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Dokumentation

„Dem Kommenden: Ja!“

Predigt von Weihbischof Ulrich Boom bei der Pontifikalmesse zum 40. Jubiläum seiner Priesterweihe am Sonntag, 25. Februar, im Würzburger Kiliansdom

„Bald naht die Nacht. Dem Vergangenen: Dank, dem Kommenden: Ja!“ Ich habe diese Worte von Dag Hammarskjöld (1905-1961) aus seinem Tagebuch zum Jahreswechsel 1952/53 immer wieder gerne zitiert. Es stimmt erst recht für heute. Ich darf auf 40 Jahre priesterlichen Dienst zurückblicken. Vergleiche ich die 40 Jahre mit den 40 Jahren des Exodus vom Volk Israel, so darf ich dankbar zurückschauen. Gewiss gab es Streckenabschnitte mit Fragen und Zweifeln, ich durfte aber auch unerhofft und unerwartet erleben, dass die Wüste lebt. Ich bin dankbar für diesen Weg, dankbar für das, was meine Eltern, meine Familie, viele Freunde und Freundinnen mir mitgegeben haben. Dankbar für die vielen Menschen, mit denen ich zusammen Wege des Suchens und Fragens gehen durfte, und die mich geprägt haben, in den Gemeinden, in der Kirche, in der weiten Welt.

„Dem Kommenden: Ja!“ Mose wird nach dem 40-jährigen Wüstenzug das gelobte Land nicht betreten. Er darf einen Blick vom Berg Nebo in die Zukunft werfen. Er weiß von der Fruchtbarkeit im Neuland, aber auch von den Riesen (Num 13), die als Probleme auf sein Volk warten. Das Volk wird bis tief zum Jordan hinabsteigen müssen, bevor das neue Land in Besitz genommen wird.

Ja, ich bin dankbar. Dreimal durfte ich hier unter der Vierung unseres Doms liegen: bei meiner Diakonen-, Priester- und Bischofsweihe. Immer mit dem Blick auf den Boden. Ein beeindruckender Moment in der Weiheliturgie. Wie wenn dem Kandidaten gesagt wird: „Schau dir die Erde gut an. Daher kommst du, dahin gehst du, für die Erde bist du da.“ Ich weiß, dass ich nicht alles eingelöst habe und auch zukünftig nicht mehr alles einlösen kann, was mir in den Weihen mitgegeben wurde: „Empfange das Evangelium Christi: Zu seiner Verkündigung bist du bestellt. Was du liest, ergreife im Glauben, was du glaubst, das verkünde, und was du verkündest, erfülle im Leben.“ – „Empfange die Gaben des Volkes für die Feier des Opfers. Bedenke, was du tust, ahme nach, was du vollziehst und stelle dein Leben unter das Geheimnis des Kreuzes.“ – „Der Stab als Zeichen des Hirtenamtes. Trage Sorge für die ganze Herde Christi“. Großes und Schönes wird einem Menschen zugetraut. Aber immer wieder bleibe ich hinter dem Anspruch zurück. Versagen und Scheitern bleibt an der Tagesordnung. Trotzdem will ich sagen, dass ich gern Diakon, Priester und Bischof bin. Ich lerne immer noch, was ich als Primizspruch damals gewählt habe, ein Wort von Charles de Foucauld einzulösen: „Je mehr ich herabsteigen werde, desto mehr werde ich mit Jesus sein.“ Also der Erde mit ihren Menschen ganz nah.

Wahrscheinlich werde ich ein viertes Mal hier liegen in absehbarer Zeit. Dann nicht mit den Augen zur Erde, sondern mit den Augen zum Himmel. Das irdische Auge ist erloschen. Ich hoffe, dann erfüllt sich, was ich erhofft und gesucht habe. Dann ganz nah mit Jesus zu sein. „Dem Kommenden: Ja!“

Die Schriftlesungen vom heutigen zweiten Fastensonntag bringen es auf den Punkt. Die Lesung aus dem Buch Genesis mit dem Opfer des Vaters Abraham. Sie gehört zu den Lesungen der Osternacht. Diese sollten nicht fehlen. Es geht um das grenzenlose Vertrauen in Gott. Gott will nicht Menschen opfern, er will Barmherzigkeit. Gottes Macht und Liebe ist immer größer als wir je denken können. Welch ein Zuspruch des Paulus an die Gemeinde in Rom: „Ist Gott für uns, wer ist dann gegen uns? Er hat seinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern ihn für uns alle hingegeben – wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken?“ (Röm 8,31 b -32). Gott steigt in diese Erde hinab bis in den Tod, um uns die Angst vor dem Leben und vor dem Tod zu nehmen. Er will uns in ein Leben in Fülle führen. An jedem Sonntag und in jeder Feier der Eucharistie nimmt uns Jesus mit auf einen hohen Berg, so wie wir es im heutigen Evangelium gehört haben. Wir schauen Ostern, schauen, was wir hoffen und glauben dürfen: Alles kommt zur Vollendung und wird verwandelt durch die Liebe Gottes, die sich zeigt in Jesus, dem Christus. Wir möchten bleiben, aber Jesus steigt mit Petrus, Jakobus und Johannes hinab ins Tal, in die Niederungen des Alltags. Mit Jesus sein heißt, immer auch mit und bei den Menschen zu sein. Ich erfeue mich an der Feier der Liturgien, aber entscheidend ist der Alltag. In den Alltag geht der Herr uns immer voraus.

Ich habe begonnen mit einem Wort von Dag Hammarskjöld, dem zweiten Generalsekretär der Vereinten Nationen. Er war Politiker und Mystiker. Sein Tagebuch „Zeichen am Weg“ war und ist mir immer wieder eine wichtige Lektüre. Ende 1954 schreibt er ein Gebet. Ich möchte es an den Schluss meiner Gedanken zum 40-jährigen Priesterweihejubiläum setzen:

„Du, der über uns ist,

Du, der einer von uns ist,

Du, der ist –

auch in uns;

dass alle dich sehen – auch in mir,

dass ich den Weg bereite für dich,

dass ich danke für alles, was mir widerfuhr.

Dass ich dabei nicht vergesse der anderen Not.

Behalte mich in deiner Liebe,

so wie du willst, dass andere bleiben in der meinen.

Möchte sich alles in diesem meinem Wesen zu deiner Ehre wenden,

und möchte ich nie verzweifeln.

Denn ich bin unter deiner Hand,

und alle Kraft und Güte sind in dir.

Gib mir einen reinen Sinn – dass ich dich erblicke,

einen demütigen Sinn – dass ich dich höre,

einen liebenden Sinn – dass ich dir diene,

einen gläubigen Sinn – dass ich in dir bleibe.“

Amen.