Kloster Kreuzberg (POW) So warm und spätsommerlich war das Wetter bei der Wallfahrt der unterfränkischen Wirte seit fünf Jahren nicht mehr: Sonnenschein und strahlend blauer Himmel umschmiegen den Heiligen Berg der Franken am Montagnachmittag, 16. Oktober. Rund 100 Schaulustige säumen den Wegesrand, als sich der Tross der wallfahrenden Wirte – begleitet von Marschmusik – von unterhalb des Klosters der Wallfahrtskirche nähert. Rund 500 Wirtsleute aus ganz Unterfranken haben sich auf den Weg gemacht, um mit Weihbischof Helmut Bauer Eucharistie zu feiern. Gut 100 von ihnen sind von Haselbach aus, angeführt von Josef Kessler, den Berg hinauf gewandert. Bis auf den letzten Sitzplatz ist das Gotteshaus gefüllt. In den Seitengängen und an der Eingangstür stehen die, die etwas später gekommen sind.
Zum 14. Mal findet die unterfränkische Wirtewallfahrt zum Kreuzberg statt. Rund 500 Frauen und Männer hat sie diesmal angelockt. Gemeinsam mit Weihbischof Helmut Bauer, ihrem „Wirtekaplan“, feiern sie einen Dankgottesdienst, mit feierlicher Flöten- und Orgelmusik. „Willst Du Gottes Schönheit sehen, musst Du in die Berge gehen. Willst Du Gottes Liebe sehen, musst Du unterm Kreuze stehen. Hier am Kreuzberg tun wir beides“, erläutert Weihbischof Bauer in seiner Predigt. Der jährliche Gottesdienst auf dem Kreuzberg sei das Erntedankfest der Wirtsleute. „2006 war ein besonderes Jahr. Bei der Fußball-Weltmeisterschaft durfte ganz Deutschland Gastgeber sein. Und beim Papstbesuch haben wir gespürt: Wer glaubt, ist nicht allein.“ Für solche Erfahrungen gelte es, dankbar zu sein, auch wenn der wirtschaftliche Erfolg vielleicht nicht bei allen so ganz wie erwartet gewesen sei.
Als beklemmend bezeichnet der Weihbischof die Tatsache, dass immer mehr Kinder Opfer von Gewalt sind, dass die Zahl der Abtreibungen weiter hoch ist. „Deutschland hat, wie es scheint, keine Lust mehr, das Leben mit Kindern zu teilen. Denken wir daran: Wer Kinder aussperrt, sperrt letztlich Gott aus.“ An die Wallfahrer appelliert der Weihbischof: „Wir brauchen im Hinblick auf unseren anspruchsvollen Beruf die Ruhe der Nähe Jesu. Wer Begegnung mit ihm erfährt, kann gastfreundlich sein.“ Der Glaube löse aus der Selbstbezogenheit. Wie Zachäus auf den Feigenbaum geklettert sei, um den Blick für Jesus zu öffnen, pilgerten die Wirtsleute auf den Kreuzberg. „Halten wir durch Treue im Gebet die Sehnsucht nach dieser von Gott geschenkten inneren Kraft wach.“ Vor dem Schlussgebet segnet der Weihbischof eine Holzfigur des heiligen Johannes des Täufers, des Schutzpatrons der Gastwirte. Der Bezirksverband Unterfranken des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands (BHG) hat die Schnitzerei vom Bildhauer Günter Metz aus Langenleiten anfertigen lassen. Am Kreuzberg soll sie einen Ehrenplatz finden. „Seien wir wie Johannes offen für die Menschen, und vergessen wir nicht, sie auf Jesus hinzuweisen“, ruft der „Wirtekaplan“ den Gläubigen zu.
Nach dem Gottesdienst strömt die Pilgergruppe in den Antoniussaal. Dort mischt der Duft von Sauerkraut und Leberkäse sich mit Tabakdunst. „Vorsicht, bitte“, ruft eine stämmige Mitvierzigerin und bugsiert ein Tablett mit einem halben Dutzend Bierkrügen durch die engen Gänge zwischen den Tischen. Selbstbedienung heißt das Motto in der Klostergaststätte. Franziskanerbruder Johannes Matthias Tumpach steht Zigarre schmauchend am Eingang des Antoniussaals und schüttelt fleißig Hände.
Er genießt es offensichtlich, sich mit den Frauen und Männern seines Gewerbes auszutauschen. Spätestens beim Anstellen an der Essensausgabe geht das große Hallo unter den Wallfahrern los: Ein Handschlag hier, eine innige Umarmung da. Man kennt sich. „Die Leute kommen nicht wegen Bier und Gottesdienst“, analysiert Walter Nosek den Erfolg. Der Ehrenbezirksvorsitzende des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands (BHG) hat vor 14 Jahren die Wirtewallfahrt initiiert. Er freut sich, dass die Kombination aus Gebet und Beisammensein kein Strohfeuer ist. Allein 65 Personen kommen aus Main-Spessart, je 50 Wirte aus Aschaffenburg und Würzburg, je 40 aus den Kreisverbänden Schweinfurt und Miltenberg, erklärt BHG-Geschäftsführer Michael Schwägerl. Der Rest verteile sich auf die übrigen Kreisverbände.
Nachdem das Kreuzbergblick-Quintett bereits rund eine Stunde lang mit Oberkrainer Weisen für Unterhaltung gesorgt hat, übernimmt der Weihbischof das Wort. Immer wieder unterbricht Applaus seine launigen Geschichtchen von Frommen und weniger Frommen. Beim Kissinger-Hütte-Lied, das der Weihbischof anstimmt, singen die wallfahrenden Wirte kräftig mit. „Auch wenn ich als Weihbischof bald in den Ruhestand gehe: Zu Euch werde ich weiterhin kommen, solange es die Gesundheit zulässt“, verspricht der Weihbischof zum Abschied.
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