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„Aus der Fülle der Weihnacht leben“

Interview mit Abt Michael Reepen von der Benediktinerabtei Münsterschwarzach zum Weihnachtsfest und zur Vorbereitung auf die Geburt Christi

Münsterschwarzach (POW) Seit 20. Mai 2006 ist Michael Reepen (47) Abt der Benediktinerabtei Münsterschwarzach. Bischof Dr. Friedhelm Hofmann spendete Reepen am 26. Juni 2006 in der Abteikirche die Abtsweihe. In folgendem Interview zum Weihnachtsfest spricht Abt Michael über die Vorbereitung und die Feier des Hochfests der Geburt Christi in der Abtei Münsterschwarzach sowie über die Bedeutung von Weihnachten. Weiter gibt Abt Michael Tipps für die Weihnachtstage.

POW: Abt Michael, Sie sind ein halbes Jahr im Amt. Macht die neue Aufgabe als Abt Spaß?

Abt Michael Reepen: Meine neue Aufgabe macht mir viel Freude. Bisher durfte ich sehr viel Neues kennen lernen. Von unserer Gemeinschaft im Kloster fühle ich mich getragen. Die Brüder sind sehr offen für meine Art und Weise des Hineinwachsens in die neue Aufgabe des Führens und Lenkens der Gemeinschaft. Sie sind auch sehr offen für neue Ideen. Die Menschen, denen ich begegne, kommen mir mit Wohlwollen entgegen. Das tut mir sehr gut und ermutigt mich!

POW: Haben Sie bereits größere Pläne?

Abt Michael: Noch bin ich in der Phase des Hörens und Schauens. In den ersten Wochen und Monaten als Abt war es mir wichtig, zu den vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die täglich bei uns sind, durch Besuche in den Betrieben in Kontakt zu kommen. Auch habe ich die Mitbrüder in unseren weiteren Häusern besucht. Nach dieser Phase des Hörens und Kennenlernens gilt es dann, gemeinsam mit meinen Brüdern ins Gespräch zu kommen, was für unsere Gemeinschaft jetzt wichtig ist und in welche Richtung es weitergehen soll. Als Abt habe ich mir ja im Vorfeld kein Regierungsprogramm erstellt. Die Frage ist: Was heißt Mönchtum im 21. Jahrhundert? Was ist unser Auftrag als Mönche in der Welt von heute?

POW: Sie waren schon zu Firmungen im Bistum Würzburg unterwegs. Etwas ganz Neues für Sie?

Abt Michael: Die beiden Firmungen in Limbach und Pfarrweisach waren schon etwas Neues. Ich war zum ersten Mal mit Mitra und Stab unterwegs. Die Begegnung mit den Jugendlichen war sehr vom Geist erfüllt. Es hat mir Freude gemacht, sie auf ihrem Glaubensweg zu bestärken.

POW: Wie bereiten Sie sich auf Weihnachten vor?

Abt Michael: In der ersten Adventswoche bin ich in Exerzitien gegangen. Die Stille und das Schweigen sind mir bei der Vorbereitung auf das Weihnachtsfest sehr wichtig. Unsere ganze Klostergemeinschaft bereitet sich vor allem mit der Liturgie der Adventstage vor. Auch wir Mönche müssen das Schweigen und die Stille immer wieder einüben und brauchen neue Impulse. Die Liturgie des Advents ist sehr ruhig und schlicht. Sie steigert sich langsam bis dann an den letzten sieben Tagen vor Weihnachten die traditionellen „O-Antiphonen“ gesungen werden, die sich an den kommenden Messias wenden: O Weisheit, O Schlüssel Davids, O Morgenstern, O König aller Völker usw. Wir sind voller Erwartung und spüren: Das Weihnachtsfest rückt immer näher.

POW: Gibt es weitere Formen der Vorbereitung im Kloster?

Abt Michael: Beispielsweise begrüßen wir an den Abenden der Adventssamstage immer den neuen Adventssonntag. Bei einer kleinen Lichtfeier im Refektorium singen wir das „Rorate coeli“ (Tauet Himmel) und zünden eine weitere Kerze am Adventskranz an. Weiter feiern wir in der Abtei jeweils am Samstagmorgen in der Adventszeit ein Rorateamt in der Krypta. Sehr, sehr dankbar bin ich dafür, dass wir uns im Kloster vor dem Rummel, dem Lärm und dem Lichterglanz schützen können, der im Advent draußen herrscht.

POW: Ein Tipp für die Vorbereitung? Was empfehlen sie den gestressten Menschen für die Tage vor Weihnachten?

Abt Michael: Ich wünsche ihnen, dass sie sich einfach mal Zeit nehmen. Schon wenige Minuten reichen: sich hinsetzen, eine Kerze anzünden, ins Licht der Kerze schauen, einfach nur da sein, ein bisschen zur Ruhe kommen und die Gedanken fließen lassen. In den Tagen vor Weihnachten kann ein solches Innehalten sehr hilfreich sein, um sich auf das Fest der Geburt Christi vorzubereiten.

POW: Was bedeutet Weihnachten für Sie?

Abt Michael: An Weihnachten geht es um das Menschsein. Ich bin total fasziniert, dass wir einen Gott haben, der nicht oben im Himmel thront und schaut, wie es uns da unten geht. Wir haben vielmehr einen Gott, der einer von uns geworden ist, der in Jesus Christus Mensch wird, der weiß, wie es uns Menschen wirklich geht, der unsere Not und Bedrängnis kennt. Das Jesuskind in der Krippe von Betlehem ist genauso hilflos, wie wir als Kinder waren und oft auch noch sind. Es tröstet mich, dass Gottes Sohn in den Schmutz eines Stalls hineingeboren wird und nicht in einem Hotel oder einem Palast zur Welt kommt. Für uns Menschen bedeutet dies: Jesus wird auch in mich hinein geboren, in meine Hilflosigkeit, in meine Unvollkommenheit, in meinen Schmutz. Er wird Mensch in meine Menschlichkeit hinein.

POW: Welche persönlichen Erinnerungen verbinden Sie mit dem Fest?

Abt Michael: Ich denke besonders an das Weihnachtsfest zu Hause. Die Feier im Kreis der Familie habe ich immer als sehr berührend und echt erlebt. Ich denke aber auch an ein Weihnachtsfest in Afrika, wo die Atmosphäre ganz anders war als in Deutschland. Dort war es heiß, es gab keine Tannenbäume und keinen Lichterglanz. Aber ich habe dort etwas von Weihnachten in der Begegnung mit Menschen erfahren, die sehr schlicht in ihren Hütten leben. In dieser Einfachheit wurde mir klar, was es bedeutet, dass Gott zu uns Menschen kommt – und auch zu diesen Menschen in ihrer Situation. Das hat mir einen ganz neuen Aspekt von Weihnachten aufgezeigt.

POW: Wie feiern die Mönche in Münsterschwarzach Weihnachten?

Abt Michael: Dieses Jahr fällt der vierte Adventssonntag auf den Heiligen Abend. Morgens feiern wir eine adventliche Liturgie. Am Nachmittag tauchen wir dann langsam ein in den Heiligen Abend. Er beginnt mit der ersten Vesper von Weihnachten, wo es immer wieder heißt: „Heute sollt ihr wissen, dass der Herr kommt, und morgen werdet ihr ihn schauen.“ Die Spannung steigert sich von Stunde zu Stunde. Am Abend gestalten wir eine Weihnachtsfeier im Refektorium, wo wir Mönche zusammensitzen und das Martyrologium, die Ankündigung der Geburt Christi, verlesen wird. Dann hören wir eine Geschichte und ich halte eine kurze Ansprache. Dazwischen ist Musik und Gesang. Im Schein der Kerzen halten wir ein festliches Mahl. Anschließend bekommt jeder Mönch ein kleines Geschenk. Nach der gemeinsamen Feier sitzen manche noch in kleineren Gruppen zusammen. Vor unserer Mitternachtsmette ist eine Zeit der Stille angesagt. Der Gottesdienst beginnt um 22.45 Uhr. Mit Psalmen singen wir uns hinein in das Geheimnis dieser Heiligen Nacht. Wir hören Texte, die erkennen lassen wollen, was in dieser Nacht geschieht. Um Mitternacht beginnt dann die eigentliche Eucharistiefeier, die Mitternachtsmesse, die dann bis zirka zwei Uhr dauert. Vor allem die jüngeren Brüder sitzen danach noch zusammen und lassen nachklingen, was in der Liturgie dieser Nacht geschehen ist.

POW: Was treibt die Menschen an Weihnachten in die Kirche?

Abt Michael: Die Sehnsucht der Menschen spielt hier eine große Rolle: Sehnsucht nach Liebe, nach Geborgenheit, nach Angenommensein. Viele erinnern sich am Weihnachtsfest an die eigene Familie oder daran, wie es früher war. Viele haben ein Bild von idealer Geborgenheit oder idealer Familie im Kopf und lassen sich von den Texten und Gesängen anrühren. Die Menschen spüren, dass dieses Fest etwas mit Menschwerdung zu tun hat, mit ihrer eigenen Menschwerdung und mit ihrem Menschsein. Sie ahnen etwas vom tiefen Geheimnis der Weihnacht, und die Mitfeier der Liturgie lässt sie an dieses Geheimnis, das in ihnen selbst ist, rühren. Für viele ist die Feier der Geburt Christi der einzige Gottesdienst im Jahr. Deshalb muss es ein ganz wichtiger Auftrag für die Kirche sein, diese Liturgie gut zu gestalten und die Menschen bei ihrer Sehnsucht nach Liebe und Geborgenheit anzusprechen. Die Menschen sollen im Gottesdienst erfahren dürfen, dass sie gemeint sind, dass sie bedingungslos geliebt sind.

POW: Wie sieht ein Mönch den Umgang unserer Gesellschaft mit dem Weihnachtsfest?

Abt Michael: Weihnachten wird heute größtenteils von der Wirtschaft, von der Geschäftemacherei besetzt und auf ein Fest des Geldes und der Geschenke reduziert. Wir Christen dürfen uns dies nicht gefallen lassen. Ich begrüße Aktionen wie die „Weihnachtsmannfreie Zone“ oder den bewussten Verzicht auf Weihnachtslieder in der Adventszeit. Ich habe aber auch Verständnis, dass sich viele Menschen dem vorweihnachtlichen Rummel kaum entziehen können, ja dem ausgeliefert sind. Ihnen wünsche ich, dass sie sich vor Weihnachten wenigstens ab und zu zurückziehen und auf das Eigentliche besinnen können, dass sie Räume finden, um sich vor diesem Kommerz und Rummel zu schützen.

POW: Können Sie Menschen verstehen, die Angst vor dem Fest der Liebe haben?

Abt Michael: Ich kann die Angst mancher Menschen sehr gut verstehen. An Weihnachten kommen im Menschen nicht nur schöne Gefühle hoch, sondern auch Verletztheit, Enttäuschung, erlittener Verlust und Schmerz. Nicht wenige verbinden das Fest mit Menschen, die sie verloren haben, oder mit dem Schmerz über ihre Kindheit, ihr Familienleben, ihre Lebenssituation, die eben nicht nur Friede und Freude bedeutet. Ich wünsche diesen Menschen, dass sie vom Kern dieses Festes berührt werden: Denn die Botschaft von Weihnachten meint genau diese Menschen, die Angst haben, die traurig sind, die sich alleingelassen fühlen, die meinen versagt zu haben, die keine Geborgenheit erfahren. Gott kommt vor allem zu diesen Menschen.

POW: Ihr Tipp für die Weihnachtsfeiertage?

Abt Michael: Genießen Sie die geschenkte Zeit dieser Tage. Nehmen Sie sich Zeit für sich selber, Zeit für die Familie, Zeit für die Menschen, mit denen Sie zusammenleben, Zeit für Gott. Machen Sie wieder Dinge, die Sie schon lange gerne mal wieder machen wollten. Alles, was Ihnen hilft, sich in Ihrem Menschsein bewusster wahr zu nehmen, ist gut. Die Weihnachtszeit beginnt ja erst mit dem Weihnachtsfest und nicht mit den Wochen des Advents – wie heute viele Menschen aus Unkenntnis heraus meinen. Wer die Weihnachtszeit bis zum Fest der Taufe des Herrn weihnachtlich lebt, dem bieten sich in dieser verhältnismäßig ruhigen Zeit große Chancen. Wer Weihnachten wirklich dann feiert, wenn auch Weihnachten ist, der fällt am Fest selbst nicht in ein großes Loch, sondern lebt aus der Fülle des Festgeheimnisses.

POW: Ihr Wunsch an die Menschen für das neue Jahr 2007?

Abt Michael: Ich wünsche den Menschen, dass sie erfahren: Sie sind von Gott zutiefst angenommen und geliebt. Weihnachten sagt mir, dass ich nicht zufällig auf Erden bin, dass mich da einer annimmt und liebt. Diese Botschaft gibt uns Kraft und trägt uns durch das neue Jahr 2007.

Zur Person:

Michael Reepen wurde 1959 in Freiburg im Breisgau geboren. Nach dem Abitur im Jahr 1979 arbeitete er zunächst als Erzieher in Sankt Pirmin/Sasbach. 1982 trat er in die Abtei Münsterschwarzach ein und legte im folgenden Jahr die zeitliche Profess ab. 1987 wurde Reepen, der in Würzburg Theologie studierte, zum Priester geweiht. Im gleichen Jahr legte er die Feierliche Profess ab. Im Anschluss wirkte Reepen bis 1989 als Erzieher im Münsterschwarzacher Lehrlingsheim Sankt Plazidus. Danach war er als Missionar zwei Jahre lang im tansanischen Ndanda eingesetzt. Bei seiner Rückkehr 1991 übernahm Reepen den Posten des Rektors im Lehrlingsheim Sankt Plazidus. Außerdem wirkte er von 1992 bis 1995 als Schulseelsorger im Münsterschwarzacher Egbertgymnasium. Von 1997 bis zur Wahl zum 75. Abt von Münsterschwarzach war Pater Michael Reepen Novizenmeister. Die Patres und Brüder mit Ewiger Profess aus den Niederlassungen der Missionsbenediktiner in Münsterschwarzach, Damme, Würzburg und Schuyler/USA wählten Reepen am 20. Mai 2006 zum 75. Abt von Münsterschwarzach und Nachfolger von Dr. Fidelis Ruppert. Reepen nahm am gleichen Tag die Wahl an und wurde von Erzabt Jeremias Schröder bestätigt. Bei einem festlichen Gottesdienst am Montag, 26. Juni, in der Abteikirche Münsterschwarzach spendete Bischof Dr. Friedhelm Hofmann dem neuen Abt Michael Reepen die Abtsweihe.

(5006/1800)