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Anschauliche neue Erkenntnisse

Dr. Johannes Sander veröffentlicht umfangreiches Buch über die Baugeschichte des Doms – Hybrider Vortrag im Burkardushaus

Würzburg (POW) Nicht wie bislang angenommen 148 Jahre, sondern vermutlich maximal 20 Jahre dauerte es, bis der Kiliansdom nach der Grundsteinlegung 1040 errichtet war. So lautet eine zentrale Erkenntnis, die Privatdozent Dr. Johannes Sander bei seinen Studien zur Baugeschichte des Würzburger Doms gewonnen hat. Viel Quellenstudium hat er dafür investiert. Herausgekommen ist dabei ein über 800 Seiten starkes Buch über die Baugeschichte des Doms im Mittelalter. Auf Einladung der Domschule Würzburg hat er am Montagabend, 11. Oktober, sein Opus Magnum bei einem Vortrag im Würzburger Burkardushaus vorgestellt, an dem insgesamt rund 160 Personen im Kardinal-Döpfner-Saal sowie virtuell im Internet teilnahmen.

Von einem Forschungsprojekt, das im Ergebnis fast so monumental ist wie der Untersuchungsgegenstand Dom, sprach Dr. Rainer Dvorak, Leiter der Domschule. Bistum Würzburg, das Domkapitel und die Professur für Fränkische Kirchengeschichte seien daran beteiligt gewesen. „Ein solches Drittmittelprojekt wäre angesichts der finanziellen Situation des Bistums heute wohl kaum von Erfolg gekrönt", konstatierte Professor Dr. Wolfgang Weiß, Inhaber der Professur für Fränkische Kirchengeschichte an der Universität Würzburg. Er würdigte die Fülle verschiedener Quellen (Schrift- und Bildquellen, archäologische Quellen sowie aktueller Baubefund), die Sander zwischen 2014 und 2017 herangezogen und in historisch-kritischer Weise ausgewertet habe. Als Ergebnis habe er in methodisch überzeugender Weise die „wahrscheinliche Entwicklungsgeschichte“ dargelegt. Weiß dankte allen, die bei der Umsetzung des Forschungsprojekts beteiligt waren, für die Unterstützung.

Als ein Ergebnis neben dem Buch sei ein sechsminütiger Film entstanden, der in Zusammenarbeit mit „Architectura virtualis Darmstadt“ den mittelalterlichen Dom am Computer wieder habe entstehen lassen. Weiß dankte der Unterfränkischen Kulturstiftung, dem Würzburger Diözesangeschichtsverein und der Abteilung Kunst des Bistums für die Finanzierung. Dr. Jürgen Emmert und Dr. Wolfgang Schneider sowie Professor Dr. Enno Bünz hätten sich hierbei zudem als fachliche Berater beteiligt. „Ich hoffe, dass dieses Fragment noch um einen zweiten Teil ergänzt werden kann, in dem dann die spätromanischen Ergänzungen, eine Einwölbung unter Echter sowie ein Überblick über die Umgestaltungen in Barock und nach 1945 gegeben werden kann“, sagte Weiß.

Von einer „sehr bewegten Geschichte“ der Würzburger Kathedrale sprach Sander in seinem Vortrag. Der heutige Kiliansdom sei ursprünglich als kreuzförmige Basilika errichtet worden. Türme habe dieser zunächst nur auf der Westseite, also links und rechts des Hauptportals, gehabt. Eine zweite Etage für die Glocken sei erst später hinzugekommen. Ebenfalls sei der Neigungswinkel des Daches relativ flach gewesen, erst im 12. Jahrhundert seien die Dächer höher und somit steiler gestaltet worden, erklärte Sander. Weiter betonte er, dass die Einwölbung des Mittelschiffs zwar in der Amtszeit von Fürstbischof Julius Echter geschehen sei, dieser aber aus seinen Mitteln nichts dazu gegeben habe, sondern allein das Domkapitel die Finanzierung gestemmt habe.

Als „eine Zeit der gewaltigen Veränderung“ bezeichnete Sander das 18. Jahrhundert. Damals sei der romanische Dom innen komplett mit Stuck ausgestaltet worden und das Bodenniveau von Vierung und Chor abgesenkt worden. Die neuromanische Fassade an der Westseite sei erst im späten 19. Jahrhundert so gestaltet worden. Ebenfalls im 19. Jahrhundert habe es aber Stimmen gegeben, die den Stuck komplett aus dem Dom entfernen und diesem so wieder die ursprüngliche Anmutung hatten geben wollen. Als „Gipfel des beabsichtigten Vandalismus“ bezeichnete der Referent die Planung, die von Balthasar Neumann geschaffene Schönbornkapelle abzureißen. Nur dank der Intervention von Ministerialbeamten aus München sei das verhindert worden.

Traditionell werde davon gesprochen, dass die Altarweihe im Jahr 1188 den Bau des Doms markiert habe. Anhand des Befunds vom Mauerwerk gehe er davon aus, dass Chor und Tonnengewölbe schon von Anfang an da waren. „In Größe und Konstruktion vergleichbare Gotteshäuser waren innerhalb von maximal 20 Jahren errichtet, das sollte daher auch in Würzburg gelungen sein“, argumentierte Sander. Er gehe davon aus, dass eher ein anderes Ereignis wie zum Beispiel die Übertragung der Kiliansreliquien Grund und Anlass für die Altarweihe 1188 gewesen sei.

Dompropst Weihbischof Ulrich Boom hob zum Abschluss der Veranstaltung hervor, der Dom sei als „Domus Domini“ ein Zeugnis des Glaubens und ein Bild des Vertrauens und der Geborgenheit, die Gott den Menschen schenken will. „Ich wünsche den Leserinnen und Lesern und allen, die die Bilder und den Film sehen, dass sie im Vertrauen und Glauben gestärkt werden. Gott schenkt uns wie in einem großen Haus mit den vielen Wohnungen Geborgenheit und Frieden, jetzt und auf Zukunft hin.“

Johannes Sander: „Die Baugeschichte des Würzburger Domes im Mittelalter.“ (Quellen und Forschungen zur Geschichte des Bistums und Hochstifts Würzburg, Sonderveröffentlichung). Echter-Verlag, Würzburg 2021. 808 Seiten, 69 Euro, ISBN 978-3-429-05672-8.

mh (POW)

(4121/0997; E-Mail voraus)

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