorge tragen.

Die Freude, dass unsere Namen im Himmel verzeichnet sind, als Grund für Wunder

Wer Jesus auf der Spur bleibt und mit ihm das Leben ausbreitet, dem wird nichts schaden können. Er sagt selbst so eindrücklich zu den Jüngern (Lk 10,19-20):

Siehe, ich habe euch die Vollmacht gegeben, auf Schlangen und Skorpione zu treten und über die ganze Macht des Feindes. Nichts wird euch schaden können. Doch freut euch nicht darüber, dass euch die Geister gehorchen, sondern freut euch darüber, dass eure Namen im Himmel verzeichnet sind!

Die Freude darüber, dass an Weihnachten Gott unsere Namen im Himmel verzeichnet hat, ist unsere Kraft und unsere Stärke. Wer davon erfüllt ist, kann auch unverzagt anderen helfen und wird selbst innerlich stark. Nicht umsonst hat eine Studie neulich gezeigt: Menschen, die in Coronazeiten anderen selbstlos helfen, sind widerstandsfähiger gegen das Virus als andere, die sich ängstlich nur um sich selbst sorgen. Nächstenliebe im Namen des Herrn bietet den besten Schutz!

Wer steht eigentlich auf Deiner Liste?

So bleibt an diesem Weihnachtsfest eigentlich nur noch eine Frage offen. Die Frage geht an jeden einzelnen von uns. Sie lautet: Wer steht eigentlich auf Deiner Liste? Wen hast Du im Blick? Wen hat der Herr Dir anvertraut? Wen willst Du nicht abschreiben, sondern ihn einschreiben in Dein persönliches Buch des Lebens? Es wäre schön, wenn kein „Bewohner des Reiches“ vergessen würde und hinten herunterfiele. Denn „die Gnade Gottes ist erschienen, um alle Menschen zu retten“. Amen.

Es gilt das gesprochene Wort!