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Begleitung für beste Stunde des Tages

Predigt von Weihbischof Helmut Bauer am Samstag, 17. September 2005, anlässlich der Orgelweihe im Juliusspital Würzburg

Liebe Schwestern und Brüder im Herrn !

Vor einiger Zeit haben die Medien berichtet, dass amerikanische Forscher das Untersuchungsergebnis bekannt gegeben haben, wie sich denn Gebet für den Kranken auf den Heilungsprozess der Patienten auswirke. Das erste Ergebnis überraschte nicht: Kranke, die vertrauensvoll in ihrer Krankheit sich im Gebet Gott anvertrauen, gesunden besser als Nichtbetende. Wir wissen aus eigenen Erfahrungen, wie sehr Psyche und Leib aufeinander bezogen sind. Das zweite Ergebnis überraschte die Forschungsgruppe außerordentlich: Kranke, für die gebetet wurde – ob sie darum wussten oder nicht – wurden schneller gesund als andere, für die nicht gebetet wurde.

Liebe Schwestern und Brüder !

Wenn man als gläubiger Mensch dies behaupten würde oder behauptet hätte, hätte man bei vielen Zeitgenossen ein verlegenes Lächeln hervorgerufen. Gebet, Gottesdienst, Fürbitte und Gotteslob in einem Krankenhaus sind also nicht bloß zusätzlich ein freundlicher Service eines Krankenhauses, sondern ergänzen somit den medizinischen Dienst an den Kranken. Sie gehören eigentlich zusammen. Denn das Zusammenspiel von Medizin und Spiritualität, von leiblichen und seelischen Heilkräften, ist eine uralte Erfahrung der Menschheit: der Medizinmann war und ist bei den einfachen Völkern immer auch ein Mann, der die übernatürlichen Heilkräfte in dem Heilungsprozess aktiviert.

Ich weiß: Ich hätte dieses Forschungsergebnis nicht benennen brauchen: Ein Haus, wie das Juliusspital, hat diesbezüglich seine Tradition, seine – wie man heute auch sagt – Philosophie, sagen wir: seinen eigenen spirituellen und geistlichen Hintergrund und seine Herkunft.

Nun sagt man: Singen ist doppeltes Beten. Die Musik ist in der Tat im Gottesdienst, den christlichen Gottesdienstfeiern, nicht bloß eine Weise, die Festlichkeit von Gottesdiensten (besonders von der Eucharistie) zu steigern. Sie ist schon gar nicht ein rein technisches Mittel, den Gesang der Mitfeiernden zusammenzuhalten und mit der Orgel musikalisch zu tragen. Die Musik und das gemeinsame Singen der gottesdienstlichen Gemeinde hat auch eine therapeutische Funktion und eine theologische Dimension.

Dasselbe kann man von der Kunst der Malerei sagen. Bilderstürmerei hat es zwar auch schon in der Christenheit gegeben, aber war doch nicht bestimmend. Und manche Sekten verbannten die Musik aus dem Raum des Heiligen. Natürlich kann man die Kunst um der Kunst willen pflegen, ja anbeten, aber man nimmt der Musik und Malerei eigentlich die Seele und ihr Herzstück, wenn man ihre Gottbezogenheit, transzendentale Ausrichtung missachtet. Beiden: Musik und Malerei, wie auch anderen Künste, wird man richtig gerecht, wenn man ihre tiefste Beziehung zum Göttlichen heraushebt und sie entfalten lässt. Die Malerei vermag im Zusammenhang mit dem gottesdienstlichen Geschehen eine visuelle Hinführung und einen visuellen Nachklang des liturgischen Geschehens zu ermöglichen. Das Bild ist ja nicht flüchtig, sondern es steht den Feiernden vor Augen. Ein Bild und die Malerei sind auf Betrachten, auf das Schauen, auf das Verweilen angelegt. Die Malerei „klingt“ gleichsam lange nach und entfaltet so ihre seelische Wirkung. Man sagt daher: Man kann sich an einem Bild gar nicht satt sehen. Die Musik dagegen hat die Kraft, die Seele augenblicklich zu berühren, das Gewicht, die Größe und Würde eines Augenblicks, einer zeitgebundenen Feier zu erschließen, zu entbinden. Orgelmusik und Chorgesang, Gemeindegesang und Instrumentalmusik geben dem Augenblick, dem Vorbeigehenden, Tiefe und Transzendenz. Gerade die Orgelmusik begleitet mit allen Registern und Klangfarben die beste Stunde des Tages – wie wir auch die Feier der Heiligen Messe bezeichnen. Und ein sonntäglicher Gottesdienst ohne Musik würde von der Seelenstimmung her kein sonntäglicher, festlicher, den Himmel öffnender Gottesdienst sein. Und dann, wenn Musik und Malerei zusammenwirken, sind diese Künste beste Ministranten für den heiligen Dienst. Sie dienen dem göttlichen Ereignis, das in unseren Alltag, in unsere Welt hereinbricht. Sie sind Wegbereiter und Wegweiser zur rechten Christus- und Gottesbegegnung.

Liebe Schwestern und Brüder !

Krank sein, krank werden, kann heute in unserer überaktiven Lebensweise als ein Ereignis erfahren werden, wie es dem Mann im Evangelium auf dem Weg von Jerusalem nach Jericho widerfahren ist. Eine schwere Krankheit ist für uns alle, wie wenn uns einer auf der normalen Straße unseres Lebens überfallen und niedergeschlagen hat. Zu den rein körperlichen Wunden kommt die Erfahrung dazu: Ich liege nun hilflos da. Ich kann mir nicht mehr allein helfen. Ich bin nicht mehr auf der Straße des Lebens. Alles geht anscheinend an mir vorüber. Der Kranke braucht den barmherzigen Samariter, der auch befähigt ist, „Öl und Wein in die Wunde zu gießen“, um Erste Hilfe zu leisten. Aber er braucht auch die Herberge, die ihn schützend und umsorgend begleitet. Wenn wir die Krankheit eines Menschen nicht wie eine technische Panne beim Auto oder Motor ansehen, dann ist ein Spital oder Krankenhaus nicht bloß eine Reparaturwerkstätte oder reine Pannenhilfe. Der Überfallene im Evangelium braucht eine Herberge, um wieder zu gesunden, eine Herberge für Leib und Seele. Die Herberge aber, die letztlich ein kranker Mensch braucht, ist das Herz Gottes, des Erlösers. Und nirgendwo erfahren wir Geborgenheit, Heilung, Annahme, Zuwendung, Fürsorge so sehr als in der Eucharistiefeier der Kirche. Gott ist es, der hier in dieser Herberge helfen will, helfen kann, zur Rekonvaleszenz verhilft. Diese neugestaltete Kapelle will nun zeigen, dass unser Gott ein Freund des Lebens ist, der uns von innen gesund machen will. Dazu haben wir ihm auch jene Hilfsmittel, das Instrumentarium zur Verfügung gestellt, wo wir als leib-seelischen Wesen diese Fürsorge Gottes erfahren können: die ärztliche Betreuung, die fürsorgliche Nähe des Klinikpersonals – und die Liturgie der Kirche, bereichert durch die Orgel und die Kunst der Malerei. Ich denke, hier ist wirklich ein „Sanatorium“, eine Herberge, ein Haus, in dem wir die umfassende Fürsorge des Herrn, des Heilandes Jesu Christi erfahren. Ich denke, dass gerade das Tafelbild der Orgel mit seiner blutroten Farbgestaltung auf die Blutübertragung verweisen kann, die wir durch die Heilige Kommunion erfahren, wenn wir den Leib und das Blut Christi empfangen. Die Orgel kann uns die tröstende Kraft und Stärkung durch die göttliche Liebe aufklingen lassen, dass uns zu Herzen geht, was wir feiern. Gerade im eucharistischen Jahr, das der sterbenskranke Papst Johannes Paul II. noch ausgerufen hat, ist die Neugestaltung dieser Krankenhauskirche Sankt Kilian eine besondere Umsetzung dieser eucharistischen Gedanken und zugleich eine Einladung an alle: Kommt zu mir, die ihr niedergeschlagen seid, krank und schwere Lasten zu tragen habt. Ich will euch Ruhe, Heilung, Stärkung geben. Dank sei dir, barmherziger Samariter Jesus Christus, für deine Hilfe, für deine Herberge. Amen.

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