POW: Herr Bischof, wo haben Sie in den vergangenen Tagen den Papst persönlich getroffen?
Bischof Friedhelm Hofmann: Am Flughafen in München haben die Bayerischen Ortsbischöfe den Papst begrüßt, so dass ein kurzes Gespräch möglich war. Auch bei verschiedenen anderen Gelegenheiten habe ich ihn gesehen, in Altötting und Regensburg. Die Begegnungen waren aber immer nur recht kurz, so dass keine vertieften Gespräche möglich waren.
POW: Wurden Ihre ganz persönlichen Erwartungen an den Papstbesuch erfüllt?
Bischof Hofmann: Es wurde im Vorfeld immer wieder betont, dass der Papst zu den Wurzeln seines Lebens und Glaubens zurückkehrt. Im Grunde erwartete ich einen Heimatbesuch, bei dem er die frühen Erinnerungen seiner Kindheit wieder aufgreift und sich ihrer auf der neuen und letzten Etappe seines Lebens neu bewusst wird. Es hat sich aber gezeigt, dass dieser Besuch viel mehr ist.
POW: Was macht diese Papstreise durch Bayern so bedeutend?
Bischof Hofmann: Zum einen hat mich die ungeheuere Zahl von Menschen, die den Papst an den Wegen begrüßte und bei den großen Feiern teilnahm, sehr gefreut. Es überraschte mich auch, wie sehr der Papst in seinen einfach gehaltenen Ansprachen eine Tiefe vermittelte, die alle Kernfragen unseres Glaubens und der heutigen Zeit ansprach. Das war alles nicht nur für Bayern und auch nicht nur für Deutschland gedacht. Das hatte zum Teil europäische Ausmaße. Viele seiner Gedanken werden mit Sicherheit für die Weiterentwicklung der Kirche eine große Rolle spielen.
POW: Welche Botschaft ist Ihnen besonders wichtig?
Bischof Hofmann: Sehr gut gefallen hat mir der eindeutige Hinweis des Papstes auf das Glaubensbekenntnis bei der Ökumenischen Vesper. Er hat gesagt, dass jenseits aller theologischen Diskussionen die Einwurzelung in Christus die wirkliche Basis und Voraussetzung für eine weitere Entwicklung der Ökumene ist. Der Papst spricht nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern spricht den Verstand und das Herz an. Er sagt, wir müssen uns von Christus her wieder neu auf den Weg bringen lassen. Und das eben in Liebe.
POW: Was können die Kirchenfernen vom Papstbesuch mitnehmen?
Bischof Hofmann: Den großen Appell, dass Wissenschaft und Glaube nicht zwei voneinander getrennte Blöcke sind, sondern sich sehr wohl miteinander verbinden lassen. Die Frage nach dem Glauben ist keine Randfrage, die man in den persönlichen Bereich des Menschen abdrängen darf. Ganz im Gegenteil: Sie ist die zentrale Überlebensfrage der Gesellschaft im Blick auf die Zukunft.
POW: Haben Sie gewisse Themen vermisst, die Papst Benedikt Ihrer Meinung nach hätte ansprechen sollen? Der evangelische Landesbischof Friedrich hatte eine positive Aussage zum Thema gemeinsame Kommunion von konfessionsverschiedenen Eheleuten erwartet.
Bischof Hofmann: Solche Spezialfragen können bei einem Papstbesuch nicht erörtert werden. Sie müssen in den theologischen Kommissionen besprochen werden. Ich persönlich meine, dass vor einer Interkommunion eine gemeinsame Bußpraxis erörtert werden sollte.
POW: Was nehmen Sie vom Papstbesuch für ihre Arbeit im Bistum Würzburg als Anregung mit?
Bischof Hofmann: Mir ist seine einfache Sprache aufgefallen: Kein wissenschaftliches Vokabular, sondern einfache Worte, die jeder versteht. Dennoch bringt der Papst keine Platitüden vor. Er führt in die Tiefe, er richtet den Blick auf das Entscheidende: die Glaubensfreude, auf die Lebenszusage und Liebe Gottes, auch auf die Liebe untereinander.
POW: Wie beurteilen Sie das überwiegend positive Medienecho auf die Bayernreise von Benedikt XVI.?
Bischof Hofmann: Ich habe in diesen Tagen weniger die Presse studiert, weil ich ja bei all den Veranstaltungen dabei war. Ich meine, man soll es nicht überziehen, nicht eine Jubelstimmung bringen, die nachher in eine Katerstimmung abfällt.
POW: Einige Medien haben die Zahl der Besucher als enttäuschend bezeichnet, weil zum Beispiel in München „nur“ 250.000 Gläubige am Gottesdienst teilnahmen.
Bischof Hofmann: Wir wissen nicht, wie viele Hunderttausende in München, Altötting und Regensburg an den Straßen standen. In Regensburg war eine ungeheure Begeisterung zu spüren, als der Papst mit dem Hubschrauber landete. Auf dem Islinger Feld waren mehr als 200.000 Menschen. Denken Sie daran, dass es ein Wochentag war, an dem die Leute normalerweise arbeiten müssen. Zu den Kirchentagen kommen vielleicht 30000. Insgesamt waren während des Papstbesuchs insgesamt mindestens eine dreiviertel Million Menschen vor Ort. Angesichts dieser Zahlen von einer Enttäuschung zu sprechen, halte ich nicht für gerechtfertigt.
POW: Sind sie sicher, dass alle aus religiösen Gründen kommen? Oder ist es bei manchen auch wegen des Events oder des deutschen Papstes?
Bischof Hofmann: Das kann man nicht ausschließen. Doch die Anstrengungen der Pilger waren zu groß, um nur als oberflächlich bewertet zu werden. Wer macht sich schon nachts um zwei Uhr auf den Weg, um dann um zehn Uhr an einem Gottesdienst teilzunehmen? Da steckt mehr dahinter als nur der Wille, den Papst – wie einen gewöhnlichen Prominenten– einmal live zu sehen. Wenn das ein Teil der Motivation ist: Warum nicht?
POW: Braucht es mehr solcher kirchlichen Großereignisse, damit die Gläubigen spüren, dass sie keine Einzelkämpfer sind?
Bischof Hofmann: Es ist wichtig zu erleben, dass die Christen eine auch zahlenmäßig bedeutende Gruppe sind. Die Veranstaltungen zum Papstbesuch haben Maßstäbe gesetzt: Keine Alkoholexzesse, keine Gewalt, aber eine große Freude aus dem Glauben heraus.
POW: Der Papst hat sich ein umfangreiches Programm zugemutet. Wie gut kann er das in seinem Alter noch bewältigen?
Bischof Hofmann: Man sieht ihm manchmal schon an, dass das Besuchsprogramm ihn wirklich ganz fordert. Aber er ist von einer solchen inneren Bereitschaft, von einer Wachheit, die sich durchaus auch auf einen Einzelnen richtet. Nach dem Kommunion-Austeilen am Islinger Feld sah er einen Priester, den er aus früher Jugend kannte. Der Papst rief ihm über den Altar hinweg zu: Franz! Er lief auf ihn zu, nahm ihn am Arm und fragte ihn, wie es ihm geht. Bei dem großen Rahmen hatte der Papst noch den Blick für einen Einzelnen. Das zeigt, wie intensiv der Papst seinen Besuch auch für die persönliche Begegnung nutzt.
POW: Glauben Sie, dass sich der Papstbesuch in einem Anstieg der Kircheneintritte widerspiegeln wird?
Bischof Hofmann: Das glaube ich nicht. Wir haben wohl schon in der letzten Zeit steigende Kircheneintrittszahlen, sowohl was Erwachsenentaufen angeht, als auch die Wiedereintritte. Man kann aber nicht ausschließen, dass der eine oder andere durch dieses Erlebnis des Papstbesuchs sein Verhältnis zur Kirche überdenkt.
POW: Wann verabschieden Sie sich persönlich vom Papst?
Bischof Hofmann: Am Münchener Flughafen. Ich werde ihn aber bald wieder sehen: Die Ad-Limina-Besuche der deutschen Bischöfe stehen im November an.
Interview: Markus Hauck (POW)
(3706/1233; E-Mail voraus)
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