Würzburg (POW) Deutliche Vorbehalte gegen die neue Idee einer Bestattung unter Bäumen im Wald hat der katholische Liturgiewissenschaftler Professor Dr. Winfried Haunerland (München) am Dienstagabend, 22. Mai, bei einer gemeinsamen Veranstaltung von Katholischer Akademie Domschule und Liturgiereferat der Diözese Würzburg vorgebracht. Als durchaus christlich bezeichnete Jan-Peter Hanstein, evangelischer Pfarrer von Rödelsee, in dessen Pfarrgebiet der erste evangelisch-lutherische Friedwald Deutschlands eröffnet wurde, die neue Art der Beisetzung. Er verwies auf die zahlreichen biblischen Texte, die positiv von Bäumen sprechen. Schwester Edith Krug von der Communität Casteller Ring betonte die seelsorgerischen Chancen, die sich im Umfeld des Friedwalds am Schwanberg ergeben.
Haunerland sagte, der Trend zum je nach Anbieter Friedwald oder Ruheforst genannten Bestattungsgelände mache auf grundlegende Mängel der gegenwärtigen Bestattungskultur aufmerksam: zu hohe Kosten für die Gräber, immer kürzer werdende Ruhezeiten und wenig kundenfreundliche Vorgaben mancher Friedhofsverwaltungen. „Kirchen und Kommunen sind dringend gefordert, den weiteren Verfall einer menschenfreundlichen Bestattungskultur aufzuhalten.“ Gleichzeitig hob der Liturgiewissenschaftler hervor, dass der Friedhof durch seine Einfriedung hervorhebe, dass die Welt der Lebenden und die Welt der Toten bei aller bleibenden Verbundenheit nicht identisch seien. „Wer den Friedwald betritt, wird anders als bei traditionellen Friedhöfen nicht mit Monumenten des Todes und der Totenruhe konfrontiert, sondern muss selbst das ausgewiesene Waldstück je neu als Bestattungsort identifizieren. All das verstärkt die Gefahr, dass der Tod und die Toten aus dem Leben ausgegrenzt und faktisch unsichtbar werden.“ Außerdem sei es gerade für alte Menschen oft schwierig, den nicht im Wohnort gelegenen Friedwald zu besuchen, um dort der Toten zu gedenken.
Die Bestattung unter Bäumen mache eine Grabpflege als kulturell verwurzelte Form der Trauerarbeit unmöglich. Die vielen Blumen und Kerzen an Orten tödlicher Verkehrsunfälle und Gewaltdelikte mache deutlich, wie wichtig Zeichen der Verbundenheit für Trauernde seien. „Längst hat man auf vielen Friedhöfen auch bei anonymen oder halbanonymen Grabfeldern diesem Anliegen Rechnung getragen.“ Die Namenstafel am Baum im Friedwald ermögliche zwar das Anbringen eines christlichen Symbols. „Doch steht das offensichtlich in keinem Verhältnis zu den Möglichkeiten, die sich bei der liebevollen Gestaltung einer Gruft auf dem Friedhof ergeben.“ Als deutliches Zeugnis der christlichen Hoffnung könne der Friedhof als Ganzes zu einer Stätte der Verkündigung und der christlichen Auferstehung werden, zitierte Haunerland das Schreiben „Tote begraben und Trauernde trösten“ der Deutschen Bischofskonferenz. Unter kulturellen Gesichtspunkten sei der Friedhof vor Ort außerdem wichtig, weil er an die Vergangenheit der Heimat und die Wurzeln der eigenen Lebensgeschichte erinnere.
Aus theologischer Sicht spreche gegen den Friedwald, dass der Begründer der Idee, der Schweizer Ueli Sauter, eine naturreligiöse Vorstellung vertrete. Die deutschen Bischöfe gingen daher davon aus, „dass die Grundgestalt dieser Bestattungsform und ihre Rahmenbedingungen eine Interpretation begünstigen, die kaum mit dem christlichen Glauben zu vereinbaren ist“. Auch bei der traditionellen Bestattung auf dem Friedhof der tote Leib der Erde anvertraut. Der katholische Ritus betone aber den vorläufigen Charakter der Übergabe: „Wir übergeben den Leib der Erde. Christus, der von den Toten auferstanden ist, wird auch unsern Bruder/unsere Schwester zum Leben erwecken.“
Trotz der genannten Bedenken könne die katholische Kirche einem Katholiken laut Kirchenrecht nur dann ein Begräbnis im Friedwald verweigern, wenn er offenkundig Irrlehren verkündete, sich von der Kirche lossagte oder eine Spaltung verursachte, oder sich aus Gründen, die der christlichen Glaubenslehre widersprechen, für eine Feuerbestattung entschied oder sein kirchliches Begräbnis nicht ohne öffentliches Ärgernis bei den Gläubigen gewährt werden könne.
„Von der Sache her ist es sicher angebracht, daran zu erinnern, dass die Kirche in der Erdbestattung des Leichnams eine größere Ähnlichkeit zur Bestattung Jesu sieht.“ Das Bistum Trier habe aus diesem Grund eine pastorale Handreichung herausgegeben, die als Kriterien für eine kirchliche Beteiligung an der Bestattung neben der Freiheit des Betreibers, des Verstorbenen und der Angehörigen von pantheistischer, naturreligiöser oder nichtchristlicher Ideologie auch die Möglichkeit nennt, am Ort der Bestattung ein Schild mit dem Namen des Verstorbenen und einem christlichen Symbol anzubringen. „Vielleicht ist der differenzierte Umgang der Diözese Trier ein gangbarer Weg: In der Pastoral deutlich zu machen, warum wir die Friedwald-Bestattung nicht fördern wollen, aber zugleich verantwortbare Kriterien zu nennen, wann wir uns trotzdem an einer Friedwald-Bestattung beteiligen werden“, sagte Haunerland.
Für den evangelischen Pfarrer Jan-Peter Hanstein ist der Friedwald nur ein Trend von vielen. Seiner Beobachtung nach sind unter den evangelischen Pfarrern im Dekanat Kitzingen dem neuen Angebot gegenüber diejenigen am kritischsten, die selbst Friedhöfe verwalteten und auf deren Wirtschaftlichkeit achten müssten. Schwester Edith von der Communität Casteller Ring hob hervor, dass bei der Konzeption des Friedwalds auf dem Schwanberg darauf geachtet worden sei, in der Kirche nebenan eine Kapelle als Ort des Gedenkens einzurichten. „Als Christen sollten wir uns immer wieder vor Augen halten: Da steht uns noch etwas Großes bevor, zu dem wir erst nach der Mühsal des Lebens gelangen.“
(2107/0801; E-Mail voraus)
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