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„Da braucht es eine besondere Entscheidung“

Interview mit der Soziologin Professor Dr. Rosemarie Sackmann – „Eine lebenslange Bindung an einen Orden ist nicht mehr zeitgemäß“

 Würzburg (POW) Wer heute den Schritt ins Kloster wagt, wird oft mit Unverständnis konfrontiert. Das Leben als Pater oder Ordensschwester scheint vielen zu eng und fremdbestimmt. Doch das war nicht immer so. Die Soziologin Professor Dr. Rosemarie Sackmann von der Universität Würzburg erklärt im Interview, dass das Klosterleben früher für viele sehr verlockend war.

POW: Warum treten heute weniger Menschen in einen Orden ein als früher?

Professor Dr. Rosemarie Sackmann: Die Gesellschaft hat sich verändert. Idealerweise geht man im Orden ja eine lebenslange Bindung ein. Das ist überhaupt nicht mehr üblich. In einer Welt, in der wir nur kurz getaktet oder oft nur unter Vorbehalt planen können, da soll man sich sein Leben lang mit Haut und Haaren in so eine Institution begeben? Das ist sehr gegen das, was man ansonsten erlebt. Da braucht es eine ganz besondere Entscheidung. Das ist viel stärker, als es früher der Fall gewesen wäre, weil die Sicherheit damals als positiv gesehen wurde. Dagegen wird heute eher der Zwang gesehen. Dass für jemanden, der keinen gefunden hat oder keinen will, das Kloster die erste Wahl wäre, kann man nicht sagen. Inzwischen werden das Alleineleben und das Nicht-Mutter-Werden akzeptiert, was früher gar nicht akzeptabel gewesen wäre. Ein anderer Punkt: Kirche ist nicht mehr so sozialstrukturell präsent. Die Berufsmöglichkeiten sind einfach nicht so präsent.

POW: Welche Vorteile bot ein Ordensleben früher?

Sackmann: Sie können heute nach Afrika gehen, ohne in einen Orden eintreten zu müssen. Es gab eine Menge abenteuerlustige Menschen, denen durch den Eintritt in einen Orden Möglichkeiten offenstanden, die ihnen sonst nicht offengestanden hätten. Selbst meine Mutter wollte in die Mission gehen. Das kommt mir vollkommen unwirklich vor, aber das waren Möglichkeiten, den Raum zu öffnen. Das braucht man heute nicht mehr. Dank des Wohlfahrtsstaats überlebt man auch außerhalb der Familie. In früheren Zeiten war das Ordensleben eine sichere Inklusion in die Gesellschaft. Außerdem war es ein Status, den man als Geistlicher hatte. Das konnte ein ausgesprochen reizvoller Beruf sein.

POW: Welchen Einfluss haben Eltern auf die Entscheidung ihrer Kinder, ins Kloster zu gehen?

Sackmann: Das christliche Elternhaus, in dem man aufwächst mit der Vorstellung, das Größte wäre, Geistlicher zu werden, gibt es heute nur noch selten. Bei meinem Bruder war es so, dass meine Mutter von der Idee gelebt hat, dass er Theologie studiert. Er hat es dann auch gemacht und ist auch sehr glücklich damit geworden, aber das war schon damals relativ ungewöhnlich. Das macht man heute nicht mehr, weil man den Kindern heute nicht mehr vorschreibt, was sie mal werden sollen.

POW: Krankenhäuser, Schulen, Altenheime – was passiert, wenn die soziale Arbeit von Ordensleuten komplett wegfällt?

Sackmann: Das wird dann ein Problem. Eine Möglichkeit wäre ein Freiwilliges Jahr. So ein Angebot, dass man Teil einer Ordensgemeinschaft wird, ohne dass damit ein ewiges Gelübde verbunden ist. Vielleicht wären das Möglichkeiten, wenn sich die Kirche auf so etwas einlassen würde. Dafür würde man leicht Bereitschaft finden. Als Weltkirche könnte die katholische Kirche anderen Organisationen, die junge Menschen in andere Länder entsenden, Konkurrenz machen.

POW: Was würden Sie sagen, wenn Ihnen jemand von seiner Berufung zum Ordensleben erzählt?

Sackmann: „Wow!“, würde ich sagen. Ich würde sicher niemanden davon abhalten, das zu tun. Ich wäre neugierig und würde wissen wollen, wie es dazu kommt. Letztlich geht es darum, dass man das Gefühl hat, es war ein sinnvolles Leben, ich habe einen Beitrag hinterlassen.

                                                              Interview: Christoph Niekamp (POW)

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