Würzburg (POW) Der Karfreitag konfrontiere jeden mit den eigenen Gewalterfahrungen. Er erinnere zugleich daran, wie leicht jeder selbst zum Täter werde durch unbedachtes Sprechen und das Abqualifizieren anderer Menschen. „Nicht zuletzt erinnert uns der Karfreitag daran, dass man zum Mittäter wird, wenn man gegen Gewalt nicht aufsteht und Unrecht nicht als solches benennt.“ Das hat Bischof Dr. Franz Jung bei der Feier der Liturgie vom Leiden und Sterben Christi am Karfreitag, 7. April, im Würzburger Kiliansdom betont. Die Feier zur Todesstunde Jesu wurde live auf TV Mainfranken und im Internet übertragen.
Im ganzen Bistum Würzburg gedachten die Gläubigen des Leidens und Sterbens Jesu Christi. Die traditionelle Karfreitagsprozession in Lohr am Main konnte nach coronabedingter Pause erstmals wieder stattfinden und zog mehrere tausend Menschen an. Der Karfreitag zählt mit dem Gründonnerstag und dem Karsamstag zu den gesetzlich geschützten „stillen Tagen“, für die Katholiken ist er gebotener Fasten- und Abstinenztag. Die über 3000 Glocken im Bistum Würzburg sind seit Gründonnerstagabend verstummt und werden erst in der Nacht zum Ostersonntag wieder erklingen.
Bei den sogenannten Großen Fürbitten des Karfreitags beteten die Gläubigen für die heilige Kirche, für den Papst, für alle Stände der Kirche, für die Taufbewerber, für die Einheit der Christen, für die Juden, für alle Menschen, die nicht an Christus glauben, für alle Menschen, die nicht an Gott glauben, für die Regierenden und für alle Not leidenden Menschen. Zudem wurde eine zusätzliche Fürbitte eingefügt für alle Menschen in der Ukraine und in allen Kriegsgebieten der Erde, für alle, die vor der Gewalt geflohen sind, wie auch für alle, die mit ihrem Leben für die Abwehr des Feindes und den Schutz der Schwachen und Verfolgten einstehen. Bei der Kreuzverehrung wurde das Kreuz enthüllt, den Gläubigen gezeigt und in stillem Gebet verehrt. Die Würzburger Domsingknaben unter der Leitung von Domkapellmeister Alexander Rüth sangen die „Johannespassion” von Alois Maria Müller, „O crux ave“ von Rihards Dubra, „Eli, Eli!“ von Georgius Bardos und „Popule meus“ von Tomás Luis de Victoria.
In seiner Predigt griff Bischof Jung das Thema der Angst auf, das auch an Karfreitag in verschiedenen Nuancen sichtbar werde. Die Angst, verleugnet zu werden, sich auseinanderzuleben, einander fremd zu werden, begleite Menschen ein ganzes Leben lang. Der Satz „Ich kenne diesen Menschen nicht“, den Petrus im Palast des Hohepriesters spricht, stehe für die tiefgreifende Entfremdung zweier Menschen. „Die äußerliche Distanzierung von Jesus offenbart, wie sehr Petrus sich innerlich schon von ihm entfernt hatte.“ Mit Jesus könne jeder an Karfreitag den Schmerz ermessen, was es bedeute, einander zu verlieren. In seiner Passion wolle Jesus den Verlorenen Begleiter sein, unterstrich Bischof Jung.
Pilatus habe Angst, sich der Wahrheit zu stellen. Obwohl er mehrfach betont, keine Schuld an Jesus zu finden, beuge er sich dem öffentlichen Druck und fälle schließlich das geforderte Todesurteil. „Wie Pilatus geht es manchmal auch uns. Wir trauen uns nicht, für die erkannte Wahrheit einzutreten, oder geben vor, die Wahrheit nicht zu kennen.“ Dadurch aber gewinnen nach den Worten des Bischofs diejenigen die Oberhand, die rücksichtslos ihre bösen Ziele verfolgen.
Zudem werde am Karfreitag die Angst vor Gewalt deutlich. Die Passionsgeschichte mache deutlich: „Je mehr Jesus alle Möglichkeiten genommen werden, sich zu verteidigen, desto mehr steigern sich die Übergriffe gegen seine Person.“ Sukzessive steigere sich die Dosis der Gewalt, der Jesus ausgesetzt sei. Die Angst vor Gewalt ist nach den Worten des Bischofs alltäglich geworden. Im Krieg gebe es Gewalt an wehrlosen Opfern, in der Öffentlichkeit Gewalt gegen Obdachlose und Geflüchtete. Kinder, Frauen und alte Menschen erlebten häusliche Gewalt. „Auch der Raum der Kirche war nicht immer der Schutzraum vor sexualisierter Gewalt, wie wir angenommen und es uns gewünscht hätten“, sagte Bischof Jung. Auch im virtuellen Raum der sozialen Netzwerke würden Einzelpersonen und Gruppen Opfer von Diffamierung und Bloßstellung. „All diese Formen psychischer Gewalt bereiten den Weg für tätliche Übergriffe“, kritisierte der Bischof.
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Am Abend zuvor hatte Bischof Jung die „Drei österlichen Tage vom Leiden und Sterben, von der Grabesruhe und der Auferstehung des Herrn“ mit der Feier vom Letzten Abendmahl im Kiliansdom eröffnet (siehe eigener Bericht).
Höhepunkt der Feier der drei österlichen Tage und des gesamten Kirchenjahrs ist die Osternacht. Bischof Jung feiert sie am Samstag, 8. April, um 21.30 Uhr im Dom. Die Osterkerze wird am Osterfeuer im Innenhof des Domkreuzgangs entzündet. Danach singt ein Diakon das sogenannte Exsultet, das Lob auf die Osterkerze. Bei den Lesungen wird an die Heilstaten Gottes seit Erschaffung der Welt erinnert. Im Zentrum der alttestamentlichen Texte steht der Durchzug durch das Rote Meer. Beim Gloria erklingen wieder die Glocken, und Orgelmusik setzt ein. Die neutestamentliche Lesung aus dem Römerbrief weist auf das neue Leben der Getauften durch die Auferstehung Jesu hin. Im Evangelium mit dem Halleluja-Ruf wird die Botschaft vom leeren Grab verkündet – in diesem Jahr, wie sie der Evangelist Matthäus berichtet. Tauf- und Eucharistiefeier sind weitere Teile dieser Nachtfeier, der „Mutter aller Vigilien“.
Bischof Jung feiert das Pontifikalamt am Ostersonntag, 9. April, um 10 Uhr im Kiliansdom. Es wird begleitet vom Würzburger Domchor sowie dem Philharmonischen Orchester Würzburg und Domorganist Schmidt unter der Leitung von Domkapellmeister Rüth mit der „Messe in C“ von Josef Gabriel Rheinberger sowie dem „Hallelujah“ (aus Messiah) von Georg Friedrich Händel. Solisten sind Anke Hajkova-Endres (Sopran), Nina Schumertl (Alt), Oliver Kringel (Tenor) und Sven Fürst (Bass). Zur Pontifikalvesper mit Bischof Jung um 17 Uhr singt die Schola Cantorum unter der Leitung von Domkapellmeister Rüth. Beim Gottesdienst am Ostermontag, 10. April, um 10 Uhr im Kiliansdom singt „Vox anima“ die Choralmesse I „Lux et origo“ sowie ein Choralproprium. Zelebrant ist Domdekan Dr. Jürgen Vorndran. Alle Gottesdienste in der Osternacht, am Ostersonntag und -montag werden live auf TV Mainfranken sowie auf der Homepage des Bistums übertragen. Am Ostermontag wird der Gottesdienst zudem im Programm von Bibel TV ausgestrahlt.
An Ostern feiern die Christen das Hochfest der Auferstehung Jesu Christi. Es ist das höchste Fest der Christenheit. Seine Wurzeln liegen im jüdischen Passah-(Pessach-)Fest. Ostern wird am Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond gefeiert. In der frühchristlichen Zeit war die Osternacht die große Taufnacht der Kirche. In der katholischen Kirche segnet der Priester in der Osternacht das Taufwasser für das Jahr. Die Gläubigen nehmen das Wasser mit nach Hause, es soll sie und ihre Häuser vor Unheil schützen. Weiter werden vielerorts Speisen wie Ostergebäcke, Schinken und Eier gesegnet. Mit dem Osterfest beginnt die 50-tägige Osterzeit, die am Pfingstfest endet.
mh (POW)
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