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Bestsellerautor mit Bodenhaftung

Benediktinerpater Dr. Anselm Grün wird 70 Jahre alt – Ursprünglich wollte er als Missionar nach Korea gehen – „Ohne Gott ist alles absurd“

Münsterschwarzach (POW) Kaffee trinken mit den Angestellten in der Verwaltung der Abtei Münsterschwarzach und ein wenig mit den Mitbrüdern feiern. Seinen 70. Geburtstag will Benediktinerpater Dr. Anselm Grün am Mittwoch, 14. Januar, eher ruhig angehen lassen. „Ich merke, wie mich manches nicht mehr so reizt. Ich werde gelassener“, sagt der Mann mit dem grauen Rauschebart über sich. Er ist einer der meistgelesenen deutschen Autoren der Gegenwart. Seine mehr als 80 Bücher sind in 30 Sprachen erhältlich, seine Vorträge sind Zuschauermagnete. Bei Katholiken- und Kirchentagen sind bei seinen Auftritten regelmäßig die großen Veranstaltungshallen überfüllt.

Am Samstag, 17. Januar, gibt es aus Anlass seines Geburtstags in der Abtei ein Symposion mit Vertretern aus Brasilien, Argentinien, Taiwan, Frankreich, Italien, Polen und Tschechien. „Diese werden  unter anderem darüber sprechen, warum meine Bücher in diesen Ländern gelesen werden.“ Eingeladen zu der Veranstaltung sind Grüns Geschwister, Freunde und Bekannte aus Deutschland. „Der Blockflötist Hans-Jürgen Hufeisen gibt zum Abschluss ein Konzert. Dieses Geschenk gebe ich gerne weiter.“

Für Personenkult und viel Tamtam ist der Ordensmann ohnehin nicht zu haben. Nicht erst zu seinem runden Geburtstag zeigt Grün sich nachdenklich. „Ich frage mich, wie lange geht es mir so gut? Wie lange kann ich noch die Vorträge halten?“ Wenn er auf sein bisheriges Leben zurückschaue, dann spüre er Gott gegenüber eine große Dankbarkeit. „Und ich stelle mich darauf ein loszulassen, so wie 2013 die Aufgabe des Cellerars.“ Das allein war schon eine Aufgabe, mit der andere locker den Tag füllen. Insgesamt 20 zur Abtei Münsterschwarzach gehörende Betriebe hatte der studierte Betriebswirt und promovierte Theologe seit 1976 wirtschaftlich zu führen. Anfangs nicht unbedingt zu seinem Vergnügen, wie er zugibt.

„Als ich mit 19 ins Kloster eintrat, war ich voller Ehrgeiz. Ich wollte in die Mission gehen, am liebsten nach  Korea.“ Weit weg von der Heimat, eine möglichst schwere Sprache mit fremdartiger Schrift erlernen – das war das Abenteuer, das er sich in seiner Jugend im Münchener Vorort Lochham spannend ausgemalt hatte. 1964 war er, gleich nach dem Abitur, das er in Würzburg erwarb, in Münsterschwarzach in den Benediktinerorden eingetreten. Von 1965 bis 1974 vertiefte er sich dann in Sankt Ottilien und an der römischen Universität Sant’Anselmo in Philosophie und Theologie – und schrieb sein erstes Buch. Die Doktorarbeit „Erlösung durch das Kreuz. Karl Rahners Beitrag zu einem heutigen Erlösungsverständnis“ war, weil klassisch wissenschaftlich und daher nicht unbedingt leicht verständlich, im Gegensatz zu vielen seiner späteren Werke noch kein Bestseller.

Die für Grün charakteristische Verbindung von moderner Theologie, den Vordenkern der monastischen Tradition wie Evagrius Ponticus, Johannes Cassian und den Wüstenvätern und der Psychologie C. G. Jungs musste erst grundgelegt werden. Seit 1970 beschäftigte Grün sich mit Mediation, Gruppendynamik und eben der Tiefenpsychologie. Ab 1975 nahm er die Mönchsväter in den Blick – ebenfalls in der Freizeit. Denn zwischen 1974 und 1976 widmete der Benediktiner sich in Nürnberg dem Studium der Betriebswirtschaft.

„Ich bin froh, dass mein Leben so fruchtbar geworden ist. Mein Werdegang war von mir so nie geplant. Ich wollte nicht in erster Linie fürs Kloster zuständig sein, sondern in der Seelsorge tätig sein.“ Schon bei der Erstkommunion habe er in seinem Innersten den Wunsch verspürt, Priester zu werden. Das seelsorgerliche Element hat er nie aus den Augen verloren. „Vielleicht auch deswegen habe ich immer viel anderes nebenbei gemacht“, sagt er mit einem Lächeln. Als Vortragsreisender, Bestsellerautor und eben auch Wirtschaftsexperte sei er auch in Managementkreise gekommen, in die einen Mönch vor 30 Jahren nie jemand eingeladen hätte.

Für die Erdung sorgte neben dem Verwaltungsalltag auch Grüns Einsatz als geistlicher Begleiter im Recollectio-Haus. Seit 1991 kümmert er sich dort um Priester und Ordensleute in Krisensituationen. „Zweifel an Gott habe ich auch schon einmal verspürt. Zum Beispiel, als bei mir Nierenkrebs diagnostiziert wurde und das Organ entfernt werden musste. In solchen Momenten der Gottesferne habe ich aber immer versucht, diesen Gedanken zu Ende zu denken. Meine Erkenntnis: Wenn Gott nur Einbildung ist, dann ist alles absurd.“

Und vielleicht auch deswegen weiß Grün gut, was er im neuen Lebensjahrzehnt alles erledigen möchte, „so Gott will“. Seit er 2013 das Cellerarsamt in jüngere Hände abgegeben hat, hat er mehr Zeit zur freien Verfügung. Und die nutzt er gern für seine zwei großen Leidenschaften. „Weiter schreiben und viel lesen, vor allem die Kirchenväter. Wie haben die damals vom Glauben gesprochen, was kann ich von ihnen lernen? In der Buchhandlung reizen mich wenige aktuelle Bücher.“ Vertiefen möchte er sich auch in die Lektüre der Bibel, erklärt Grün. „Es ist eine spannende Aufgabe, diese Texte immer wieder so zu erläutern, dass die Leute sie heute verstehen.“

Markus Hauck (POW)

(0315/0042; E-Mail voraus)

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