Würzburg (POW) Max Fahrnbauer aus der Oberpfalz möchte Kanalbauer werden. Wie viele andere muss er dafür oft weite Fahrtwege in Kauf nehmen: Auszubildende aus ganz Bayern erlernen die Theorie ihres Berufs in der Würzburger Josef-Greising-Schule. Aus diesem Grund kommt auch Fahrnbauer regelmäßig nach Würzburg. Hat er hier Blockunterricht, übernachtet er im Kolping-Jugendwohnen in der Innenstadt. „Das gefällt mir sehr gut“, berichtete er Bürgermeisterin Marion Schäfer-Blake, die das Wohnprojekt der Katholischen Gesellenhausstiftung besuchte, teilt das Kolping-Jugendwohnen mit.
Nicht nur Fahrnbauer fühlt sich im Kolping-Jugendwohnen rundum wohl. Auch Manuel Hertel aus Nürnberg, der im zweiten Lehrjahr den Beruf des Straßenbauers erlernt, ist angetan: „Mir ist hier noch nichts Negatives aufgefallen.“ Der 27-Jährige kennt auch andere Wohnheime für Blockschüler. Der Komfort, den Kolping bietet, sucht nach Aussage des jungen Mannes bayernweit seinesgleichen. Sowohl dem Pädagogenteam als auch den Mitarbeiterinnen in der Küche bescheinigt der Lehrling eine hohe Motivation.
Laut Manfred Eck, Geschäftsführer der Katholischen Gesellenhausstiftung, engagieren sich insgesamt 26 Haupt- und Ehrenamtliche dafür, dass sich die jungen Menschen fern ihrer Heimat wohlfühlen und ihre Lehrzeit gut bewältigen. Immer wieder werde das Konzept des 140-Betten-Hauses reflektiert und die Arbeit durch Fragebogenaktionen evaluiert. Wichtig ist dem Team, dass die Jugendlichen selbst ihre Meinung kundtun. „Wir leben Partizipation“, betonte Eck gegenüber der Bürgermeisterin. Die Teenager und Twens bringen Wünsche und Kritik sowohl über den Kummerkasten als auch über die Wohnheimsprecher ein. Bei der pädagogischen Begleitung sei nicht nur „Schule“ ein Thema. Jugendliche würden aufgefangen, wenn es in der Familie oder in einer Freundschaft kriselt. Auch würden sie inspiriert, sich mit politischen und gesellschaftlichen Themen zu beschäftigen – etwa mit den Flüchtlingen, die nach Deutschland kommen, und dem Phänomen Fremdenfeindlichkeit.
„Wir kooperieren mit Eltern, Lehrern, anderen Wohnheimen, Betrieben und Behörden“, erläuterte Eck der Bürgermeisterin. So manchem Jugendlichen, der nahe daran war, seine Ausbildung abzubrechen, sei es durch die Unterstützung gelungen, sich doch noch zum Gesellen zu mausern. „Wir schauen, wenn die Jugendlichen das wollen, über Referate und Power-Point-Präsentationen und versuchen, ihnen zu helfen, wenn sie den Lernstoff nicht ganz verstehen“, ergänzte David Barthel, ausgebildeter Gymnasiallehrer, der seit knapp vier Jahren im Kolping-Jugendwohnen tätig ist.
Schäfer-Blake zeigte sich beeindruckt von der Bedeutung, die das Wohnprojekt für junge Leute aus ganz Bayern hat. 500 Azubis zwischen 16 und 27 Jahren, erfuhr sie, übernachteten im vergangenen Jahr insgesamt 25.000 Mal in einem der beiden Häuser, die zum Kolping-Jugendwohnen gehören. Über das Wohnprojekt kommen die Bewohner auch automatisch dazu, sich mit der Person Adolph Kolping zu befassen. Der lebte zwar in einer ganz anderen Epoche, dennoch lässt sich mit dem, was Kolping einst sagte und dachte, noch immer eine Menge anfangen.
Kolpings Ideen zufolge sollte sich niemand davon abhalten lassen, das zu entfalten, was in ihm steckt. Diese Ansicht macht den katholischen Sozialreformer in der aktuellen Umbruchszeit neuerlich interessant. „Kolping war davon überzeugt, dass die Bewusstseins- und Verhaltensänderung des Einzelnen zu einer besseren Gesellschaft führt“, betonte Eck. Sein Ziel war es vor diesem Hintergrund vor allem, jungen Menschen zu helfen, „tüchtig“ zu werden.
Wie tüchtig sie sind, beweisen die Heranwachsenden aus dem Kolping-Jugendwohnen, die in den Berufen Postdienstleister, Bauzeichner, Straßenbauer, Fliesenleger, Zimmerer, Mediengestalter, IT-Systemelektroniker oder Fachinformatiker ausgebildet werden. Jeder dieser Berufe hat es in sich. „Denn die Chefs haben an uns heute hohe Ansprüche“, erklärte der 17-jährige Maximilian Dresel, der sich zum Kanalbauer ausbilden lässt.
Schäfer-Blake zeigte sich erstaunt über den hohen Standard und den Komfort des Wohnprojekts. Vor allem das kernsanierte Haus A am Kolpingplatz 2 habe Hotelcharakter. Neben hellen Zimmern gibt es „Kompetenzräume“, zum Beispiel einen Fitnessraum, in denen die Jugendlichen ihre Freizeit verbringen können. Das neue Haus hat auch höchstens noch Drei-Bett-Zimmer.
2017 ist für die Katholische Gesellenhausstiftung als Träger des Wohnprojekts ein besonderes Jahr: Die Gründung der Stiftung jährt sich zum 150. Mal. Darum wird am 28. Oktober im Rahmen eines Festakts eine Kolping-Gedenkstele auf dem Kolpingplatz aufgestellt. Der städtische Umwelt- und Planungsausschuss beriet hierüber vor wenigen Tagen. „Unser Anliegen fand einhellige Zustimmung“, sagte Eck mit einem Lächeln.
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