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Aus dem Evangelium gespeiste Geisteshaltung

Predigt von Weihbischof Helmut Bauer anlässlich der Eucharistiefeier mit den Waldarbeitern auf dem Kreuzberg am 20. Januar 2006

Liebe verehrte Waldarbeiter!

Liebe mitfeiernde Gemeinde!

Unsere Heiligen sind meist historisch fassbare christliche Männer und Frauen. Aber niemand braucht überrascht zu sein, wenn im Laufe der Zeit auch die besonderen Lebensumstände eines Heiligen stärker beleuchtet wurden, überdies die christliche Haltung. So hat man den heiligen Sebastian als einen heiligen Mann gesehen, der gerade als ehemaliger Soldat für alle Männer vorbildhaft lebte, die verschiedene Schutz– und Wehraufgaben zu erfüllen haben. Er wurde zum Patron der Bürgerwehren, natürlich auch der Soldaten erkoren. „Männlich, groß und stark war seine Haltung, ohne Unbesonnenheit, aber auch ohne schwächliches Beiseitestehen“, heißt es in einer Lebensbeschreibung des Heiligen. Er verkörpert also für die Männerwelt eine Geisteshaltung, die aus dem Evangelium, am Vorbild Jesu, gespeist ist.

Warum wohl ist er auch für die Rhöner Waldarbeiter in vorbildlicher Heiliger? Was kann denn dieser Mann aus fernen Jahrhunderten diesen Männern in der Rhön sagen und zeigen? Viel – meine ich und ich möchte ein Dreifaches benennen, was zur Besinnung und zur Nachahmung drängt:

Schützen und Wehren!

Es war zu aller Zeit meist Männersache, das Gemeinwesen vor äußeren Feinden und Bedrohungen zu schützen. Schon der friedlich-idyllische Hirtendienst hat auch diese Seite des Berufes zu verwirklichen. Er muss die Herde schützen, „wenn er den Wolf kommen sieht“, sagt der Herr vom guten Hirten im Evangelium. Solche Schutz- und Abwehrmaßnahmen forderten stete Wachsamkeit und Bereitschaft, bis zum Einsatz des eigenen Lebens sich gegen Feinde zu stellen. Sebastian war sicher gerade als Christ ein guter Soldat, sonst hätte ihn der Kaiser nicht zum Chef seiner Leibwache ernannt. Jesus hat dem schützenden wehrenden Dienst in jeglicher Weise nicht die Anerkennung verweigert.

„Schützen und Wehren“ sind heute in vielfältiger Weise auch Aufgaben eines verantwortungsbewussten Christen. Kein Christ darf sich – auch und gerade nach der Bibel – den verschiedenen Wehrdiensten entziehen, z. B. der Feuerwehr, oder die Polizei diffamieren. Da Macht auch missbraucht werden kann, muss man gerade beim Verteidigungsdienst immer auch kritisch bleiben. Was hat das aber mit den Rhöner Waldarbeitern zu tun? Viel: wir alle reden heute davon, dass unsere Natur, besonders die Wälder schützens- und erhaltenswert sind. Ja – man sagt sogar: „Sterben die Bäume, sterben bald die Menschen.“ Sicher – unsere Wälder stehen unter dem besonderen Schutz des Staates, aber gerade Waldarbeiter beobachten und erkennen zuerst, wo die Bäume krank werden und absterben, nicht, weil sie dem natürlichen Ende zugehen, sondern weil sie bedroht sind von äußeren schädlichen Bedingungen, die wir Menschen im Kleinen und Großen schaffen. So gilt Ihnen daher an diesem Tag Dank und Anerkennung für Ihre Wachsamkeit und Aufsicht, damit dem Leben in der Natur nicht widernatürlich Schaden zugefügt wird. Bleiben Sie also wachsam und abwehrbereit – natürlich heute in neuer Weise für ein Stück Schöpfung, aber auch letztlich für uns Menschen. Diese Wachsamkeit und Wehrbereitschaft besonderer Art möge Ihnen zukommen durch den Blick auf den heiligen Sebastian.

Hegen und Pflegen!

Es gehört zu den klassischen Aufgaben des Mannes, Hirte und Fürsorger der Familie, des Gemeinwesens, des Staates zu sein. Der Mann als Hüter war zugleich auch der Heger, der Gärtner in vielen Lebensräumen. Natürlich gehört diese Aufgabe immer auch zu Mann und Frau. Viele Berufe, die über die Familie hinauswirken, müssen und können von beiden bewältigt werden.

Waldarbeiter müssen nun einmal auch Bäume fällen; denn das Ur-Wald-Ideal ist nicht immer zu verwirklichen. Sie haben auch die Aufgabe, den Pflanzen und jungen Bäumen Lebensraum zu schaffen. Das geht nicht ohne hegen, pflegen und manchmal nicht ohne Eingriffe. Heute wissen wir auch mehr über das Gesetz der Nachhaltigkeit, also über die Tatsache, dass sich positive oder negative Auswirkungen unseres Tuns erst viel später aufzeigen. Man muss daher auch einen Weitblick haben und für das Gleichgewicht in einem Biotop oder Reservat sorgen. So helfen Sie mit, dass gerade unsere Rhöner Heimat ein wunderbarer Lebensraum bleibt für kommende Generationen. Doch was für den äußeren Lebensraum des Menschen gilt, das ist noch wichtiger für den geistigen Lebensraum. Unsere natürlichen Lebensräume sind auch Hinweise, wie es mit unserer inneren Gesinnung steht. Die Rhön – wem sage ich das – wurde ja vor 70 Jahren durch eine aggressive Ideologie zu einem militärischen Aufmarschgebiet gemacht. So muss ein solcher Tag uns mahnen, das geistige Biotop des Menschen im Gleichgewicht zu halten und den geistigen Lebensraum des Menschen zu pflegen. Zum Lebensraum des Menschen gehören unsere heimatlichen Bräuche und Traditionen, gehören unser Leben mit der Kirche und unsere vom Geist der Bergpredigt geprägte Mitmenschlichkeit und Nachbarschaft in Freud' und Leid. Hier sind Sie als verantwortliche Männer und Frauen genau so wichtig, wenn nicht gar noch mehr, dafür zu sorgen, dass unsere Rhön-Heimat nicht ihre Eigenart verliert. Auch Sitten und Lebensformen der Menschen können verwildern. Inzwischen haben wir vom Naturschutz gelernt, dass es nicht bloß auf große Schutz – und Pflegemaßnahmen des Staates ankommt, sondern dass jeder Einzelne mitverantwortlich sich zeigen muss. So wie es gilt, der Umweltverschmutzung entgegen zu wirken, so muss auch die Umwelt des Menschen gepflegt werden. Alte Traditionen und Gebräuche sind schnell abgeschafft, aber oft verschwindet auch damit der geistige Gehalt solcher Traditionen. Auch in diesem Sinn: Helfen Sie mit bei der gewissenhaften Heimatpflege! Der heilige Sebastian hat in heidnischer Zeit die christliche Gemeinschaft mitgetragen. Und diese hat ihn „buchstäblich“ wieder auf die Beine gebracht und getragen, als er vom Kaiser lebensgefährlich verwundet wurde.

Loben und anbeten!

Natürlich verweist der heilige Sebastian vor allem auf die höchste Aufgabe für verantwortungsbewusste Männer und Frauen. Er verweist auf das Loben Gottes und auf die Anbetung unseres Herrn. Die Treue zur Christus stand für Sankt Sebastian über allem. Er war ein tüchtiger, hervorragender Offizier und Diener des Kaisers, aber noch mehr ein treuer Freund seines Heilandes und Diener Gottes. Sankt Sebastian wusste, vor wem er allein das Knie zu beugen hatte. Bei allen politischen Erfordernissen und Mitsorge in unserem Staat heute scheint aber die Besinnung bitter notwendig zu sein, dass wir wieder bewusster Gott die Ehre geben müssen und ihn allein anbeten dürfen. Wir haben heute zu viele Götzen, denen wir zu viel Ehre erweisen und zu viele Götzenbilder werden immer wieder aufgestellt durch die geheime Macht des Zeitgeistes. Wir dürfen als Christen nicht zulassen, dass in unserem Leben und dort, wo wir mitgestalten können, Gott nicht den Platz einnimmt, der ihm gebührt. Vor allem nicht in der Familie, in der Ehe, in unserem Gemeinwesen. Wir haben doch alle noch die schrecklichen Katastrophen vor Augen, die durch gottlose Systeme über die Welt gekommen sind. Es gab damals zu viele, die „Heil, Heil“ riefen und Heil von Menschen erwartet haben. Zwar wird sich die Geschichte wohl in dieser Weise nicht wiederholen, aber in neuen Masken tritt der Antichrist oder die Macht des Bösen wieder auf die Bühne des Weltgeschehens. In seinen bitteren Tagen schrieb Pater Delp kurz vor seiner Hinrichtung durch die Nazis diese Worte:

„Brot ist wichtig – Freiheit ist wichtiger – viel wichtiger aber ist die treue, unverratene Anbetung.“

Dieser Sebastianitag ist daher ein Bekenntnistag zu unserem Gott und Heiland Jesus Christus. „Vor ihm allein beugen wir die Knie!“ Amen.

(0606/0241)