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Im Gespräch

„Das Gemeinsame unseres Christseins entdecken“

Ökumenekommission veröffentlicht neue Handreichung zur Ökumene – Ökumenereferent Domvikar Professor Dr. Petro Müller erläutert Neuerungen und Hintergründe – Mehr multilaterale Kooperation wegen veränderter Glaubenslandschaft

Würzburg (POW) Der Januar ist von ökumenischen Ereignissen geprägt: Die ökumenische Gebetswoche für die Einheit der Christen gehört ebenso dazu wie der ökumenische Bibelsonntag. Im Bistum Würzburg fand außerdem am vergangenen Wochenende ein ökumenischer Bibeltag statt. Bischof Dr. Franz Jung hat zum ökumenischen Festtag der Bekehrung des heiligen Apostels Paulus am 25. Januar sein Vorwort zur neuen Handreichung für die Ökumene in den Gemeinden des Bistums unterzeichnet. Was der Anlass für die Handreichung ist und welche wesentlichen Neuerungen sich darin finden, erläutert im folgenden Interview Domvikar Professor Dr. Petro Müller, Ökumenereferent des Bistums Würzburg.

POW: Herr Professor Müller, Sie haben zusammen mit der Ökumenekommission des Bistums Würzburg eine neue Handreichung für die Ökumene in den Gemeinden verfasst. Was ist der Anlass für dieses Schreiben?

Domvikar Professor Dr. Petro Müller: Da gab es mehrere Anlässe: Einmal haben wir beim ersten Besuch Bischof Jungs in der Ökumenekommission gemerkt, dass die Veröffentlichung der ersten Handreichung dieser Art bereits zehn Jahre zurücklag und sich sowohl die ökumenische Situation als auch die Strukturen des Bistums verändert haben. Die erste Handreichung war 2009 erschienen und an die Hauptamtlichen in der Pastoral und an die Pfarrgemeinderäte gegangen. Damals waren Pfarreien und Pfarreiengemeinschaften die ersten Ansprechpartner. Jetzt haben wir zudem die großen Pastoralen Räume. Diese sind eher eine Verwaltungseinheit.

POW: Was heißt das konkret?

Müller: Christliche Gemeinden vor Ort müssen sich neu orientieren. Für sie bleibt es wichtig, die bislang gepflegten ökumenischen Kontakte zu anderen Konfessionen zu erneuern. Da ist es gut, frische Tipps beziehungsweise Anregungen mit der Handreichung zu bekommen. Spätestens seit 2015 gibt es zusätzliche, bei uns noch wenig bekannte Kirchen, zum Beispiel die orientalisch-orthodoxen Gemeinden. Da braucht es ebenfalls gute Nachbarschaftskontakte.

POW: Welche besonderen Chancen und Herausforderungen bringt die Veränderung in der christlichen Landschaft Unterfrankens mit sich?

Müller: Unsere Handreichung lädt ein, auf allen Ebenen der Pastoral zu kooperieren. Ökumene lebt ja in mehreren Dimensionen, von der geistlichen Ökumene bis hin zur praktischen Zusammenarbeit. Diese Dimensionen weiten sich noch durch die multilaterale Ökumene. Das heißt, wir haben es nicht nur mit einem Gegenüber zu tun, sondern mit vielen. Neben den evangelischen Gemeinden finden wir auch die aus den byzantinischen, orientalischen und freikirchlichen Traditionen. Das bietet Chancen, auch diese Glaubensgeschwister kennenzulernen und mit ihnen eine gute Geschwisterlichkeit zu leben. Herausfordernd dabei ist, dass es sich um ganz unterschiedliche Geschwister handelt. Ganz wie im wirklichen Leben: Da können Schwestern und Brüder völlig anders „ticken“ und sind doch miteinander verwandt und aufeinander angewiesen.

POW: Welche Neuerungen in dem Dokument sind in Ihren Augen besonders wertvoll?

Müller: Da gibt's einige: Die multilaterale Ausrichtung habe ich gerade schon genannt. Vor Ort haben wir oft nicht nur eine andere Kirche, sondern mehrere; gerade in größeren Ortschaften und Städten. Dann nehmen wir die Brennpunkte der Ökumene in den Blick. Was ist ökumenisch möglich im Umfeld der Feier der Sakramente? Wie kann das Miteinander gut gelingen, etwa in konfessionsverbindenden Ehen und Familien? Was ist bei ökumenischen Gottesdiensten zu beachten, vor allem wenn sie an Sonn- oder Feiertagen stattfinden sollen? Die Handreichung unterstreicht da neu den hohen Stellenwert ökumenischer Gottesdienste und macht mehr möglich als früher. Ganz neu in unserem Bistum ist der Vorschlag, mittels einer Rahmenvereinbarung ökumenische Partnerschaften zu fördern, denn vielerorts täte es gut, gewachsene ökumenische Zusammenarbeit noch zu vertiefen und durch verbindliche Übereinkünfte zu stärken.

POW: Wo lässt sich diese Rahmenvereinbarung nachlesen?

Müller: Ganz einfach: Wir haben sie im Anhang der Handreichung veröffentlicht, weil sie ein eigenes Dokument ist, das man dann für eine Partnerschaft zwischen zwei Gemeinden vor Ort als Grundlage nutzen und gestalten kann. Und man kann sie auch auf der Seite des Ökumenereferats herunterladen.

POW: Was ist, wenn es mehr als zwei Gemeinden gibt, die kooperieren wollen?

Müller: Wenn es mehr als zwei Kirchentypen vor Ort gibt, empfehlen wir die Gründung einer lokalen Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen (ACK). Die Anzahl solcher ACKs im Bistum Würzburg ist übrigens in den vergangenen Jahren erfreulicherweise gewachsen.

POW: Was sagen Sie Menschen, die Angst haben, dass Ökumene die eigene katholische Konfession verwässert?

Müller: Solche Menschen sind mir bislang noch gar nicht begegnet. Ich glaube, wenn man es mit ökumenisch denkenden Menschen zu tun hat, dann gibt es solche Ängste gar nicht. Wer sich ökumenisch engagiert, erlebt ja eine Bereicherung, auch ein tieferes Verständnis des eigenen Glaubens. Da würde ich eher von Schätzen der Ökumene als von Ängsten reden wollen. Dass es dafür immer wieder auch einen theologischen Diskurs zwischen Konfessionen braucht, halte ich für selbstverständlich und notwendig. Ohne diesen käme es vermutlich zu Verflachungen. Deshalb empfehlen wir in der Handreichung auch den theologischen Dialog und weisen auf einige Grundhaltungen der Ökumene hin. Überhaupt gilt: Wer ausreichend über das Glaubenswissen seiner eigenen Konfession Bescheid weiß, wird auch einen respektvollen und guten, ja fruchtbaren Dialog mit seinen ökumenischen Partnern führen können.

POW: Wie sehen Sie grundsätzlich die Zukunft der Ökumene?

Müller: Die sehe ich genauso wie die Zukunft der Kirche. Wenn Menschen sich für ihre Überzeugungen und ihre Interessen engagieren, dann haben beide Zukunft. Auf den christlichen Glauben und die Botschaft des Evangeliums übertragen, steht oder fällt beides mit gutem Willen und entsprechendem Engagement. Gerade hier scheint mir ökumenische Zusammenarbeit wichtig zu sein, denn so können wir einander kennenlernen und stärken, um das Evangelium gemeinsam in die Gesellschaft zu tragen. Und wir bereichern ja nicht nur einander, sondern wir können zeigen, dass wir als Christen gemeinsam für die Menschen da sind. Das ist auch ganz im Sinne der sozialraumorientierten Haltung, die unserem Bischof ein wichtiges Anliegen ist. Es wird uns guttun, kooperativ zu arbeiten und immer besser das Gemeinsame unseres Christseins zu entdecken.

Interview: Markus Hauck (POW)

(0523/0141; E-Mail voraus)

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