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„Anstrengende, aber segensreiche Erfahrung“

Informationsnachmittag „Letzter Ausweg Kirchenasyl“ – Expertin vom Katholischen Büro Bayern gibt Tipps für die Praxis – Pfarrerin Müller-Schnurr: „Es ist immer ein Sprung ins kalte Wasser“

Würzburg (POW) Wann ist ein Kirchenasyl gerechtfertigt? Welches Risiko gehen jene ein, die Kirchenasyl gewähren? Beim Informationsnachmittag „Letzter Ausweg Kirchenasyl“ am Donnerstag, 19. Oktober, im Würzburger Burkardushaus diskutierten mehr als 20 Pfarrer, Ordensvertreter und pastorale Mitarbeiter über Chancen und Risiken des Kirchenasyls. „Das Kirchenasyl befindet sich in einer juristischen Grauzone“, sagte Rechtsanwältin Bettina Nickel, stellvertretende Leiterin des Katholischen Büros Bayern und Mitglied der Härtefallkommission beim Bayerischen Innenministerium. Sie gab den Teilnehmern konkrete Tipps, worauf bei der Gewährung von Kirchenasyl zu achten ist. Pfarrerin Jutta Müller-Schnurr, Ansprechpartnerin für den Ökumenischen Arbeitskreis Asyl in Würzburg, berichtete von ihren eigenen Erfahrungen mit Asylsuchenden: „Meine Erfahrung ist, dass es sich immer gut entwickelt hat. Es war jedes Mal für beide Seiten eine anstrengende, aber segensreiche Erfahrung.“

Kirchenasyl sei keine Erfindung der Neuzeit, sagte Nickel. „Die Idee des religiösen Asyls reicht bis in die Frühzeit zurück.“ Schon im alten Israel hätten Menschen im Tempel Schutz vor Blutrache gefunden. Auch heute erkenne der Staat die Tradition des Kirchenasyls an. Doch man müsse dieser Tradition treu bleiben, erklärte die Expertin. „Die Unterkunft sollte einen Bezug zu einem Sakralraum haben. Es sollte ein Pfarrhaus, Pfarrheim, ein Wallfahrtsort sein. Es sollte zumindest eine kleine Kapelle geben.“ Wichtig seien auch grundlegende Dinge wie sanitäre Anlagen, eine Kochgelegenheit oder zumindest eine an die jeweilige Religion angepasste Verpflegung. Nickel erzählte von einem Fall, bei dem der Asylsuchende nachts herausgeschmuggelt werden musste, um duschen zu können. „Klöster sind hier im Vorteil“, war ihre Erfahrung.

Wichtig seien zudem Betreuungspersonen. „Die Menschen brauchen Ansprache und Kontakt zur Außenwelt, etwa einen Internetanschluss.“ Nickel riet dazu, Familien nicht zu trennen, sondern gemeinsam ins Kirchenasyl zu nehmen. Einige Teilnehmer befürchteten, dass die Kinder dann nicht mehr zur Schule gehen dürften. „Kinder dürfen nicht verhaftet werden. Sie können weiterhin zur Schule und in den Kindergarten“, antwortete Nickel. Sorgen bereitete etlichen Teilnehmern der Fall der Haßfurter Pfarrerin Doris Otminghaus, gegen die zeitweise wegen „Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt“ ermittelt wurde. Wer Kirchenasyl gewähre, müsse das sofort beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und bei der zuständigen Ausländerbehörde anzeigen, machte Nickel deutlich. Ansonsten bestehe die Gefahr, dass die Asylsuchenden durch die Polizei als flüchtig angezeigt werden. „Wenn das Kirchenasyl gemeldet ist, dann ist das kein illegaler Aufenthalt“, erläuterte sie den juristischen Hintergrund. „Die Betroffenen sind greifbar, wir entziehen sie nicht dem Staat.“

Nur schwer beantworten ließ sich die Frage, wann ein Kirchenasyl gerechtfertigt ist. „Wir haben nur eine begrenzte Zahl von Kirchenasyl-Plätzen. Wir werden nicht allen Menschen helfen können“, sagte Nickel. Man müsse jeweils den Einzelfall anschauen. Als Beispiele für „eindeutige Fälle, in denen wir versuchen müssen, zu helfen“, nannte sie alleinerziehende Mütter, von Zwangsprostitution bedrohte Frauen oder auch junge Menschen, die mit ihrer Familie geflüchtet, aber nun volljährig geworden seien. Auch „besondere Integrationsleistungen“ sollten ihrer Ansicht nach berücksichtigt werden. „Wenn jemand eine Lehrstelle angeboten bekommt, dann hat auch der Staat ein Interesse daran, dass diese Person hier bleibt.“ Zugleich solle man nach Alternativen suchen. So könne beispielsweise jemand, der bereits eine Lehrstelle habe, eine sogenannte Ausbildungsduldung bekommen. „Kirchenasyl ist immer ein goldener Käfig“, gab sie zu bedenken. „Es reißt einen Menschen aus dem normalen Leben heraus.“

Auch Müller-Schnurr riet dazu, das Thema Kirchenasyl objektiv zu durchdenken. „Man sollte sich gut überlegen, ob man die nötigen Ressourcen, die Infrastruktur und die Manpower hat.“ Sie selbst habe 2012 erstmals Kirchenasyl gewährt, damals noch als Hochschulseelsorgerin in Bamberg. „Wir hatten nacheinander vier Personen im Pfarrhaus – aus Äthiopien, Syrien, dem Irak und wieder Äthiopien.“ Die Entscheidung sei nie leicht gewesen, gab sie zu. „Es ist immer ein Sprung ins kalte Wasser.“ Doch alle Kirchenasyle, die sie bislang begleitet habe, seien erfolgreich gewesen. Und jeder der Asylsuchenden habe „einen gewaltigen Sprung in Sachen Integration“ gemacht.

„Wir haben ein Gespür dafür bekommen, wie wichtig die aufenthalts- und asylrechtlichen Hintergründe sind und auf was alles bei der Durchführung des Kirchenasyls zu achten ist“, sagte Moderator Robert Hübner, Diözesanbeauftragter für Asylseelsorge. Er dankte allen, die bereits Kirchenasyl gewähren, und hoffte, dass diese Veranstaltung auch anderen Mut gemacht habe, sich dieser anspruchsvollen Aufgabe zu stellen. Sie wurde in Kooperation mit dem Fortbildungsinstitut der Diözese Würzburg organisiert.

Weitere Informationen zum Thema Kirchenasyl gibt es bei Robert Hübner, Diözesanbeauftragter für Asylseelsorge, Telefon 0931/38665450, E-Mail robert.huebner@bistum-wuerzburg.de, Internet www.asylseelsorge.bistum-wuerzburg.de, oder beim Katholischen Büro Bayern, Dachauer Straße 50, 80335 München, Telefon 089/5525290, E-Mail info-kbb@kb-bayern.de, Internet www.kb-bayern.de.

sti (POW)

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