Aldein/Maria Weißenstein (POW) Aus der Ferne ist das Läuten der Kuhglocken zu hören. Noch ein paar Meter, dann ist es geschafft. Auf den Wiesen stehen kleine und große, braune und schwarze Kühe. Sie überqueren den Gehweg, bleiben darauf stehen und begrüßen die Pilgerinnen und Pilger mit lautem Muhen. Die 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Familienwallfahrt aus dem Bistum Würzburg sind am Donnerstag, 12. Juni, unter einem strahlend blauen Himmel zu einer Wanderung auf die Schönrastalm in Aldein auf knapp 1700 Metern Höhe aufgebrochen. Auf drei verschiedenen Routen mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden starteten Jung und Alt in Richtung Alm. Das Wallfahrtsteam gestaltete Stationen mit Impulsen. Passend zum Motto des Heiligen Jahres wurde das Thema der Hoffnung aufgegriffen, das sich durch die gesamte Wallfahrt zieht.
Auf dem Wanderweg vom Kloster Maria Weißenstein geht es direkt steil hinauf. Nach einer kurzen Etappe wird auf einer kleinen Lichtung Halt für die erste Station gemacht. Simon Marx, Ehe- und Familienseelsorger in der Region Würzburg/Kitzingen und Teil des Wallfahrtsteams, hält den ersten Impuls zur Frage: „Was sind für mich Quellen der Hoffnung?“ Die Pilgerinnen und Pilger stehen im Kreis und teilen ihre Gedanken. „Das frische Grün an den Nadelbäumen gibt mir die Hoffnung, dass es noch weiter geht mit unserer Natur“, sagt eine Teilnehmerin. Jemand anderes sagt: „Wenn man den Berg hochgeht. Es geht zwar bergauf, aber am Ende wird man oben mit dem Ausblick belohnt.“ Ein Kind ergänzt: „Die Gemeinschaft.“ Im Anschluss stellt Marx die Frage, was Hoffnungsbremsen im Alltag sein können. Ein Teilnehmer sagt: „Die Steine auf dem Weg bremsen einen aus.“ Bevor es weitergeht, gibt es Zeit, auf dem Weg nach Hoffnungszeichen und Hoffnungsbremsen zu suchen. Als Abschlussruf singt die Gruppe: „Der Himmel geht über allen auf. Auf alle über, über allen auf.“
Weitere Bilder
Der Weg wird schmaler. Nach einem längeren Abschnitt kommt die Gruppe an eine große Weggabelung. Wegweiser zeigen die Richtung zur Alm an: Die Hälfte ist schon geschafft. Die Gruppe macht eine Pause, erfrischt sich mit Wasser und schöpft mit kurzen Animationsspielen neue Energie. Dann brechen alle zur letzten Etappe auf. Die Kinder sammeln fleißig Hoffnungssymbole: Bunte Blumen werden gepflückt, kleine Kunstwerke aus Holz und Moos gebaut und große Steine gesammelt. Auch die Erwachsenen suchen nach Dingen am Wegesrand. Auf den blumenübersäten Wiesen werden sie schnell fündig. Bei der abschließenden Station zeigen einige ihre Symbole und erzählen, warum sie sie gesammelt haben. Die Steine stehen für die Hoffnungsbremsen im Alltag. Ein Kind hat ein vierblättriges Kleeblatt gefunden, das Glück bringen soll. Erneut singt die Gruppe: „Der Himmel geht über allen auf.“
Von der letzten Station aus sind die Kuhglocken bereits zu hören. 50 Kühe sind es insgesamt, erzählen die Mitarbeiterinnen der Schönrastalm den Kindern. Der Geruch nach frischem Gras und Kuh mischt sich mit dem Duft des Essens aus der Almküche. Die Kinder rennen begeistert umher, laufen auf die Kühe zu, und einige versuchen, sie zu füttern oder zu streicheln. Auf der Terrasse der Alm füllen sich nach und nach die Holzbänke, die von der Sonne ganz warm geworden sind. Nicht zu übersehen sind die grünen Kappen mit dem Logo „Südtirol 2025“, die der Pilgergruppe als Erkennungszeichen dienen. Die Bedienungen servieren das Essen: Es gibt Hüttennudeln mit Tomatensoße, Himbeer- und Holunderschorle und für einige noch ein Eis. Nach dem Essen genießen die Wanderer die Sonne in Liegestühlen, während die Kinder Perlenketten basteln, eine Rallye über die Alm machen oder Brettspiele spielen.
Das Highlight des Almaufstiegs ist der Berggottesdienst, den Bischof Dr. Franz Jung gemeinsam mit Domkapitular Albin Krämer, Bischofsvikar für den Katholikentag, und Pfarrer Matthias Eller feiert. Der Bischof ist mit einer anderen Gruppe auf die Alm gekommen. Auf einer großen Wiese wird ein Freialtar aufgebaut. Ein großer weißer Schirm vom Restaurantbetrieb dient als Sonnenschutz für die Zelebranten. Hinter dem Altar werden Bänke für die Musikerinnen und Musiker des Familienchors aufgestellt, der zwei Tage zuvor geprobt hat. Der Chor wird von Keyboard, Klarinetten und Cajon begleitet. Nur ein Holzzaun trennt die Gebetsgemeinschaft von den Kühen, die unbeeindruckt weitergrasen.
„Eigentlich bin ich ganz anders, aber ich komme so selten dazu“, zitiert Bischof Jung in seiner Predigt den ungarischen Autor Ödön von Horváth. Er hat das Mikrofon in die Hand genommen und kniet auf der Wiese vor den Kindern, die auf langen Bierbänken auf der Holzterrasse unter großen Sonnenschirmen sitzen. Das Evangelium würde von einem Gipfelerlebnis erzählen, sagt er. Die Verklärung des Herrn in der Offenbarungsgeschichte beschreibe den Moment, in dem die Jünger Jesus wirklich erkennen und ihn im richtigen Licht sehen. „Das ist ein Gipfelmoment. Genau wie wir es erfahren, wenn sich ein anderer Mensch uns anvertraut.“ Das Anfangszitat seiner Predigt spiegele genau das wider: „Wenn ich immer eine Rolle spiele und niemanden hinter die Fassade blicken lasse, dann zeige ich niemandem, wer ich wirklich bin. Die Tage auf der Familienwallfahrt helfen uns, einen neuen Weg zu gehen und Einblick zu geben, was uns wirklich wichtig ist.“
Für Bischof Jung ist auch die Familienwallfahrt ein solches Gipfelerlebnis: „Das Vertrauen ist gewachsen, das haben die letzten Tage gezeigt. Wir haben miteinander geteilt, was uns im Herzen bewegt – was einen erfreut und was das Herz beschwert. Das sind Gipfelmomente, die uns als Gemeinschaft zusammenführen.“ Vor allem für die Familien könne diese Zeit Kraft geben, sagt der Bischof. „Die Vertrautheit als Familie kann uns durch das Dunkel zur Hoffnungsquelle bringen – zu Gott.“ Für die kommenden Tage wünscht er der Wallfahrtsgruppe Verklärungsmomente. „Dass wir anderen zeigen können, wer wir wirklich sind. Von diesen Glücksmomenten leben wir. Sie begegnen uns auch in Christus selbst, in Brot und Wein, wenn er uns zeigt, wer er wirklich ist.“
Aus Maria Weißenstein berichtet Judith Reinders (POW)
(2525/0631; E-Mail voraus)
Hinweis für Redaktionen: Fotos abrufbar im Internet