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Dokumentation

„Auf dem ökumenischen Weg entschieden weitergehen“

Grußwort von Bischof Dr. Franz Jung bei der fünften Tagung der 12. Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) am Sonntag, 11. November 2018, in Würzburg

Sehr geehrte Präses der Synode, liebe Frau Dr. Schwaetzer!
Sehr geehrter, lieber Vorsitzender des Rates der EKD!
Verehrte Synodale!
Sehr geehrte Damen und Herren!

Es ist mir eine Freude und Ehre, zu Beginn der diesjährigen Synodentagung der Evangelischen Kirche in Deutschland als Vertreter der Deutschen Bischofskonferenz ein Grußwort zu sprechen. Ich darf Ihnen die Grüße und Segenswünsche meiner Mitbrüder in der Bischofskonferenz übermitteln und Ihnen auch in deren Namen einen guten Verlauf der Synode wünschen. Gern setze ich dieses Zeichen unserer Verbundenheit im Jahr eins nach dem Reformationsjahr 2017, das uns in der Ökumene einander näher gebracht und auf vielen Ebenen zu einer neuen Aufbruchsstimmung geführt hat. Das Christusfest, das wir miteinander gefeiert haben, hat viele in der Hoffnung bestärkt, dass der ökumenische Weg mit Gottes Hilfe zum Ziel führt.

Verehrte Synodale! Das Schwerpunktthema Ihrer Beratungen wird in den nächsten Tagen der Glaube junger Menschen sein. Diesem Thema war auch die vor zwei Wochen zu Ende gegangene römische Bischofssynode gewidmet. Unter der Überschrift „Die Jugendlichen, der Glaube und die Berufungsunterscheidung“ haben sich mehr als 260 Bischöfe, 23 externe Fachleute und knapp 50 Gasthörer, so genannte Auditores, mit Fragen befasst, die die Jugend und ihre Begleitung betreffen. Die Mehrheit der Auditores war im Alter zwischen 18 und 29 Jahren. Der Prozess des Hörens auf die Stimme der Jugend hatte schon mit dem Vorbereitungsprozess zur Synode begonnen, bei dem sich in einer weltweiten Onlineumfrage Jugendliche und junge Erwachsene unabhängig von der Konfessions- oder Religionszugehörigkeit äußern konnten. Ergänzt wurde dies durch eine Vorsynode im März dieses Jahres in Rom, an der neben den 300 Delegierten aus aller Welt etwa 15.000 junge Menschen über Social Media teilnahmen. Es ist gut, dass auf diese Weise schon im Vorfeld der Bischofssynode ein gegenseitiges Hinhören auch strukturell ermöglicht wurde.

Ich freue mich sehr, dass bei der Bischofssynode neben vielen anderen wichtigen Fragestellungen auch über die stärkere Beteiligung von Laien und insbesondere von Frauen in der Leitung der Kirche intensiv diskutiert wurde. Es genügt nicht, die Würde der Frau immer wieder zu betonen und in Texten in Erinnerung zu rufen. Hier sind auf allen Ebenen konkrete Schritte nötig, damit es für Frauen mehr als bislang möglich wird, an entscheidenden Stellen Verantwortung zu übernehmen und die katholische Kirche mitzugestalten. Ein wichtiges Thema der Synode war auch die Sorge für die Benachteiligten, angesichts struktureller Ungleichheit und vielfacher Verletzung der Menschenwürde. Junge Menschen sind an dieser Stelle oft sehr sensibel, und es ist ihr besonderes Recht, diejenigen, die sich im Leben eingerichtet haben und vielleicht nicht mehr so schnell zu berühren sind, aufzurütteln und Abhilfe zu fordern.

In einem bemerkenswerten Wortbeitrag hat Julia Braband als Vertreterin der Jugend des Lutherischen Weltbundes bei der Bischofssynode eindringlich darauf hingewiesen, dass die Jugend nicht die Zukunft der Kirche ist, sondern schon ihre Gegenwart. „Jugend will nicht erst in Zukunft die Kirche gestalten, sondern jetzt, um sich in der Kirche der Zukunft geborgen und heimisch zu fühlen“ – so sagte sie. Dieses Votum sollten wir uns zu Herzen nehmen. Ohne die Jugend von heute gibt es keine Kirche von morgen. Umso mehr ist es die Aufgabe der heute Verantwortlichen, Kinder und Jugendliche auf ihrem Weg zu begleiten, damit sie frei und selbstbestimmt dem Ruf folgen, den Gott an jede und jeden von ihnen richtet. Umso schmerzlicher ist es aber auch, wenn Geistliche das Vertrauen der ihnen anvertrauten Kinder und Jugendlichen missbrauchen und ihnen Wunden zufügen, die sie für ihr ganzes Leben in sich tragen.

Das Ausmaß von Missbrauch im innersten Bereich der katholischen Kirche und die Tatsache, dass dies über lange Jahre in hohem Maße bagatellisiert und vertuscht wurde, ist schockierend. Ich habe bereits an anderer Stelle meine Betroffenheit und Scham hierüber zum Ausdruck gebracht und möchte es an dieser Stelle wiederholen. Die katholische Kirche und zuerst wir Bischöfe müssen uns dieser Realität stellen und alles in unserer Macht Stehende tun, damit den Betroffenen Gerechtigkeit widerfährt und alles geschieht, um in Zukunft Machtmissbrauch gegenüber Schutzbefohlenen zu verhindern. In Demut und Wahrhaftigkeit muss die katholische Kirche und müssen in erster Linie diejenigen, die in ihr Verantwortung tragen, sich dieser Aufgabe stellen. Das Unrecht der Vergangenheit können wir nicht ungeschehen machen. Aber wir müssen es aufarbeiten. Der synodale Weg, den Papst Franziskus stärken möchte und der auch bei der diesjährigen Bischofssynode weiterentwickelt wurde, kann uns dabei helfen, Machtstrukturen und Klerikalismus aufzubrechen und mehr Transparenz zu schaffen.

Liebe Schwestern und Brüder! Unser gemeinsamer christlicher Auftrag ist es, Gottes Gnade und Menschenfreundlichkeit, die in Jesus Christus offenbar wurde, in der Welt zu bezeugen und zu leben. All unser Bemühen um die Einheit der Christen steht im Dienst der Glaubwürdigkeit, mit der wir diesen Auftrag erfüllen. Beides sind zwei Seiten einer Medaille. Christus selbst hat seinen Jüngern am Abend vor seinem Leiden diese Mahnung mit auf den Weg gegeben, wenn er zum Vater betet: „Alle sollen eins sein …, damit die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast“ (Joh 17,21). Wenn wir glaubwürdige Zeugen Jesu Christi sein wollen, dürfen wir in unserem ökumenischen Bemühen nicht nachlassen. Ich hoffe und ich wünsche mir, dass wir, angespornt durch die guten Erfahrungen des letzten Jahres, auf dem ökumenischen Weg entschieden weitergehen. Die durch das sakramentale Band der Taufe begründete Gemeinschaft, die wir in besonders dichter Weise im gemeinsamen Gebet erfahren, muss uns Ansporn sein, noch bestehende, kirchentrennende Hindernisse zu überwinden, indem wir den theologischen Dialog vorantreiben, die praktische Zusammenarbeit stärken, uns gemeinsam in den Dienst der Menschen stellen und uns für den Schutz der bedrohten Schöpfung engagieren.

Ihnen allen wünsche ich für die kommenden Tage der EKD-Synode fruchtbare Beratungen und gute Entscheidungen für eine gesegnete Zukunft der Evangelischen Kirche in Deutschland und aller Christen in diesem Land.