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Das bestmögliche Angebot machen

Künftiger Pastoraler Raum „Schwarzach am Main“ zeigt als Pilotprojekt, wie Kirche der Zukunft aussehen kann – Tägliche Livestreams während der Coronakrise

Wiesentheid (POW) Fünf Pfarreiengemeinschaften mit 13 Pfarreien und 27 Kirchen, das ist der künftige Pastorale Raum „Sankt Benedikt (Schwarzach am Main)“. Er erstreckt sich über den Osten des Dekanats Kitzingen. Leitender Pfarrer ist Dekan Peter Göttke. Im Team mit Pater Isaak Grünberger und Pater Philippus Eichenmüller von der Abtei Münsterschwarzach sowie neun weiteren pastoralen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus den verschiedenen pastoralen Berufsgruppen betreut er die 12.600 Gläubigen (Stand: 31.12.2019). Die Leitung des gesamten Pastoralen Raums ist als Doppelspitze aufgebaut. Die Leitung der Verwaltung hat Anja Dürrnagel.

2015 wurden die Dekane von Bischof Dr. Friedhelm Hofmann dazu aufgefordert, neue Formen von Seelsorge und Gemeindeleben zu entwickeln. Auch weil sich bereits damals ein Rückgang des Seelsorgepersonals abzeichnete, dazu gehören auch Diakone sowie Pastoral- und Gemeindereferenten. In den kommenden zehn Jahren wird im Bistum Würzburg ein Rückgang um 30 Prozent erwartet. Im Dekanat Kitzingen kristallisierten sich deswegen zwei Pastorale Räume heraus. Göttke ist seit 2008 Pfarrer von Wiesentheid. Seit dieser Zeit hat er viele Veränderungen erlebt. 2011 wurde er Leiter von drei Pfarreien und insgesamt zehn Kirchorten. Danach übernahm Göttke 2016 die Leitung der Pfarreingemeinschaft „Großlangenheim-Rödelsee“, 2017 kamen die Pfarreiengemeinschaften „Maininsel“ und „Schwarzach-Reupelsdorf-Schwarzenau“ dazu, und 2019 schließlich Obervolkach „Sankt Urban“. Später soll auch noch die Pfarrei Volkach, „Sankt Urban“ mit eingeschlossen werden. Damit würden dann 32 Kirchorte zum Pastoralen Raum „Schwarzach am Main“ gehören.

Um in diesem Gebiet alle Menschen seelsorgerisch zu betreuen, mussten neue Lösungen und Angebote gefunden werden, um ihnen das Gefühl eines gemeinsamen Raumes zu geben. Dabei wird die Fokussierung auf einzelne Gemeinden aufgebrochen. „Man muss die Angebote auf den gesamten Raum denken“, erklärt Göttke. So gibt es im Advent zum Beispiel die Adventstour, die sich über die verschiedenen Orte des künftigen Pastoralen Raums erstreckt. Dabei handelt es sich um eine Art „Adventsfenster“, nur über mehrere Orte verteilt, was den Vorteil hat, dass jeden Tag ein Fenster geöffnet werden kann. Was für jeden Ort alleine schwer zu verwirklichen wäre. Auch die Zusammenarbeit mit den Ehrenamtlichen musste Göttke neu regeln. Insgesamt zwölf Pfarrgemeinderäte gibt es in seinem Gebiet. Damit alle gemeinsam Einfluss auf die Gestaltung des Pastoralen Raumes haben, sitzt jeweils ein Vertreter im Pastoralrat für den künftigen Pastoralen Raum „Schwarzach am Main“. Sie stimmen sich zum Beispiel bei der Verteilung der Gottesdienste an den Hochfesten oder Patrozinien ab. Dabei ist man nicht auf große Kirchen festgelegt, um die Fairness zu wahren. „Wir wollen auf keinen Fall die Kleinen abhängen“, sagt Göttke.

„Normalerweise konnte man sich vor der Coronakrise entweder einen Tag oder eine Gottesdienstform wünschen, und das konnten wir dann meistens umsetzen“, erklärt Göttke. Für gewöhnlich halten die drei Priester an den Wochenenden insgesamt neun Eucharistiefeiern. Jeder eine am Samstagabend sowie sonntags um 9 Uhr und um 10.30 Uhr. Dabei sind keine Gebiete festgelegt, denn die verschiedenen Orte müssen so nah aneinander liegen, dass der Zelebrant die Strecke mit dem Auto zurücklegen und pünktlich beide Gottesdienste beginnen kann. „Wir sind dann meistens alle zeitgleich in verschiedene Richtungen auf der A3 unterwegs. Wir wissen auch genau, wo sich die Funklöcher befinden, falls wir zwischendurch miteinander telefonieren.“ Der Pastorale Raum hat eine Breite von zirka 25 bis 30 Kilometern, schätzt Göttke, das wäre eine Fahrtzeit von einer halben Stunde. Im Jahr kommt er so auf 35.000 bis 40.000 Kilometer, die er dienstlich zurücklegt. Schließlich halten die Priester insgesamt unter der Woche normalerweise auch noch neun oder zehn Eucharistiefeiern. Dazu kommen Sakramentenspendungen und Sondergottesdienste wie Taufen, Trauungen, Krankensalbungen oder Beerdigungen. Für letztere gibt es im künftigen Pastoralen Raum „Schwarzach am Main“ keinen speziellen wöchentlich wechselnden Dienst. „Das würde gar nicht gehen, dazu fallen Beerdigungen zu häufig auf einen Tag.“

Im ganzen Pastoralen Raum gibt es keine territoriale Aufteilung. Auch Göttkes Seelsorgeteam, bestehend aus zwölf Personen auf acht Stellen, ist keiner festen Gemeinde zugewiesen. Stattdessen sind die pastoralen Mitarbeiter kategorial eingeteilt, das bedeutet, sie sind bestimmten Aufgaben zugeteilt, wie Kommunion- oder Firmkatechese, Senioren- oder Ministrantenarbeit. Für Göttke bietet das den klaren Vorteil, dass sich jeder mit seinen Begabungen und Zusatzausbildungen einbringen kann. Durch die Umstrukturierung in ein „Pastoralteam“ sei der Pastorale Raum außerdem attraktiver für Bewerber geworden. „Manche haben sich extra wegen unserer Arbeitsweise im Team bei uns beworben.“ Das sah bei seinem Antritt 2008 in Wiesentheid noch ganz anders aus. „Als ich meine Stelle in Wiesentheid angetreten habe, haben der Diakon und ich alles in der Küche bei einem Kaffee besprochen“, erzählt Göttke. So einfach und kurzfristig ist das heute nicht mehr möglich. Jetzt ist der Organisationsaufwand größer. Vor der Coronakrise hat sich das Pastoralteam wöchentlich in Wiesentheid getroffen, in der Krise dann virtuell. Immer mit dabei ist auch Dürrnagel als Bindeglied zwischen Seelsorge und Verwaltung. Sie erinnert an Fristen, die eingehalten werden müssen, und koordiniert die Termine mit den Pfarrbüros. Außerdem ist sie Ansprechpartnerin für die Kirchenpfleger, wenn es zum Beispiel um das Thema Baumoratorium geht, und entlastet so die Seelsorger von den Verwaltungsaufgaben, die sonst ein Pfarrer als Leiter einer Pfarrei innehat.

Während der Coronakrise hat sich für den Pastoralen Raum vieles verändert. Als keine Gottesdienste mehr gefeiert werden konnten, startete man tägliche Livestreams. Das war dank der eingebauten Kamera in der Wiesentheider Kirche möglich. Dabei wird bis heute abgewechselt zwischen verschiedenen Impulsen und Gottesdiensten. Zum Beispiel gab es Gottesdienste für die Pfadfinder, die Kommunionkinder, die Firmlinge oder einen Floriansgottesdienst für die Feuerwehr. Das Leitungsgespann hat die Erfahrung gemacht, dass die Livestreams gut angenommen werden. Auch von der älteren Generation, die sich dann zum Beispiel ein Tablet oder Laptop zum Geburtstag wünschen würde, das die Kinder oder Enkel morgens einrichten. So können beispielsweise die Senioren die Gottesdienste später schauen.

Auch der Aufbau eines Pastoralen Raums anstelle der einzelnen Pfarreien sei weniger ein Problem für die älteren Generationen. „Die sind viel findiger als wir heute und organisieren sich schon, wie sie zur Messe kommen.“ Skeptiker kommen eher aus der mittleren Generation „Um uns verändert sich so viel, da soll wenigstens die Kirche eine Konstante darstellen. Und in sich verändernden Zeiten werden Antiquitäten interessanter…“, beschreibt Göttke die Situation. Insgesamt wachse das Gemeinschaftsgefühl jedoch. Das ginge aber nicht von heute auf morgen, sondern benötige Zeit und vor allem Transparenz. Außerdem müssten bei der Gestaltung eines „Pastoralen Raums“ konsequent die Ehrenamtlichen mit eingebunden sein.

Für Göttke bietet der Pastorale Raum noch mehr Chancen für die Seelsorge. Zum Beispiel, dass man gezielt nach einen Kindergottesdienst im Pastoralen Raum suchen und diesen dann besuchen kann. So muss nicht jede Gemeinde selbst einen Kindergottesdienst organisieren. Außerdem profitieren die einzelnen Gemeinden voneinander, da bereits ausgebildete Gottesdienstbeauftragte auch in anderen Gemeinden Wortgottesdienste halten können.

Pastorale Räume sind in Göttkes Augen ein Konzept für die Zukunft. Er sagt: „Ich kann nicht alles.“ Im Moment sehe er keine andere Alternative. Im Team sei er nicht auf sich gestellt und die einzelnen Mitglieder könnten gegenseitig blinde Flecken in der Wahrnehmung aufdecken.

ils (POW)

(4820/1210; E-Mail voraus)

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