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„Das Erlösungsgeheimnis holt uns in diesen Tagen ein“

Predigt von Bischof Dr. Friedhelm Hofmann am Gründonnerstag, 24. März 2016, bei der Heiligen Messe vom Letzten Abendmahl im Kiliansdom

Liebe Schwestern und Brüder,

liebe Mitbrüder,

die heiligen drei Tage, die wir heute beginnen, sind im Grunde nur eine einzige zusammenhängende Feier. Wie können wir das erfassen, was wirklich auch innerhalb der Liturgie unter uns geschieht?

Schauen wir auf die Ereignisse der letzten Tage vor Ostern. In die Feier des Abendmahles hat Jesus schon den Verrat, sein Kreuzesmartyrium und seine Auferstehung und Heimkehr zum Vater einbezogen.

Das, was wir am heutigen Gründonnerstag, am morgigen Karfreitag und am Osterfest bedenken, ist nicht nur ein Zurückerinnern an das, was einmal geschehen ist, sondern es ist ein lebendiges in die Gegenwart Hineinholen. Wir ‚spielen’ nicht das nach, was Christus getan und erlitten hat, sondern wir dürfen die darin liegende Erlösungsdimension in unsere Feiern hinein aufrufen. Das darin eingebettete Erlösungsgeheimnis holt uns in diesen Tagen ein! Wir sitzen gleichsam jetzt mit den Jüngern im Abendmahlssaal, stehen morgen unter dem Kreuz auf Golgatha und Ostern am leeren Grab.

Wir dürfen also die großen Zusammenhänge göttlicher Strategie erkennen und uns unmittelbar hineinziehen lassen. Schauen wir auf das Paschafest der Juden. Als Fest des Vorübergangs des Herrn und als Hirtenfest zusammen mit dem Fest der Ungesäuerten Brote zur Erinnerung an die Befreiung aus ägyptischer Knechtschaft wurde und wird es auch heute gefeiert. Jesus hat ganz bewusst das Abendmahl in diese Feier des Pascha hinein gestellt. Die frommen Juden wussten: Wenn sie das Paschamahl begingen, erinnerten sie sich nicht nur an die Heilstaten Gottes bei der Befreiung aus der Knechtschaft Ägyptens und bei der 40-jährigen Wüstenwanderung auf dem Weg in das gelobte Land, sondern Gottes jetzt – wie damals – wirkende Liebe erreichte sie in der Feier des Pascha.

In diesem Wissen hat Jesus das Sakrament der Eucharistie gestiftet als bleibenden Auftrag und Vermächtnis. Er hat dieses Heilsgeschehen den Aposteln anvertraut, damit sein in die Feier des Abendmahles hinein reichendes, uns erlösendes Sterben in jeder zukünftigen heiligen Messe vergegenwärtigt wird.

So wie Jesu Sterben zwar erst am nächsten Tag, dem Karfreitag geschah, so hat es Jesus schon vorher in die Stiftung der Eucharistie einbezogen. Das geht uns auf, wenn wir seine Worte hören: „Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird. ... Das ist der Kelch des neuen und ewigen Bundes, mein Blut, das für euch und für alle vergossen wird zur Vergebung der Sünden.“  Die uns aus seinem freiwilligen Sterben geschenkte Erlösung greift, wenn wir uns auf dieses Geheimnis einlassen.

Was in diesen Tagen unter uns geschieht, ist das uns Hineinholen in die Liebe Gottes. Vielleicht fasst das Stichwort Barmherzigkeit das hinter und in den gefeierten Riten liegende Geheimnis zusammen: Jesus ist als das Wort Gottes aus Barmherzigkeit zu uns Mensch geworden. Er hat aus Barmherzigkeit unser Leben bis in die tiefsten Abgründe hinein geteilt.

Er hat aus Barmherzigkeit den Jüngern die Füße gewaschen. Papst Franziskus hat die darin liegende Sinnspitze geweitet als demütigen Dienst nicht nur an den Aposteln, sondern an allen Schwestern und Brüdern. (Darum wird heute Abend auch hier im Dom Frauen die Füße gewaschen.)

Jesus hat sich aus Barmherzigkeit bis in den Kreuzestod für uns hingegeben. Er hat aus Barmherzigkeit seine bleibende Gegenwart in dieser Weltzeit in seinem Wort und dem Sakrament der Eucharistie ermöglicht.

Papst Franziskus hat am 13. März vergangenen Jahres ein Heiliges Jahr der Barmherzigkeit angekündigt, das heuer greift. Seine Motivation geht auf ein manche Jahre zurückliegendes Tischgespräch in Buenos Aires zurück, als er noch Kardinal war.

Wörtlich sagte der jetzige Papst in einem Interview: „Es wurde darüber diskutiert, was der Papst tun könne, um den Menschen wieder näherzukommen trotz all der scheinbar unlösbaren Probleme der Zeit. Einer der Theologen sagte: ‚ein Heiliges Jahr der Vergebung ausrufen.’ Das ist mir im Gedächtnis geblieben. ... Ich glaube, dass diese Entscheidung im Gebet gereift ist, im Nachdenken über die Lehren und das Zeugnis, das die Päpste vor mir abgelegt haben, im Bild der Kirche als Feldlazarett, wo vor allem die schlimmen Wunden versorgt werden. Eine Kirche, die durch ihre Nähe und Zugänglichkeit das Herz der Menschen erwärmt.“ 

Nun stehen wir mitten in diesem Heiligen Jahr. In unserem Bistum haben wir drei Türen der Barmherzigkeit offen: In Würzburg in der Franziskanerkirche, in Aschaffenburg in der ehemaligen Kapuzinerkirche und demnächst auch auf dem Kreuzberg bei den Franziskanern.

Das Sakrament der Beichte dürfen wir als innigste Erfahrung der Barmherzigkeit Gottes  erleben. Warum tun wir uns damit so schwer? Die vielfältigen Liturgien der Barmherzigkeit Gottes laden uns zur Mitfeier ein. Die geistlichen und leiblichen Werke der Barmherzigkeit fordern uns heraus. Packen wir’s an! Amen.