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Den großen Fragen auf der Spur

Sonderausstellung „Nicht nur Leipzig!“ im Museum am Dom zeigt Kunst aus Ostdeutschland – Meist figurative Werke mit Bezug zur christlichen Bildersprache

Würzburg (POW) Den Kopf auf die Brust gesenkt, die Arme weit nach hinten in Richtung Himmel gestreckt, steht der Mann da. Das Hemd ist offen, die Ärmel sind nach oben gekrempelt. Der einzig sichtbare Unterschenkel ist entblößt. Bis zur Hüfthöhe kauern und liegen um ihn herum resigniert, schlafend oder tot wirkende Frauen, Männer, Kinder. Am Himmel eine blasse Erdkugel, um die herum Hubschrauber, Satelliten, aber auch Ritter mit Fackeln in der Hand oder ein Mann mit Krone zu sehen sind.

Das Gemälde „Mahnung“ von Werner Tübke ist eines der 62 Werke ostdeutscher Künstler, die derzeit in der Sonderschau „Nicht nur Leipzig!“ im Würzburger Museum am Dom zu sehen sind. Das Konzept hinter der Ausstellung: Es soll deutlich werden, dass es auch jenseits der bekannten Vertreter der so genannten „Leipziger Schule“ um Bernhard Heisig, Wolfgang Mattheuer oder Werner Tübke und deren „Enkel“ Michael Triegel herausragende Kunstzentren und Künstler im Osten gab.

„Die umfangreiche Sammlung ostdeutscher Kunst habe ich seit den 1990er Jahren aufgebaut“, erklärte Domkapitular Dr. Jürgen Lenssen, Bau- und Kunstreferent des Bistums Würzburg, bei einer Presseführung am Donnerstag, 2. Mai, zur Eröffnung der Sonderschau. Lenssens Kontakte in die ehemalige DDR reichen zurück bis in die 1970er Jahre. Damals beherbergte er einige Zeit als Kuratus von Dittelbrunn unter anderem den Komponisten und Kantor Peter Rompf sowie den Maler Jürgen Jentzsch, die die DDR verlassen mussten, weil sie in Frankfurt an der Oder einen kritischen Kreis gebildet hatten. Wie bedeutend die Würzburger Sammlung ist, macht der „Bildatlas: Kunst in der DDR“ deutlich: Als einziges Museum in den alten Bundesländern hat das Museum am Dom darin einen Eintrag. Nicht ohne Stolz erzählte Lenssen, dass Mattheuer bei der Einweihung des Museums im Jahr 2003 gesagt habe: „Endlich ein Museum, das uns ernst nimmt!“

Für Lenssen ist allen gezeigten Werken gemein, dass sie den Menschen in den Blick nehmen. „Auch wenn die Künstler meist nicht religiös waren, so befanden sie sich, wie auch die Kirche, auf der Suche nach der Bedeutung des Lebens und auch nach der Transzendenz menschlicher Existenz.“ Der Bilderkanon des real existierenden Sozialismus sei spätestens mit Beginn der 1970er Jahre als langweilig und nicht mehr zielführend empfunden worden. „Für existenzielle Fragen gibt es in der biblisch-christlichen Ikonografie und in den antiken Sagen weitaus bessere Motive.“ Die Künstler im Osten, handwerklich auf höchstem Niveau, schufen ihre Werke nahezu alle in figurativer Ausgestaltung. Im Westen dagegen galt diese Richtung, bedingt durch die Anbiederung zahlreicher Künstler an die Nationalsozialisten, nach dem Krieg als verfemt. Dort wandte man sich im großen Stil der Abstraktion zu.

Eher abstrakt oder zumindest in der Formensprache stark reduziert sind die Werke eines der wenigen genuin christlichen Künstler aus dem Osten: Plastiken von Friedrich Press, dessen Nachlass mit über 3700 Zeichnungen und mehr als 120 plastischen Werken im Besitz des Bistums Würzburg ist, nehmen einen großen Teil im Zwischengeschoss des Museums am Dom ein.

In der Ausstellungshalle im Keller haben die Kuratoren Dr. Jürgen Emmert und Michael Koller die Plastiken, Grafiken und Gemälde nach Orten sortiert und platziert. „Die erläuternden Texte haben wir so knapp wie nötig gehalten, damit die Besucher nicht ermüdet werden“, sagte Emmert. Wie in der Dauerausstellung, ist auch bei der Sonderschau eine Gegenüberstellung von zeitgenössischer und historischer Kunst zu finden: Ulrich Hachulla hat für seine Studie „Demütigung“ eindeutig Anleihen bei alten Meistern genommen. Wie bei der Passion Christi in einer flandrischen Darstellung aus dem 16. Jahrhundert ist ein Leidender zentral dargestellt, das leicht zur Seite geneigte Haupt hat die Augen geschlossen. Die Gesichtszüge lassen erlittenen Schmerz erkennen. Anders als beim Vorbild sieht der Betrachter die Szene nicht aus der Distanz, sondern ist durch den beschnittenen Rand wie mit dem Teleobjektiv mitten hinein gezoomt.

Die Ausstellung „Nicht nur Leipzig! Kunst aus Ostdeutschland im Würzburger Museum am Dom“ ist bis zum 8. September zu sehen. Nähere Informationen im Internet unter www.museum-am-dom.de.

mh (POW)

(1913/0502; E-Mail voraus)

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