Liebe Schwestern und Brüder,
nur wer nachdenkt, kommt zum Danken. Wer dagegen einfach so in den Tag hineinlebt, der übersieht die Chance, innezuhalten, nachzudenken und für Empfangenes Danke zu sagen.
Das heutige Erntedankfest bietet uns die Chance, im Jahresfluss einmal innezuhalten und Danke zu sagen. Und doch mag der eine oder die andere einwenden: Wofür danken?
Hält nicht das Leben oft genug seine Tücken und Ungerechtigkeiten bereit? – Hat uns nicht gerade die Corona-Pandemie in den letzten Monaten so vieles genommen, was uns lieb und teuer ist? Sicher, Dankbarkeit ist nichts, was man herbeireden, was man machen kann. Echte Dankbarkeit kommt von innen, ist spontan und kommt aus dem Herzen.
Aber dennoch bleibe ich dabei: nur wer nachdenkt, kommt zum Danken. Es gehört das Innehalten dazu, damit wir die Regungen des Herzens spüren. Genau dazu möchte ich jetzt einladen. Denn wir alle zusammen haben heute allen Grund zu danken:
Als Generalvikar möchte ich an diesem Erntedanksonntag des Jahres 2021 zuerst und vor allem Ihnen für Ihr Engagement für die Entstehung des Pastoralen Raums Schwarzach am Main – Sankt Benedikt danken. Seit fünf Jahren sind Sie gemeinsam unterwegs. Am 10. Dezember 2017 hat hier bei einem Startgottesdienst in der Abteikirche das Pilotprojekt Pastoraler Raum Sankt Benedikt seinen Startschuss erhalten: Beim Diözesanforum am 24. Oktober 2020 wurde Ihre Adventstour als Best Practice für die ganze Diözese vorbildhaft präsentiert. Das und vieles andere mehr, was Sie aufgebaut haben, erhält nun heute eine neue Dimension, wenn Ihr Pastoraler Raum nun die Bestätigung durch den Bischof von Würzburg, Dr. Franz Jung bekommt. Das ist Grund zur Dankbarkeit und Anlass zur Freude. Dank und Anerkennung gilt zuerst Ihnen, die Sie sich auf diesem Weg engagiert haben und dabei auch so manchen Reibungsverlust nicht gescheut haben. Vielleicht könnte man Ihre Rolle in diesem Pilotprojekt vergleichen mit der eines Erstgeborenen in der Familie: Da muss vieles durchgefochten werden, was bei den jüngeren Geschwistern dann schon als Selbstverständlichkeit gilt. Darin können Sie sich sicherlich wiederfinden, wenn Sie nun heute als erster Pastoraler Raum der Diözese Würzburg bischöflich errichtet werden. Deswegen sage ich Ihnen als Generalvikar auch und vor allem im Namen des Bischofs unseren Dank, dass Sie dabei nie den Mut haben sinken lassen und auch Anfechtungen und Auseinandersetzungen nicht gescheut haben. Nur im gemeinsamen Ringen um die besten Lösungen wird ein solches Pilotprojekt zu dem, was es ausmacht: zur echten und gelingenden Pionierarbeit. Danke dafür! Wir als Diözese haben von Ihnen gelernt! Danke!
- Heute erreicht das Pilotprojekt eine wichtige Wegmarke: mit der bischöflichen Errichtung des Pastoralen Raums erhält er auch seine vollständige Größe und sein neues Leitungsteam: Die Pfarrer Johannes Hofmann, P. Philippus und Matthias Eller arbeiten als Teampfarrer zusammen, Pfarrer Matthias Eller übernimmt als Moderator besondere Verantwortung.
- Der Moderator und die Teampfarrer arbeiten eng mit dem gesamten Pastoralteams zusammen. Jeder und jede setzt eigene Schwerpunkte in konkreten Gemeinden, ist aber in einem themenbezogenen Feld auch Ansprechpartner im gesamten Pastoralen Raum.
- Weiterhin gilt es, die effektive Vernetzung und Koordination der Arbeit in den Pfarrbüros weiter zu fördern, die sich wechselseitig vertreten und eine durchgehende Erreichbarkeit sichern.
- In Ihren Reihen ist bereits ein gemeinsamer „Pastoralrat“ etabliert, der aus Delegierten aller bestehenden Pfarrgemeinderäte der sechs beteiligten Pfarreiengemeinschaften besteht. Er ist schon jetzt Vorläufer des künftigen „Rats im Pastoralen Raum“, dessen Wahl im gesamten Bistum für das nächste Jahr ansteht. Wir zählen als Diözese Würzburg auf eine enge Zusammenarbeit von Haupt- und Ehrenamtlichen. Auch hier haben Sie Pionierarbeit geleistet. Dankeschön dafür!
- Schließlich ist in den vergangenen Jahren bei Ihnen auch eine „Kirchenpflegerversammlung“ zur Koordination gemeinsamer Ausgaben der Kirchenstiftungen für Bedarfe des Pastoralen Raums sowie zum Informationsaustausch entstanden. Auch dies ist zukunftsweisend.
- Darüber hinaus gab es am Beginn des Weges das Angebot der „Zukunftswerkstatt“ als offenes Forum der Begegnung, des Austausches und der Erstorientierung für alle Interessierten aus den Gemeinden.
- Es bleibt besonders hervorzuheben, dass Sie sich gemeinschaftlich als Haupt- und Ehrenamtlichen auf die Suche nach einem geistlichen Profil für den Pastoralen Raum gemacht haben. Die Wahl des heiligen Benedikt von Nursia als Identifikationsfigur und Patron hat Ihren Weg verbunden mit Gebet, Stabilität, Geschwisterlichkeit, Einheit und Solidarität.
Damit ist uns der Weg gewiesen, um neben dem Dank für die Entstehung des Pastoralen Raumes nun noch einmal ganz neu und ganz anders nachzudenken über den Weg, den jeder und jede einzelne in der je eigenen Spiritualität in der letzten Zeit zurückgelegt hat. Denn auch dazu lädt uns das Erntedankfest ein.
Schritt für Schritt kehren wir an diesem Erntedank-Fest nach den Monaten der Corona-Pandemie ins Leben zurück. Natürlich müssen wir noch Geduld haben und längst ist noch nicht alles wieder zur alten Normalität zurückgekehrt. Corona hat unser Leben verändert und nichts wird danach wieder einfach so sein wie vorher. Uns ist auch bewusst geworden, dass der moderne Mensch eben nicht alles im Griff hat und sehr wohl an Grenzen stößt. Das verweist uns als gläubige Christen auf unsere Geschöpflichkeit, die uns in der ersten Lesung aus dem Buch Genesis heute neu vor Augen gestellt wurde. Der Mensch ist die Krone der Schöpfung: Ja! Aber er ist nicht Gott. Es gehört zu unserem Selbstverständnis als Christen, dass wir in unserem Leben auf das große DU Gottes verwiesen sind. Von ihm erhoffen wir im Letzten den Schutz und die Sicherheit, die wir uns nicht selbst für unser Leben geben können. Dieses Nachdenken über unsere Geschöpflichkeit kann uns hinführen zur Dankbarkeit Gott gegenüber, dass er uns die Kraft gegeben hat, die schwere Zeit der Corona-Pandemie, der zwischenmenschlichen Distanz durchzustehen. Wie viele Initiativen sind gestartet worden, um der Einsamkeit in diesen Monaten Einhalt zu gebieten und den menschlichen Kontakt aufrecht zu erhalten. Als die Pandemie uns Mitte März des vergangenen Jahres in den großen Lockdown gezwungen hat, haben viele gesagt: „Wenn alles vorbei und überstanden ist, dann müssen wir eine große Danksagung halten!“ Vergessen wir das nicht! Heute an Erntedank können wir damit anfangen:
Danke, Gott, für die Kraft, die du uns geschenkt hast! Danke, dass wir wir nun nach und nach aufatmen dürfen und sich Wege aus der Pandemie abzeichnen! Danke, guter Gott!
Im Schöpfungsbericht aus dem Buch Genesis heißt es. „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein iSankt“ (Gen 2,18). Wir sind als Menschen auf Gemeinschaft hin geschaffen. Das bringt Jesus besonders zum Ausdruck, wenn er im Evangelium die Kinder in seine Nähe ruft, und den Erwachsenen sagt. „Wer das Reich Gottes nicht so annimmt, wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen.“ (Mk 10,15). Da müssen wir uns natürlich fragen, was einem Menschen verloren geht, wenn aus dem Kind ein erwachsener Mensch wird. Ein Lieblingswort, das uns auf dem Weg zur Autonomie des Erwachsen-Werdens häufig über die Lippen kommt, heißt: „Nein danke, ich komm schon allein zurecht.“
Wer erwachsen wird, strebt danach, ohne die Hilfe der anderen zurecht zu kommen, sich zuerst selbst zu beweisen. Das Kind, vor allem das Kleinkind, hingegen lebt wie selbstverständlich vom DU, vom DU der Eltern, ohne die es nicht leben könnte. Je älter wir werden, umso mehr wird es erstrebenswert, sich davon zu emanzipieren. Manch einer schlägt in diesem absoluten Drang nach Autonomie und Freiheit auch über die Strenge und sagt: „Alleine geht alles besser.“ Was hält uns dann noch auf, auch zum Himmel aufzuschauen und zu sagen: „Nein danke, ich komm hier schon allein zurecht.“ - Vielleicht sagt uns Jesus deswegen heute im Evangelium: „Wer das Reich Gottes nicht so annimmt, wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen.“ (Mk 10,15). Offensichtlich wird Gemeinschaft im Reich Gottes groß geschrieben und es braucht die Sensibilität des Kindes, das wie selbstverständlich vom DU her lebt und die Hilfe und die Fürsorge des DU annimmt.
Liebe Schwestern und Brüder,
aus diesen Gedanken kommt die Motivation zum spirituellen Dank des heutigen Tages: Ein großes Danke an das große DU Gottes, der uns erschaffen hat und uns seine Liebe schenkt. Eine Liebe, die nie beim Ich stehen bleiben will, sondern auf das DU hin drängt: Auf das DU Gottes, auf das menschliche DU als Abbild Gottes. Das ist das Fundament unserer christlichen Gemeinschaft, dass wir alle auf das DU hin geschaffen sind, wie Augustinus sagt. Nutzen wir diesen Tag des Erntedankfestes, um ins Nachdenken zu kommen und darüber zum Danken, besonders heute hier in der lebendigen und zukunftsweisenden Gemeinschaft des Pastoralen Raumes Schwarzach - Sankt Benedikt, der dafür einsteht, bei den Menschen immer wieder missionarisch auf das Du Gottes aufmerksam zu machen. Amen.