Liebe Schwestern und Brüder!
Mit der Diözese Würzburg bin ich seit meiner Studienzeit von 1970 bis 1974 eng verbunden. Auch deshalb, liebe Gläubige der Diözese Würzburg, führe ich heute gern durch die Bischofsweihe Euren neuen Bischof ein. Freut Euch auf ihn! Er heißt nicht nur Jung, er ist auch jung und dynamisch, voller Hoffnung, wie sein Wappenspruch sagt, und voller Energie. Er bleibt auch immer jung, zumindest dem Namen nach! Nehmt ihn offen auf und arbeitet gut mit ihm zusammen zur Ehre Gottes sowie zum Wohl und Heil der Menschen!
Mit Euch allen danke ich dem Heiligen Vater, Papst Franziskus, dass er so schnell – nach nur fünf Monaten – unsere Bitten und Wünsche erhört und Franz Jung zum Bischof von Würzburg bestellt hat.
Lasst uns alle zusammen unserem Herrn Jesus Christus danken, der seine Kirche führt und leitet. Er ordnet die Dienste der Kirche und beruft die Bischöfe. Er hat Franz Jung zum Bischof von Würzburg berufen und gibt ihm jetzt die nötigen geistlichen Vollmachten durch die heilige Weihe.
Lieber Mitbruder Franz!
Wem der bischöfliche Dienst in der Kirche aufgetragen wird, der wird begnadet und gesendet, der einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche zu dienen, wie wir im Glaubensbekenntnis sprechen. Die Bischofsweihe hebt nicht ab vom Volk Gottes, sondern verbindet den Geweihten intensiver mit der Kirche Jesu Christi, besonders mit der eigenen Diözese.
In der Kirche sind alle Glieder gleich an Würde, aber verschieden im Dienst und in den Ämtern. Alle sollen im Bistum mitleben und mitwirken, jeder an seinem Platz und mit seinem Charisma: die Priester und Diakone, die pastoralen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Ordenschristen, die Familien, die Vereine, die Gremien, die Ehrenamtlichen. Die Bischöfe sollen inspirieren, moderieren und integrieren, damit alle zusammen Kirche bilden. Dabei sind alle Gebende und Nehmende, auch wir Bischöfe. Für alle in der Kirche gilt, wie es in einem „Tagesgebet“ im Messbuch heißt: „Gott. Du hast uns verschiedene Gaben geschenkt. Keinem gabst du alles – und keinem nichts … Hilf uns, dass wir … einander dienen mit dem, was du einem jeden zum Nutzen aller gibst.“
Den Bischöfen werden vor allem vier Beinamen gegeben, die vier Aufgaben bezeichnen: Nachfolger der Apostel, Verkünder und Lehrer des Evangeliums, Hirten mit dem obersten Hirten (1 Petr 2,25) und Hohepriestern mit dem Hohenpriester Jesus Christus.
Für die Nachfolger der Apostel gilt heute, was für die Zwölf damals galt: „Er rief die zu sich, die er selbst wollte …, damit sie mit ihm seien und damit er sie aussende“ (Mk 3,13-14).
Mit Jesus Christus sein ist Geschenk und Aufgabe! Dafür sind die Eucharistiefeier und das Stundengebet, die Schriftlesung und das tägliche Gespräch mit Jesus Christus „wie mit einem Freund“, wie Ignatius von Loyola rät, unabdingbar.
Mit Jesus Christus sein, ist die Voraussetzung für das Gesendet werden. Der Bischof soll die Kirche, die in und aus den Bistümern besteht (LG 23), leiten und mitleiten.
Das ist derzeit in unseren Diözesen Deutschlands eine große Aufgabe. Wir haben gute Priester, Diakone, pastorale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Ordenschristen und viele Ehrenamtliche – Gott sei Dank und Dank ihnen. Aber – um der Zukunft willen – müssen wir auch Umstrukturierungen vornehmen und spüren den Mangel an Berufungen für die geistlichen und kirchlichen Dienste.
Aber all das werden wir schaffen! Wichtig dafür ist vor allem, dass – wie Romano Guardini schrieb –, die Kirche in den Seelen der Gläubigen erwacht. So wird sich die Kirche verändern und dabei lebendiger, attraktiver und aktiver werden; so wird es auch wieder mehr Berufungen für die geistlichen und kirchlichen Dienste geben.
Die Bischöfe sind Verkünder und Lehrer des Evangeliums. Die Leitung, die immer und in allem eine geistliche sein soll, besteht zuerst in der Verkündigung der Frohen Botschaft vom gütigen Schöpfer und Vatergott, der die Menschen liebt und allen die Fülle des Lebens geben will. In Jesus Christus, unserem Herrn, Bruder und Freund hat er uns sein Gesicht gezeigt. Die Kirche soll das Reich Gottes ansagen und ausbreiten, der „Gerechtigkeit, des Friedens und der Freude im Heiligen Geist“ (vgl. Röm 14,17) für alle Welt und alle Zeit. Diese Botschaft beinhaltet, dass alle Menschen die gleiche Würde und die gleichen Rechte haben und fordert das auch für alle ein. Antisemitismus, populistische, respektlose, menschenverachtende Reden etwa sind mit der Botschaft Jesu unvereinbar, ebensowenig Egoismus auf Kosten der anderen und des Gemeinwohls sowie Nationalismen, die nur die eigene Nation sehen. Papst Benedikt XVI. hat das, was Kirche ist und sein soll, so zusammengefasst: „Die Kirche ist dafür da, dass in der Welt Raum werde für Gott, dass er in ihr wohnen könne und so die Welt sein Reich werde.“
Diese Kirche wird dann von selbst missionarisch und diakonisch. Das muss sie in allen Getauften sein! Missionieren oder demissionieren, caritativ nützlich oder unnütz! Dazu wollen wir auch die Ökumene und die Einheit der Christen fördern.
Damit wir Bischöfe so Verkünder und Lehrer des Evangeliums sind, wird uns das Evangeliar bei der Weihpräfation über den Kopf gehalten und auf die Schulter gelegt. Es ist unser Schatz, unser Schutz und unser Auftrag.
Die Bischöfe sollen gute Hirten sein. Als Kind und Jugendlicher bin ich immer gern bei den Hirten in unserem Dorf gewesen. Mir gefielen die Schafe und die Lämmchen und auch die Hunde. Aber am meisten imponierten mir die Hirten selbst. Sie strahlten so viel Ruhe und Aufmerksamkeit, Selbstgewissheit und Vertrauen aus. Sie taten äußerlich fast nichts, aber gerade so leiteten sie die Herde. Sie kannten jedes Schaf, obwohl es hunderte waren. Sie schauten auf jedes Tier und hörten auch aufmerksam auf jede Stimme in der Herde. Wir Bischöfe brauchen diese Haltung der Schäfer in der Kirche und in der Gesellschaft heute mehr denn je. Vieles und viele sind so hektisch und aufgeregt. Entschleunigung und Geduld, Schweigen und Stille, Hören, Schauen und Vertrauen sind angesagt. So kann die Kirche, das wandernde Volk Gottes, in den Anfechtungen dieser Zeit, gestärkt durch den Heiligen Geist, seinen Pilgerweg zum Himmelreich gehen (Augustinus von Hippo) und dabei nützlich sein für die Menschen und die Welt.
In der Weihepräfation wird vor allem der Hohepriesterliche Dienst des Bischofs unterstrichen. Es ist der Dienst an der Heiligung des Volkes Gottes, der unsere eigene Heiligkeit voraussetzt. Die Heiligung des Volkes Gottes ist Ziel unseres Lehrens und Leitens. Wir sollen dem Herrn ein heiliges Volk bereiten, durch die Feier der Sakramente und durch das Gebet. Der Bischof soll der erste Liturge und Beter im Bistum sein, damit das Volk Gottes ein heiliges wird. Der Epheserbrief verkündet uns den Wunsch Christi: „So will er die Kirche herrlich vor sich hinstellen, ohne Flecken oder Falten oder andere Fehler; heilig soll sie sein und makellos“ (Eph 5,27).
Heilig und Heiligkeit sind Worte, die viele nicht mehr verstehen und für antiquiert halten. Aber Heiligkeit, die auch den Kampf gegen die Sünde voraussetzt, ist für die Kirche heute so wichtig, wie eh und je. Wir können nur missionarische und auch caritative Kirche sein, wenn wir heilige Kirche sind.
Was Sünde oder die Wurzel aller Sünden ist, wurde eben in der ersten Lesung dargelegt. Die Sünde Adams und Evas, der Stammeltern, besteht darin, dass sie den Blick von Gott, der Weite und Offenheit, Vertrauen, Hoffnung und Liebe schenkt, abwenden und sich in sich hinein verkrümmen.
Der heilige Augustinus hat die eigentliche Sünde als „cor incorvatum in seipsum – Herz, das in sich selbst verkrümmt ist“ bezeichnet. Ein solches Herz verursacht all das, was heute in Kirche und Gesellschaft Leiden und Skandale verursacht: die Habgier, die Sucht nach Geld und Gewinn, die Ausbeutung der Natur, die Herzenshärte, die Sündenbockmentalität – immer sind die anderen an allem schuld –, den Streit und die Feindseligkeit und Mobbing, die Unduldsamkeit und den Missbrauch. Diese Enge und Kleinkariertheit, die Sünde und das Versagen machen viele in der Kirche traurig und verbissen. Die letzte Enzyklika von Papst Franziskus über die Heiligkeit trägt nicht von ungefähr den Titel „Gaudete et exsultate“ – Freut Euch und jubelt“. Denn aus der Heiligkeit oder dem Bemühen um Heiligkeit entsteht Freude und Jubel.
Die Heiligkeit und der Dienst an der Heiligkeit der Kirche muss bei uns Bischöfen und allen Hauptamtlichen wieder mehr in den Vordergrund rücken.
Lieber Mitbruder Franz!
Der Dienst an der einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche, vor allem im Bistum Würzburg, wird Dir aufgetragen. Die Kirche ist Haus Gottes, wie das Evangelium heute sagt. In ihm gibt es verschiedene Räume und Wohnungen. Kirche ist vielfältig im Leben und Dienst, aber unter einem Dach. Der Heilige Geist verbindet alle. Er will keine Spaltung, aber er kann auch Spannungen, Missverständnisse sowie Streit überwinden, die immer wieder einmal auftreten.
Auf die Kraft des Heiligen Geistes darfst Du vertrauen! Er wird auch Dir helfen, im Haus der Kirche von Würzburg und auch der Weltkirche ein guter Bischof zu sein.
Erfülle den Willen Gottes, der für Dich nun darin besteht, in Würzburg Bischof zu sein. Dafür darfst Du Dich auch aufreiben und manchmal wie von Sinnen sein oder dafür gehalten werden. Denn dadurch und dabei wirst Du Jesus Christus auch ganz persönlich als Bruder, Schwester und Mutter an Deiner Seite spüren und wissen, wie das Evangelium heute verheißt.
In der Enzyklika „Populorum progressio“ hat der selige Papst Paul VI. einmal eine Formulierung gebraucht, die mich immer neu anspricht und die ich Dir auch mitgeben möchte. Er spricht von Entwicklung in der Kirche und schreibt: sie benötigt „weise Menschen mit tiefen Gedanken, die nach einem neuen Humanismus Ausschau halten, der den Menschen von heute sich selbst finden lässt, im Ja zu den hohen Werten der Liebe, der Freundschaft, der Betrachtung“. Diese Entwicklung sollen wir Bischöfe leben und fördern, diese sind wir der Kirche und der Welt schuldig.
Dazu darf ich Dich jetzt als Nachfolger der Apostel zu einem Nachfolger der Apostel, Verkünder und Lehrer des Evangeliums, guten Hirten und Hohenpriester der Heiligkeit für Sein Volk weihen. Amen.