Hinweis

Ihre Browserversion wird leider nicht mehr unterstüzt. Dies kann dazu führen, dass Webseiten nicht mehr fehlerfrei dargestellt werden und stellt ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Wir empfehlen Ihnen, Ihren Browser zu aktualisieren oder einen der folgenden Browser zu verwenden:

„Das Kreuz Christi als wesentliches Element“

Predigt von Bischof Dr. Friedhelm beim Dankgottesdienst für Papst Franziskus am Sonntag, 17. März, im Würzburger Kiliansdom

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Mitbrüder,

wie ein Paukenschlag traf uns am 11. Februar die schlicht vorgetragene Nachricht von Papst Benedikt XVI., dass er am 28. Februar als Papst vom Petrusamt zurücktreten werde. Die Welt horchte auf. Seit Coelestin V. (1294) war dies nicht mehr vorgekommen. Der Papst begründete seine Absicht damit, dass seine geistigen und körperlichen Kräfte so nachlassen, dass er die Bürde dieses Dienstamtes nicht mehr werde tragen können. Großes Verständnis und tiefe Dankbarkeit für seinen leuchtenden Hirtendienst brandete ihm weltweit entgegen.

Genau so überrascht wurde die Weltöffentlichkeit über die wohl kaum erwartete schnelle Wahl seines Nachfolgers. Als am vergangenen Mittwoch, den 13. März, um 19.06 Uhr weißer Rauch aus dem Schornstein der Sixtinischen Kapelle quoll, unterbrachen die Fernseh- und Rundfunkstationen ihre Sendungen, um die Neuigkeit „Habemus papam“ zu melden. Nach gut einer Stunde trat der im fünften Wahlgang zum Bischof von Rom gewählte Papst auf die Loggia des Petersdomes. Begeisternde Viva-Rufe wichen einer kurzen Stille, als der Name des gewählten Kardinals verkündet wurde: Jorge Mario Kardinal Bergolgio. Ähnlich wie nach der Wahl von Papst Johannes Paul II. als er mit seinem bisherigen Namen genannt wurde – Karol Kardinal Woytila – wurde es ganz still unter den Zigtausenden auf dem Petersplatz. Viele Namen wurden in der Zeit vor dem Konklave genannt. Dieser Name offensichtlich nicht.

Demütig, schlicht stand dann der soeben gewählte (268.) Papst wie angewurzelt vor der erwartungsvollen Menge und verharrte Sekunden in Stille.

Als der Jubel abgebrandet war, grüßte er alle bescheiden, dankte seinem Vorgänger, Papst Benedikt XVI. und bat die Gläubigen ihn zuerst zu segnen. Dann spendete er zum ersten Male als Papst Franziskus den Segen.

Die erste Überraschung bestand darin, dass der neue Papst aus Lateinamerika kommt. Im Vorfeld war ja viel darüber spekuliert worden, dass die Zeit für einen Nicht-Europäer gekommen sei. Nun kam der Erwählte aus dem südamerikanischen Kontinent, in dem ein Großteil der 1,2 Milliarden Katholiken wohnt. Als Bischof von Buenos Aires in Argentinien hatte er die Nöte seiner Mitchristen hautnah erlebt und – wie berichtet wird – einen ganz einfachen Lebensstil gepflegt.

Zum ersten Male übernimmt mit ihm auch ein Jesuit den Stuhl des heiligen Petrus. Mehr aber noch lässt seine Namensgebung aufhorchen: Franziskus. Ein Jesuit, der den Namen des Gründers des Franziskanerordens wählt, verbindet damit eine programmatische Aussage:

Der heilige Franziskus von Assisi, der von Hause aus alle Voraussetzungen für ein genussvolles Leben hatte, krempelte die Kirche um, weil er sich selbst von Grund auf veränderte. Die Legende berichtet, dass er im Jahre 1205 von Christus den Auftrag erhalten habe: „Franziskus, geh und baue mein Haus wieder auf, das, wie du siehst, ganz und gar in Verfall gerät.“ – Gilt diese Weisung nicht auch für den jetzigen Heiligen Vater?

Vor genau zehn Jahren, am 11. Februar 2003, hatte Papst Johannes Paul der II. gesagt: „Die Welt braucht einen neuen heiligen Franziskus von Assisi! Am Beginn des dritten Jahrtausends wartet die Menschheit und die Welt vielleicht mehr denn je darauf, vom Geist des heiligen Franziskus durchdrungen zu werden.“

Wie ist die Kirche in den letzten Jahren durch viele bittere Vorkommnisse erschüttert worden. Wie leiden wir alle unter vielfältigen Angriffen – verbal oder weltweit auch handfest.

Papst Franziskus hat selbst schon nach großer Anerkennung und Lob, nach vielen Glückwünschen aus aller Welt, erfahren müssen, dass auch er Beschuldigungen ausgesetzt ist. Dabei bestätigen Zeugen (Leonardo Boff), dass er als Provinzial der Jesuiten in Argentinien „viele gerettet und versteckt hat, die von der Militärdiktatur (1976-1983) verfolgt wurden.“

Zweifellos steht auch für ihn Christus im Zentrum, doch galt sein erster Besuch der Gottesmutter in der römischen Marienbasilika Santa Maria Maggiore. Die marianische Ausrichtung seines Pontifikates dürfte damit angesprochen sein. Dann aber hat er nicht ohne Grund in der ersten heiligen Messe als Papst mit den Kardinälen in der Sixtinischen Kapelle das Kreuz Christi als wesentliches Element unseres Glaubens und unserer Lebenshaltung betont. Wir kommen am Kreuztragen nicht vorbei.

Nachdem er seinem Vorgänger, Papst Benedikt XVI., bescheinigt hat, dass er „im Inneren unserer Herzen eine Flamme entzündet hat“ (Tagespost, 16.03.13) bekannte der Papst, dass „der Heilige Geist … die Seele der Kirche (sei)“. Nicht Pessimismus, den der Teufel uns jeden Tage anbiete, sei angesagt, sondern das Vertrauen in den Heiligen Geist, der „die Seele der Kirche (sei)“. Es sei an der Zeit, „das Evangelium in alle Winkel der Welt zu tragen.“

Das, liebe Schwestern und Brüder, ist die Mitte unseres Erlösungsglaubens. Wir können die Botschaft unserer Erlösung durch Christus durch die wir eine ewige Zukunft haben, nicht für uns behalten. Unser Glaube drängt uns, allen Menschen diese Nachricht weiter zu geben, damit auch sie das Leben in Fülle erhalten.

Die Texte des heutigen fünften Fastensonntags scheinen geradezu auf das neue Pontifikat hin zu führen: Jesaja lehrt – wir hörten es eben in der ersten Lesung – sein verängstigtes Volk, dass Gott, der Schöpfer und Erlöser auch immer ein Gott der Zukunft ist! Unsere Verkündigung der Heilstaten Gottes finden erst zukünftig ihre durchschlagende Vollendung. So sagt Jesaja wörtlich: „Der Herr spricht: ... Seht her, nun mache ich etwas Neues. Schon kommt es zum Vorschein, merkt ihr es nicht?“ (Jes 43, 19)

Und im Philipperbrief bekennt Paulus, was vor Gott wirklich gilt:

Nicht eigene Leistungen und Taten, sondern „nur der vertrauende Glaube, der sich immer neu von der Wahrheit Christi und von der Macht seiner Liebe ergreifen und prägen lässt.“ (Schott-Messbuch, C, 121) Paulus hat alles um Christi willen aufgegeben. Geht es dem jetzigen Heiligen Vater nicht auch so? Muss er nicht völlig sein Leben umkrempeln, um als Nachfolger des heiligen Petrus in Rom zu leben?

Im heutigen Evangelium von der Frau, die beim Ehebruch ertappt worden war, stellt Jesus jede Selbstgerechtigkeit auf den Kopf. Die List seiner Gegner bringt er zu Fall. Sie wollen ihn nur des Unglaubens und der Gesetzlosigkeit überführen. Er aber demaskiert sie – und auch uns indem er sagt: „Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als erster einen Stein auf sie.“ (Joh 8,7) Heute erleben wir oft genug, dass mit großen Steinen geworfen wird, obwohl wir alle im Glashaus sitzen! Viele versuchen von der eigenen Schuld abzulenken, indem sie andere anklagen.

Christus erteilt uns im heutigen Evangelium eine Lektion: Wir haben kein Recht, auf andere Steine zu werfen. Wir sollten uns selbst im Spiegel des Evangeliums betrachten und uns verändern. Die Welt verändern wir nur, wenn wir bei uns anfangen.

Der heutige 5. Fastensonntag, an dem wir Gott für diesen neuen Papst Franziskus danken, ist auch zugleich der Misereor-Sonntag. Unser Blick wird auch hier weltweit auf die Not der Menschen gelenkt, die unsere Anteilnahme und konkrete Unterstützung brauchen. „Wir haben Hunger satt!“, lautet das Leitwort der diesjährigen Misereor-Aktion. Hier und jetzt können wir mit der Umkehr bei uns selbst anfangen, indem wir tatkräftig an einer gerechteren Welt mitarbeiten.

Amen.