Werneck (POW) Boden ist ein wertvolles und lebensnotwendiges Gut, doch er wird ständig weniger: Rund zwölf Hektar, das entspricht rund 17 Fußballfeldern, verschwinden jeden Tag in Bayern durch Siedlungsbau und Verkehrsflächen unter Beton und Teer. Diese erschreckende Zahl nannte Flächensparmanagerin Anne Weiß von der Regierung von Unterfranken beim Gesprächsabend zum Thema „Boden – Grundlage unseres Lebens“ am Sonntag, 2. Februar, vor rund 50 Zuhörerinnen und Zuhörern im Katholischen Pfarrzentrum in Werneck. „Der Druck auf die Fläche wächst“, bestätigte Norbert Bleisteiner, Leiter des Fachzentrums für Energie- und Landtechnik der Landwirtschaftlichen Lehranstalten Triesdorf. Boden sei nicht vermehrbar und seine Qualität spiele für die Landwirtschaft sowie für den Arten- und Klimaschutz eine zentrale Rolle. Die Veranstaltung war eine Kooperation von Katholischer Landvolkbewegung (KLB), Katholischer Landjugendbewegung (KLJB) Würzburg und dem Lernwerk Volkersberg.
Die Landwirtschaft werde heute mit einer Vielzahl von Wünschen konfrontiert, sagte Bleisteiner: Die erzeugten Lebensmittel sollen möglichst regional sein, von Kleinbetrieben kommen, bezahlbar sein und kein Gift enthalten. Zudem sollen Bauern den Klima- und Artenschutz im Blick haben. „Das ist ein Zielkonflikt, der vielen Landwirten zu schaffen macht.“ Nachdrücklich plädierte er dafür, den „Faktor Mensch“ nicht auszublenden, und forderte „intelligente Nutzungskonzepte für die Zukunft“. Er fasste das unter dem Begriff „hybride Landwirtschaft“ zusammen. Sie soll zugleich die Vorteile von konventioneller Landwirtschaft und Ökolandbau auf einen Nenner bringen und deren jeweilige Nachteile vermeiden. Als Faktoren nannte er etwa den Flächen- und Energiebedarf ebenso wie Umwelt- und Artenschutz. Es gehe darum, einen hohen, aber keinen maximalen Ernteertrag zu erzielen und dabei die Emissionen bei der Tierhaltung niedrig zu halten. Potenzial sah Bleisteiner zum Beispiel bei der Bodenbearbeitung und Düngung. Dass sich der Einsatz am Ende für den Landwirt rechnen muss, stand für ihn außer Frage.
Christine Primbs vom Bund Naturschutz monierte, es gebe zu wenig „Bodenbewusstsein“. Es werde oft sorglos mit Boden umgegangen. Dabei dauere es zehn Jahre, bis ein Millimeter fruchtbarer Humus entstehe. Sie sprach sich dafür aus, Auenwälder oder Hecken zu pflanzen, die als Windschutz dienen und zugleich dafür sorgen, dass weniger Wasser verdunstet. Gerade in Zeiten zunehmender Hitzeperioden ein gewichtiges Argument, da laut Primbs durch Hecken im Jahr bis zu 100 Millimeter mehr Wasser im Boden verbleiben.
Eine Debatte entspann sich um die Frage von Siedlungsgebieten, die laut Weiß „überproportional wachsen“. Oft würden Neubaugebiete ausgewiesen, während innerorts Grundstücke brach lägen und es viel Leerstand gebe. Dies führe zu „Donut-Dörfern“, bei denen sich das Leben aus dem Zentrum an den Rand der Gemeinden verlagere. Sie riet, mehr Engagement in die Entwicklung von Ortskernen zu investieren. Zudem sei es nötig, nicht nur auf Einfamilienhäuser, sondern auch auf andere Wohneinheiten zu setzen. Als positives Beispiel nannte sie das Mehrgenerationenhaus in Poppenhausen. „Für die, die so eine Wohnform wollen“, sei es eine gute Sache, sagte sie unter dem Beifall des Publikums.
Auch das Thema Photovoltaikanlagen wurde mehrfach angesprochen. Laut Weiß können Kommunen durchaus Sonnenkollektoren auf Dächern vorschreiben. Allerdings bestehe dann mitunter die Angst, dass zum Beispiel bei der Ausweisung von Gewerbeflächen Investoren abspringen. Bleisteiner monierte, dass es derzeit zu viel Solarstrom gebe. Es sei nötig, bei Photovoltaikanlagen auf die Kombination mit anderen Flächennutzungen zu achten. Laut Primbs gebe es in Baden-Württemberg Vorschriften, dass neu angelegte Parkplätze mit Photovoltaikanlagen überdacht werden müssen.
Gerade bei der Planung von Gewerbegebieten könne man auch erfolgreich mit anderen Kommunen zusammenarbeiten, war Weiß überzeugt. Sie plädierte für verstärkte Kommunikation und Informationsaustausch zwischen Gemeinden. Auch Planungsbüros komme eine wichtige Aufgabe zu, bei denen es „große Unterschiede“ gebe. „Viel hängt auch von uns Konsumenten ab“, sagte Bleisteiner. Wenn große Logistikzentren auf der grünen Wiese entstehen, habe das auch damit zu tun, dass derzeit viel Ware über den Onlinehandel bestellt werde. Dem pflichtete Moderator Dr. Wolfgang Meyer zu Brickwedde in seinem Schlusswort bei: „Wir sind alle gefordert, ob Landwirtschaft oder Bürger*innen, unseren Beitrag zu leisten.“
Es sei in der Debatte deutlich geworden, dass es Ansätze gebe, aber keine Lösungen, sagte Meyer zu Brickwedde. KLB-Diözesanvorsitzender Stefan Oppmann dankte den Referenten. Er freue sich, dass sie ein Herz für Franken mit seinen Äckern und Fluren haben. Vor der Veranstaltung wurde ein Gottesdienst zu Mariä Lichtmess in der Pfarrkirche Werneck gefeiert.
ws (KLB)
(0725/0170; E-Mail voraus)
Hinweis für Redaktionen: Fotos abrufbar im Internet