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Auf dem Main zu Maria: „Der Himmel spielt mit!“

Über 500 Pilger aus ganz Bayern mit der „Franconia“ auf Schiffswallfahrt zur „Maria im Grünen Tal“ – Weiteste Pilgerin kommt aus Wien – „Es ist wunderbar“

Würzburg/Retzbach (POW) „Freut euch, wir sind Gottes Volk, erwählt durch seine Gnade“, hallt es aus über 500 Kehlen auf den beiden Decks der „Franconia“. Auf den kleinen Außendecks flattern rot-weiße Wimpel. Kinder strecken die Nase in den Fahrtwind und lassen die grünen Pilgerschals flattern, Erwachsene genießen mit geschlossenen Augen die warme Sonne. Kurz nach 12 Uhr legt das Schiff in Würzburg am Alten Kranen ab, nun geht die Fahrt vorbei an blühenden Wiesen und imposanten Weinbergen. Rund zwei Stunden, dann soll die Anlegestelle in Retzbach erreicht werden. Von dort führt ein kurzer Fußweg zur Wallfahrtskirche „Maria im Grünen Tal“, das Ziel der Wallfahrt der bayerischen Bistümer am Samstag, 17. Mai.

„Der Himmel spielt mit, die Sonne spielt mit“, freut sich Domvikar Paul Weismantel. „Herzlich willkommen!“, begrüßt er die Wallfahrer. Sie kommen unter anderem aus Kitzingen und Ochsenfurt, aus den (Erz-)Bistümern Augsburg und Bamberg, Passau, Regensburg, München-Freising und vielen weiteren Orten in Bayern. Inmitten des fröhlichen Stimmengewirrs sticht eine Gruppe heraus. Anstelle von Worten benutzen die Frauen und Männer Gesten. „Wir pilgern jedes Jahr“, erzählt Pastoralreferentin Claudia Walter von der Hörgeschädigten- und Schwerhörigenseelsorge der Diözese Würzburg. „Letztes Jahr waren wir auf dem Bogenberg.“ Auf der „Franconia“ sind neben den Würzburgern auch zehn Teilnehmer aus München-Erding dabei. „Wir freuen uns, dass wir uns über die Bistumsgrenzen hinweg treffen.“

Bratenduft zieht durch die beiden Decks. Unermüdlich schleppt das Servicepersonal des Schiffs volle Teller durch die engen Gänge zwischen den Tischen. Josef Schubert und seine Frau aus Großenseebach bei Erlangen, das zum Erzbistum Bamberg gehört, haben bereits gegessen und sehen zufrieden aus dem Fenster auf die vorbeiziehende Landschaft. „Wir nehmen jedes Jahr an den Diözesanwallfahrten teil“, erzählt er. Die Schiffswallfahrt gefällt beiden gut. „Man kann hier singen, beten und essen, das Wetter passt auch. Und Retzbach kenne ich noch gar nicht.“

„Es ist einfach schön, wenn aus so vielen Teilen Bayerns Gläubige zusammenkommen“, findet Monika Heide aus Puchheim bei Fürstenfeldbruck (Erzbistum München-Freising). Sie ist mit ihrem Mann Peter und Tochter Antonia, viereinhalb Jahre alt, auf der „Franconia“. „Antonia bekommt von klein auf mit, dass man nicht alleine ist, dass es viele gibt, die glauben“, erklärt sie. Sie seien auch schon auf dem Jakobsweg gegangen. „Aber so ist das ein ganz anderer Charakter. Kirche ist ja auch eine große Familie. Es knirscht mal, aber eigentlich gehören alle zusammen.“ Und auf dem Schiff lernt man sich besonders schnell kennen. „Ich habe gar niemanden gekannt“, sagt etwa Maria Wenninger aus Essenbach bei Landshut. Sie ist kurzentschlossen auf den Pilgerbus aus dem Bistum Regensburg aufgesprungen. Nun sitzt sie mit Rosa Popp aus Straubing und vielen weiteren Pilgern an einem Tisch, plaudert und bewundert die Aussicht: „Es gefällt mir sehr gut.“

Auf einem großen Bildschirm erscheint das Gesicht von Domvikar Weismantel. Er stimmt ein Mariengebet an. Blitzschnell werden Messer und Gabeln beiseite gelegt. „Jungfrau, Muttergottes mein lass mich ganz dein eigen sein“, tönt es inbrünstig aus vielen hundert Kehlen. Mitten unterm Singen drosselt das Schiff auf einmal die Geschwindigkeit. „Singen wir noch einmal, und dann machen wir Pause“, sagt Weismantel. „Dann können Sie alle sehen, was in der Schleuse passiert, erzählen, schauen – oder vielleicht ein kleines Nickerchen machen“, schiebt er scherzhaft hinterher. Alle lachen.

Die „Franconia“ hat die Schleuse bei Erlabrunn erreicht. Doch das Schiff muss erst warten, bis die „Stadt Würzburg“ und ein Frachtschiff die Schleuse in der Gegenrichtung passiert haben. Auf dem vorderen Außendeck stehen die Wallfahrer dicht gedrängt und beobachten, wie sich der Frachter in Zeitlupe herausschiebt. Eltern heben ihre Kinder auf die Rückenlehnen der Bänke, damit sie besser sehen können, Handys werden für Erinnerungsfotos in die Höhe gehalten. Schwester Berchmana und Schwester Luitgard von den Augsburger Vinzentinerinnen bleiben lieber drinnen. „Es ist wunderbar“, sagt Schwester Berchmana. „Die Gegend ist wunderbar, das Wetter ist wunderbar, und solche Weinberge gibt es bei uns ja nicht. Das wird sicher noch ein sehr schöner Tag.“ Endlich darf das Schiff in die Schleuse und sinkt langsam ab. Bald verdecken die Mauern der Schleuse den Blick ins Grüne.

Den weitesten Weg von allen Wallfahrern hat wohl Maria Theresia Guggenberger aus Österreichs Hauptstadt Wien hinter sich. Und den abenteuerlichsten: Kurz vor Mitternacht ist sie in den Zug gestiegen, kurz nach 17 Uhr wird ihr Zug – „leider“ – zurückgehen. „Um Mitternacht bin ich wieder in Wien“, sagt sie und lacht über die erstaunten Gesichter der anderen Wallfahrer. Sie habe drei Jahre in München gearbeitet, erzählt sie: „Damals wurde ich damit bekannt, wie wichtig Maria für Bayern ist.“ Jedes Jahr fahre sie nach Altötting und verbinde das mit der Wallfahrt. Von der Wallfahrt zur „Maria im Grünen Tal“ habe sie im Internet erfahren: „Das ist etwas Einmaliges. Und ich wollte eine Marienwallfahrt aufsuchen, die ich noch nicht kenne.“

Die Schleuse ist passiert, die „Franconia“ fährt weiter – an Retzbach vorbei. Dann drosselt das Schiff erneut die Geschwindigkeit, dreht sich langsam um die eigene Achse und fährt auf die Anlegestelle in Retzbach zu. Das Wendemanöver habe mit der Wassertiefe zu tun, erklärt der Kapitän über Lautsprecher. Um 15.15 Uhr legt die „Franconia“ schließlich in Retzbach an. „Gerade noch rechtzeitig“, stellt ein Mann fest. Beim Aussteigen strecken sich den Wallfahrern viele helfende Hände entgegen, denn der Boden ist sehr steinig und uneben. „Es war sehr schön“, sagt Martha Dorsch aus Ochsenfurt. Sie sei „direkt von der Arbeit aufs Schiff“ gegangen. „Es war alles super. Ich bin nur überrascht, dass die Fahrt so lange gedauert hat.“ Mit schnellen Schritten macht sie sich auf den Weg zur Wallfahrtskirche. An jeder Wegbiegung stehen Helfer, weisen den Weg und reichen Becher mit frischem, kühlem Wasser. Nach einer knappen Viertelstunde Fußweg ist die Wallfahrtskirche „Maria im Grünen Tal“ erreicht. Rund 5000 Pilger haben bereits ihre Plätze rund um die Kirche gefunden. Und schon sind auch die Wallfahrer von der „Franconia“ in der Menge verschwunden.

Kerstin Schmeiser-Weiß (POW)

(2114/0494; E-Mail voraus)

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