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„Das Unrecht aus dem Dunkel holen“

Insta-Talk mit Bischof Jung und Professorin Dr. Anja Amend-Traut über die Arbeit der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch

Würzburg (POW) „Ich möchte das an den Schutzbefohlenen begangene Unrecht aus dem Dunkel hervorholen. Auch unter Preisgabe der überkommenen Grundhaltung, die Kirche müsse um jeden Preis geschützt werden.“ Das hat Professorin Dr. Anja Amend-Traut im Insta-Talk mit Bischof Dr. Franz Jung am Montagabend, 10. Januar, betont. Amend-Traut ist Vorsitzende der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch im Bistum Würzburg sowie Inhaberin des Lehrstuhls für Deutsche und Europäische Rechtsgeschichte, Kirchenrecht und Bürgerliches Recht an der Universität Würzburg. Mit Bischof Jung sprach sie auf dem Social-Media-Kanal Instagram @bistumwuerzburg über die Arbeit der Aufarbeitungskommission und den Umgang der Kirche mit sexuellem Missbrauch.

Zu den Aufgaben der Aufarbeitungskommission gehöre unter anderem die Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch in der Vergangenheit. Unabhängig davon, dass etliche Fälle bereits verjährt seien, müsse das erlittene Leid aufgearbeitet werden, sagte Amend-Traut. Die Kommission begleite zudem das Forschungsprojekt der Universität Würzburg zur historiographischen Erforschung von Missbrauch durch Priester seit 1945. Bei der Aufarbeitung gehe es einerseits darum, das Leid der Betroffenen aus dem Dunkeln herauszuholen. Es gehe aber auch um die Frage: Welche Strukturen haben es überhaupt ermöglicht, dass es zu dieser eminent hohen Zahl von Missbrauchsfällen kommen konnte? „Meine Arbeit sehe ich persönlich darin, dieses Unrecht und das Leid der Betroffenen anzuerkennen und einen Reflexionsprozess in Gang zu setzen. Es geht darum, Schlussfolgerungen für den Schutz von Kindern und Jugendlichen in diözesanen Obhutsverhältnissen zu ziehen.“

In der MHG-Studie werde immer wieder auf den Zölibat als einen begünstigenden Faktor für Missbrauch hingewiesen, sagte Amend-Traut. Bischof Jung sah das Problem weniger im Zölibat an sich, sondern darin, welche Menschen sich von dieser Lebensform angezogen fühlen: „Sind es Personen, die sich gegebenenfalls nicht mit der eigenen Sexualität auseinandergesetzt haben oder nicht gereift sind in ihrer Sexualität?“ Die Studie habe auch ergeben, dass Missbrauchstaten oftmals rund 14 Jahre nach Dienstbeginn begangen würden. Das sei eine Lebensphase, in der sich ganz grundsätzliche Fragen stellen würden. Dazu kämen laut Studie Risikofaktoren wie beispielsweise Überforderung. Das Bistum habe darauf mit einem Projekt in Zusammenarbeit mit dem Recollectio-Haus der Abtei Münsterschwarzach reagiert. Dabei gehe es unter anderem darum, den eigenen Umgang mit dem Amt und den Menschen zu reflektieren sowie um Fragen der sexuellen Reife. Darüber hinaus würden im Bistum beispielsweise Präventionsschulungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angeboten. „Insgesamt ist der ganze Prozess seit 2010 ein sehr intensiver, auch schmerzlicher Lernprozess für die Kirche gewesen, in dem immer wieder neue Aspekte dieses Themas sichtbar geworden sind. Es gibt nicht nur den Einzeltäter, sondern es gibt auch in der Institution Faktoren, die so etwas begünstigt beziehungsweise den Umgang damit verschleiert oder vertuscht haben“, sagte der Bischof.

„Immer im Zentrum stehen sollten die Betroffenen. Ich kann das gar nicht oft genug wiederholen“, betonte Amend-Traut. Sie warnte aber auch davor, die Betroffenen mit den Schritten, die man für sie unternehme, nicht zu retraumatisieren. Bischof Jung dankte ihr für ihre Bereitschaft, die Aufarbeitungskommission zu leiten. Er freue sich immer über offene Rückmeldungen, denn daraus lerne man auch. „Alles Gute für das neue Jahr und alles, was Sie sich vorgenommen haben.“

Das komplette, rund 30-minütige Gespräch kann im Internet auf dem YouTube-Kanal des Bistums Würzburg angesehen werden.

sti (POW)

(0222/0045; E-Mail voraus)

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