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Begeisterung der Anfangstage hat offenbar Bestand

Burg Rothenfels seit 100 Jahren Ort der Jugend – Festakt im Rittersaal – BDKJ-Bundesvorsitzende Lisi Maier: „Die Burg ist weiterhin am Puls der Zeit“

Bergrothenfels (POW) An den Erwerb der Burg Rothenfels durch den katholischen Jugendbund Quickborn am 21. Februar 1919 hat die „Vereinigung der Freunde von Burg Rothenfels“ mit einem Festakt erinnert. „Die Burg ist weiterhin am Puls der Zeit und wird es bleiben, wenn sie Jugendliche und junge Erwachsene in sich wirken lässt. Und vielleicht ist ja gerade das der Zauber, der sich durch ein Jahrhundert trägt: ‚Jugend hat ein Recht auf Jugend, Freiheit, Freude‘, wie es Herrmann Hoffmann auf dem ersten Quickborntag vor 100 Jahren formulierte“, sagte Lisi Maier, Bundesvorsitzende des Bunds der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ), in ihrem Festvortrag. Rund 200 Gäste aus ganz Deutschland, darunter auch hochrangige Vertreter aus Politik und Kirche, nahmen an der Veranstaltung teil.

Erst vor kurzem sei deutschlandweit das 100. Jubiläum des Frauenwahlrechts gefeiert worden. „Die gleichberechtigte Teilhabe von Jungen und Mädchen, von Frauen und Männern – das setzte der Quickborn auf Burg Rothenfels schon früh um“, betonte Maier. Die seit 1919 jährlichen Quickborntage hätten die Burg als einen Ort bekannt gemacht, an dem Jungen und Mädchen, Junge Frauen und Männer gemeinsam Werkwochen aus christlichem Geist gestalteten und neue Wege erprobten – „besonders in der Gottesdienstgestaltung, der Schriftlesung, im Gemeinschaftsleben, in Musik und Tanz“. Das partnerschaftliche Zusammenwirken der beiden Geschlechter in pädagogischer Leitung sowie dem christlichen und gesellschaftlichen Gemeinschaftsleben sei für damalige Verhältnisse fast einzigartig gewesen, insbesondere im katholischen Bereich. „Im Rückblick betrachtet war es so progressiv wie auch die Ideen, die der Heilige Geist durch die Burgkapelle atmen ließ.“

Mit progressiven Ideen mache man sich bekanntlich nicht nur Freunde. Das Einbeziehen beider Geschlechter habe in Folge zu einem Antrag bei der Deutschen Bischofskonferenz geführt, den Quickborn-Bund und seine Aktivitäten zu verbieten. „Die gute Nachricht: Das war erfolglos!“ Im Gegenteil: Laut Maier greife der 15. Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung von 2019 genau das auf, was vor 100 Jahren formuliert worden war: „Jugend ist mehr als eine Phase der Qualifizierung, sie ist auch eine Zeit der Selbstpositionierung und Verselbständigung und muss als eigenständige Lebensphase anerkannt werden“, zitierte Maier aus dem Bericht.

Besonders hob die BDKJ-Bundesvorsitzende Romano Guardini als den vermutlich bekanntesten Quickborner hervor. Bis 1927 war dieser Bundesleiter und blieb im Anschluss bis 1939, als der Bund verboten und die Burg enteignet wurde, als Burgvater vor Ort. „Guardini hat hier auf Burg Rothenfels die liturgischen Fenster geöffnet. Wesentliche Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils hat er hier schon vorweggenommen. Selbst Papst Franziskus sieht sich von seinem Werk beeinflusst.“

Am 16. August 1939 schließlich verfügte die zuständige Dienststelle der Gestapo die Auflösung der katholischen Jugendvereinigung Quickborn und des „Vereins der Freunde von Burg Rothenfels e.V.“  samt aller Neben- und Untergliederungen und verbot jede Tätigkeit. „Viele Quickborner leisteten passiven und auch aktiven Widerstand gegen das Naziregime, fünf Quickborner starben als Opfer der Nazijustiz.“ Nicht zuletzt, weil sie sich auf der Burg Grundsätzen wie dem Bekenntnis zum katholischen Glauben und „In offener Diskussion ohne Verstellung Kritik und Urteil üben“ verpflichtet hatten. „Die Priester Alfons Maria Wachsmann, Max Joseph Metzger und Gerhard Hirschfelder, der Politiker Theo Hespers und der Jurist Rudolf Mandrella sind uns heute Vorbild und Mahnung zugleich, nie wieder zuzulassen, was damals war. Und das ist aktuell wichtiger denn je“, betonte Maier.  Die Demokratie sei in Gefahr. „Und wir müssen für sie einstehen. “

Auch nach dem Zweiten Weltkrieg haben laut Maier Quickborner wie der Breslauer Domvikar JohannesTheissing maßgeblich bei der Gründung des BDKJ im Jahr 1947 mitgewirkt. „Und obwohl er der zahlenmäßig kleinste Mitgliedsverband ist, vertrat und vertritt der Quickborn bis heute immer klar seine Position.“ Nach wie vor setze die Burg bei allen Fragen an, die sich um den Reifeprozess auf dem Weg ins Erwachsenenleben bewegen: bei theologischer, erfahrungsorientierter Arbeit, bei jugendpolitischen Seminaren, Körperarbeit und verbandlichen Treffen. Umso mehr freute Maier sich, dass 2019 wieder die Hauptversammlung des BDKJ-Bundesverbands auf der Burg stattfinde, „um im besten Sinne katholisch, politisch, aktiv zu sein – und das im Jahr des 100. Jubiläums. Herzlichen Glückwunsch, Burg Rothenfels!“

Vor dem Festvortrag gab der Historiker Dr. Winfried Mogge einen Abriss der Anfänge von Burg Rothenfels als Heimat des Quickborns. Ein Erklärungsansatz für das Engagement von vielbeschäftigten Priestern und Pädagogen und vielen Jugendlichen für das 1919 sehr heruntergewirtschaftete Objekt sei eine Welle postromantischer Burgenbegeisterung, die nach dem Krieg die Bünde der Jugendbewegung ergriff. „Auf den Burgen träumte man von einer idealisierten großen Vergangenheit, von tapferen Rittern und edlen Frauen, in deren Nachfolge man sich sah.“ Hinzu sei eine Vision für einen Neubeginn der Jugend in der Nachkriegszeit gekommen – „in einer Gesellschaft, die aus den Fugen sozialer und religiöser Bindungen geraten war“. Die Begeisterung aus den Anfangstagen habe offensichtlich zeitlos Bestand. „Sonst hätte das Haus nicht alle Krisen überlebt. Es ist offensichtlich etwas Besonderes, sich für ein derartiges unabhängiges Bürgerprojekt an einem so schönen Ort zu begeistern“, sagte Mogge.

Dr. Mathilde Schaab-Hench, Vorsitzende der „Vereinigung der Freunde von Burg Rothenfels“, stellte das zum Festjahr herausgegebene Buch „Wo wir Gast und Gastgeber sind. Burg Rothenfels – seit 100 Jahren unsere Burg“ vor. Dieses sei ein „typisch Rothenfelser Burg-Werk“. Viele hätten mit großem Engagement ihre Talente eingebracht. So sei eine Dokumentation des vielfältigen Lebens auf der Burg entstanden. Besonders dank zahlreicher bislang unveröffentlichter Fotos sei ein interessanter Überblick mit verschiedenen Schlaglichtern entstanden. Im Rahmen des Jubiläums referiert Dr. Winfried Mogger am 8. März um 20 Uhr auf Burg Rothenfels über „Tarnung, Untergang und Neubeginn, Burg Rothenfels 1933-1952“. Speziell an jugendliches Publikum richtet sich das Festival „Scherer Stein Musik – eine Burg tanzt“ am 26. und 27. Juli. Auf dem Programm steht neben Konzerten mit verschiedenen Bands unter anderem ein Poetry-Slam. Nähere Informationen im Internet unter www.schere-stein-musik.de

Die Vereinigung der Freunde der Burg Rothenfels hat nach eigenen Angaben rund 1000 Mitglieder. Der Vereinsvorstand führt die Geschäfte der Burg ehrenamtlich. Ein ebenfalls ehrenamtlich tätiger Burgrat mit bis zu neun Mitgliedern gestaltet mit dem Bildungsreferenten und dem von den Mitgliedern gewählten Burgpfarrer das Bildungsprogramm und bestimmt die inhaltliche Ausrichtung der Burg. Jährlich übernachten rund 20.000 Menschen im ökumenischen Bildungshaus und der Jugendherberge mit ihren insgesamt 280 Betten. Rudolf Schwarz, einer der wichtigsten Kirchenarchitekten Deutschlands im 20. Jahrhundert, schuf mit der Kapelle und dem Rittersaal auf Burg Rothenfels ein einzigartiges Ensemble. Die Denkmalpflege stuft diese neuen Elemente und die alte, gut erhaltene Stauferburg als national bedeutend ein.

mh (POW)

(0919/0249; E-Mail voraus)

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