Würzburg (POW) Erfolge und Enttäuschungen, Verletzungen und positive Energie. Das alles gab es beim Synodalen Weg der Kirche in Deutschland. Bei fünf Synodalversammlungen hatten 230 Delegierte zwischen 2020 und 2023 über die Zukunft der Kirche debattiert. Auch Katholiken aus dem Bistum Würzburg hatten sich beteiligt. Bei einem Online-Gesprächsabend unter dem Motto „Quo vadis, Synodaler Weg?“ haben drei von ihnen am Montag, 15. Mai, ihre Erfahrungen geschildert.
Der kontroverse Geist des Synodalen Wegs lebte auf, als der Würzburger Bischof Dr. Franz Jung mit zwei weiteren Akteuren des Reformdialogs diskutierte: Schwester Dr. Katharina Ganz, Generaloberin der Oberzeller Franziskanerinnen, und Pastoralreferent Marcus Schuck. Begeistert zeigte sich Ganz über die Gesprächskultur bei den zurückliegenden Synodalversammlungen. Da sei eine „positive Energie“ entstanden und eine ungewöhnliche Offenheit im Austausch zwischen Bischöfen, Priestern, Ordensleuten und Laien. Aus Sicht von Ganz war diese Erfahrung das Wichtigste, was in den drei Jahren zu erleben war. Die Generaloberin hatte als Beraterin im Forum „Frauen in Diensten und Ämtern“ am Synodalen Weg mitgewirkt. Auch Schuck lobte die Atmosphäre bei den Synodalversammlungen. Er war vom „Berufsverband der Pastoralreferent:innen Deutschlands“ als Delegierter entsandt worden. Auf die Frage des Bischofs: „Was würden Sie anders machen?“, antwortete Schuck: „Ich würde mehr auf kleine Gruppen setzen, die miteinander sprechen.“ Er selbst habe die Kleingruppenarbeit als ergiebig wahrgenommen.
Dieser Position schloss sich der Bischof an. Ansonsten blickte er deutlich skeptischer auf die Synodalversammlungen zurück als seine Gesprächspartner. Er erinnerte an Störungen „aus den unterschiedlichsten Richtungen und Motivationen“ sowie an spürbare Verletzungen von Teilnehmern. Angesichts von Emotionalisierungen hätte es mehr Unterbrechungen der Debatte gebraucht. „Was mir am Synodalen Weg am meisten gefehlt hat, war die Freude“, bilanzierte Bischof Jung.
Rund 75 Online-Gäste verfolgten über das Internet die Diskussion im Würzburger Bischofshaus. Im Chat häuften sich die Meinungsbeiträge. Und einige Zuhörer meldeten sich selbst zu Wort. Ein Mann warf den Teilnehmenden des Synodalen Wegs vor, sie hätten Andersdenkende diffamiert und „rausgemobbt“. Diese Wortwahl übernahm der Bischof nicht, aber er räumte ein: Bei Personen, die Minderheitenpositionen vertraten, habe es während der Versammlungen Hemmungen gegeben, sich zu äußern. Aus seiner Sicht hätte die Moderation mehr Wortbeiträge ahnden sollen, um solchen Hemmungen entgegenzuwirken.
Ganz andere Kritikpunkte brachte Ganz vor. Nach ihrer Auffassung hat der Synodale Weg sein eigentliches Ziel verfehlt, nämlich die strukturellen und systemischen Ursachen für Missbrauch in der Kirche zu reformieren. Jede Missbrauchsstudie lege „Systemversagen“ der Kirche offen, doch das System sei unangetastet geblieben, beklagte sie. Sie führte das zum Teil auf die Mahnbriefe aus dem Vatikan zurück, die nach ihren Worten von einer kleinen Minderheit in der Bischofskonferenz „bestellt“ waren.
Bischof Jung berichtete hingegen Positives aus den Reihen der Bischofskonferenz: „Ich fand es ein Highlight, dass die Bischofskonferenz für die fünfte Versammlung erstmals Anträge gestellt hat.“ Auf dieses Zeichen von Einigkeit habe er monatelang hingewirkt. Seine Gesprächspartner hielten dagegen. Den Synodalen sei praktisch nichts anderes übrig geblieben, als die Anträge der Bischöfe im Grundsatz zu billigen, monierte Ganz. Ansonsten wären Mehrheiten unter den Bischöfen wohl nicht zu erreichen gewesen. Auch Schuck wertete kritisch, dass die Synodalen eigene Anträge erarbeitet hatten, die von den Anträgen der Bischöfe dann überholt wurden. Im Lauf der Diskussion wies der Bischof darauf hin: „Verletzungen gibt es auch auf bischöflicher Seite, das ist ganz klar.“ Umso wichtiger sei es jetzt, die Erfahrungen der vergangenen drei Jahre genau zu reflektieren und alle weiteren Schritte im Dialog mit dem Vatikan und unter Einschluss aller deutschen Diözesen zu gehen.
Die Synodalversammlung im März 2023 richtete an den Papst die Bitte, zu prüfen, ob die Zölibatsverpflichtung von der kirchlichen Weihe gelöst werden könne und ob der Diakonat der Frau möglich sei. Bis 2026 sollen Deutsche Bischofskonferenz (DBK) und Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) zudem ein Segensformular vorlegen für alle Paare, die sich lieben. DBK und ZdK hatten den Synodalen Weg gemeinsam verantwortet. Eine Zuhörerin fragte, wie es um die Predigterlaubnis für Laien in der Eucharistiefeier stehe. Bischof Jung stellte fest, dass sich die Bischöfe um eine Erlaubnis des Vatikans bemühen könnten. Ob ein Konsens der Bischöfe erreichbar sei, wisse er nicht. „Mir wäre es wichtig, dass wir in der Bischofskonferenz einen gemeinsamen Weg gehen.“
Diesen gemeinsamen Weg wünscht sich der Bischof auch für die anstehende Bildung eines Synodalen Ausschusses. Dieses Gremium soll nach dem Willen der meisten Synodalen einen „Synodalen Rat“ vorbereiten, in dem Bischöfe, Priester, Ordensleute und Laien dauerhaft zusammenarbeiten. Konsens herrschte auf dem Podium, dass die Befugnisse des geplanten Gremiums mit dem Kirchenrecht vereinbar sein müssten. Römische Bedenken müssten ernst genommen werden, erklärte der Bischof. Im Vatikan besteht die Sorge, dass ein Synodaler Rat die bischöfliche Entscheidungsvollmacht aushebeln könnte. Unklar ist daher auch, ob sich alle deutschen Bischöfe am Synodalen Ausschuss, dem Vorläufergremium, beteiligen werden. Bischof Jung gab bekannt, dass er selbst sowie Pfarrer Dr. Matthias Leineweber dem Synodalen Ausschuss angehören werden. Leineweber hatte beim Synodalen Weg im Forum „Priesterliche Existenz heute“ mitgearbeitet.
Beim Online-Gespräch kristallisierte sich heraus, dass das Bemühen um Einheit nicht für alle Mitwirkenden den gleichen Stellenwert hatte. Ganz bekräftigte, dass kirchliche Reformen nicht aufgeschoben werden könnten, bis von Uganda bis Brasilien alle Ortskirchen die gleichen Sichtweisen hätten. Auch Schuck vertrat die Position, dass die beim Synodalen Weg diskutierten Themen – Machtausübung in der Kirche, die Rollenbilder von Priestern und von Frauen sowie Intimität und Partnerschaft – „nicht noch einmal 15 Jahre warten können, bis sich die Weltkirche einig ist“. Durch Machtausübung in der Kirche würden weiter Menschen verletzt, weshalb Veränderungen dringend notwendig seien. Demgegenüber legte Bischof Jung Wert auf einen möglichst breiten Konsens innerhalb der Kirche in Deutschland. Auch Menschen, die am Althergebrachten hingen, hätten ein Recht auf ihre Form und ihre Spiritualität. Zudem müssten Veränderungen im Dialog mit Rom angestoßen werden. „Ich will keine Nationalkirche“, bekundete der Bischof.
Zum Digitalen Gesprächsabend hatte der Diözesanrat der Katholiken im Bistum Würzburg eingeladen. Diözesanratsvorsitzender Dr. Michael Wolf steuerte seine persönlichen Einschätzungen bei. „Wir leben in extrem interessanten Zeiten“, fasste er zusammen, ein kirchlicher Aufbruch sei im Gang. Die Kirche habe sich immer den Anforderungen der Zeit angepasst. „Wir müssen eine Antwort geben auf die Fragen von heute“, appellierte Wolf.
ub (Würzburger katholisches Sonntagsblatt)
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