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Der Geschmack des Advents

Glühweinproduktion auf dem Weingut Schmitt – Geheime Familienrezeptur – Kapelle auf dem Weinberg soll Segen bringen

Bergtheim (POW) „Ein Weihnachtsmarkt ohne Glühwein ist kein richtiger Weihnachtsmarkt, und ein Glühweinstand ohne Weihnachtsmarkt auch nicht“, erklärt Anja Schmitt-Kraiß vom Privat-Weingut Schmitt in Bergtheim. „Komm, wir treffen uns zum Glühwein“, sei eine gängige Einladung in der Winterzeit. Auch Anja Schmitt-Kraiß und Frank Kraiß treffen sich gerne mit Freunden auf einen Glühwein an der Weihnachtsmarktbude. Aber das Ehepaar hat sich in der Vergangenheit oft eine Tasse Glühwein geteilt. „Er liegt schwer im Magen und eine zweite Tasse möchte man davon nicht trinken“, erklärt Kraiß. Daraus entstand für das Ehepaar, das in der dritten Generation das Familienweingut Schmitt führt, die Motivation, einen eigenen Glühwein zu produzieren. Heute macht die Glühweinherstellung ein Drittel der jährlichen Weinproduktion des Weinguts Schmitt aus, das sind weit mehr als 20.000 Liter. Im Sortiment ist nicht nur Glühwein, rot wie weiß, sondern auch verschiedene Sorten Punsch. Sonst hat die Winzerfamilie einzelne Flaschen, aber auch große Mengen an Weihnachtsmärkte unter anderem in Würzburg, Augsburg, Nürnberg und Berlin verkauft. Doch in diesem Jahr sind die Weihnachtsmärkte aufgrund der Coronapandemie fast überall in Deutschland abgesagt.

Das Weingut Schmitt liegt am Ortseingang von Bergtheim. Der Gutsladen und die Weinproduktion sind im selben Gebäude untergebracht. Von der Eingangstür fällt der Blick auf eine Wand mit eingemauerten Bocksbeuteln. „Nach dem Krieg gab es kein Fensterglas, deswegen wurden im alten Haus Weinflaschen als Ersatz verwendet“, erklärt die Gutsherrin. Seitdem sei es schon fast Tradition, bei Neubauten eine Wand mit Weinflaschen zu gestalten. Der Gutsladen auf dem 1978 neu erbauten Weingut ist urig eingerichtet, mit viel Holz und natürlich viel Wein. Der Hintereingang führt zur Wein- beziehungsweise Punschabfüllung und zum Lager.

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Der Entstehungsprozess von hochwertigem Glühwein ist langwierig, erklärt das Ehepaar. 2004 haben sie zum ersten Mal auf dem Weingut Schmitt Glühwein hergestellt. Um die beste Rezeptur zu finden, haben sie viel ausprobiert. Der erste Versuch begann mit Glühfixbeuteln im eigenen Flaschenwein, aber das sei nur eine geringe Verbesserung zum herkömmlichen Glühwein gewesen. So holten sie die Gewürze, die sie noch vom Plätzchenbacken mit der Familie hatten, und setzten einen eigenen Sud an. Selbst angepflanzte Äpfel kamen dazu, und so entstand nach vielen Tests und Geschmacksproben der erste eigene Glühwein. „Für die Würze werden natürliche Gewürze verwendet und keine Aromen. Die Gewürze schmecken jedes Jahr unterschiedlich“, erklärt der Gutsherr. Mal schmecke die Nelke stärker, mal der Zimt schwächer. Außerdem sind frische Vanille, Kardamom und weitere Gewürze Teil des geheimen Rezepts der Familie. Auch die Rebsorten, die sie als Grundlage verwenden, schmecken jedes Jahr ein wenig anders. Ein guter Grundwein sei sehr wichtig, erklärt das Ehepaar. Bestimmte Flächen in den Weinbergen der Familie sind speziell dem Glühwein vorbehalten. Einige Rebsorten, wie die Weißweinrebe Kerner, werden nur noch für die Glühweinproduktion verwendet und nicht mehr für die Weinproduktion.

Aus den verschiedenen Rebsorten wird ein Cuvée kreiert und den Gewürzen sowie dem Geschmack der Familie angepasst. So geht die Tüftelei jedes Jahr von neuem los. Ziel ist es, den Geschmack von Jahr zu Jahr weiter zu verbessern. Zu Beginn der Glühweinproduktion wurde nur roter Glühwein auf dem Hof verkauft. Wenige Jahre später kam der weiße Glühwein hinzu. Auf die Anfrage von Kunden und Kundinnen wurde der Apfelpunsch hergestellt, so dass es auch eine alkoholfreie Alternative gibt. Einige Weihnachtsmärkte fragten nach einem kompletten Sortiment. Deswegen kreierte die Familie 2016 die Fruchtglühweine aus Heidelbeere und Kirsche.

Vater Manfred Schmitt reagierte zunächst entsetzt auf den neu erschaffenen Glühwein: „Der gute Wein!“ Auch bei anderen Winzern und Winzerinnen habe der Glühwein einen schlechten Ruf. Er sei nur ein „Abfallprodukt“. Dabei ist „Glühwein genauso hochwertig und gleichwertig“ wie Wein, sagt Schmitt-Kraiß. Ein gutes Grundprodukt mache den Unterschied. Als das Weingut Schmitt 2004 mit der Glühweinproduktion startete, waren sie fast die Einzigen in Unterfranken. Jetzt gibt es viel Konkurrenz. Auch Manfred Schmitt forderte eine schnelle Nachproduktion, nachdem der Glühwein mit 500 Litern im ersten Jahr schnell ausverkauft war. Das sei allerdings nicht möglich. Der Glühwein werde bereits Ende April, Anfang Mai angesetzt und ziehe dann bis in den Sommer.

Heute wird Erdbeerpunsch abgefüllt. Der Abfüllraum ist kleiner, als man denkt. Das Fließband ist ungefähr zwölf Meter lang. Darauf werden die leeren Flaschen gestellt, abgefüllt, mit einem Schraubverschluss geschlossen und dann behutsam per Hand vom Band genommen. Das Fließband surrt leise und man hört das Klirren der Flaschen. Für das Abfüllen der verschiedenen Getränke wird ein einziges Fließband verwendet, deswegen „muss zwischendurch ziemlich gut gespült werden“, erklärt Kraiß mit leicht erhobener Stimme, um das Klirren der Flaschen zu übertönen. Zum Sortiment gehören neben Weinen auch Federweißer und Sekt. „Beim Etikettieren macht ein Grad schon den Unterschied.“ Ist es zu kalt, halten die Etiketten nicht auf den Flaschen mit dem kalten Glühwein.

Aufgrund der Coronaauflagen und dem hohen Aufwand wird es in diesem Jahr keinen Weihnachtsmarkt auf dem Weingut geben. Schmitt-Kraiß freut sich besonders auf den letzten Tag vor Weihnachten, an dem fast keine Kunden und Kundinnen kommen. Dann sitzt sie mit der Belegschaft in gemütlicher Runde zusammen und Ruhe kehrt ein. Sie frage sich, wo die „besinnliche Weihnachtszeit“ ist. „Es wird viel von der Adventszeit und Besinnung gesprochen, aber niemand geht einen Schritt zurück. Die Menschen sind so beschäftigt mit Geschenkekaufen, dass keine Zeit bleibt, sich mal Zuhause in Ruhe hinzusetzen und einen Glühwein zu trinken.“

Die Kapelle auf dem Weinberg

In den Weinbergen des Weinguts Schmitt steht eine Kapelle. Von dort hat man einen weiten Blick über die Weinreben der Familie bis zum Ort, und man kann durch die einzelnen Rebzeilen spazieren. Vor den Reben sind ein kleiner Wald und einige Felder zu sehen. Die Reben tragen im Spätherbst noch gelbgrüne Blätter. Um die Kapelle herum stehen Tische und Bänke zum gemütlichen Beisammensein.

Nachdem die Familie einige Schicksalsschläge durchlebte, wollte Manfred Schmitt, zweite Generation des Familienunternehmens, ein „Marterle“ errichten. Ein Kunde des Guts sah eine Zeichnung des geplanten Bildstocks und meinte, dass er ein Dach benötige – und eine Kapelle entstand. 2012 begann der Bau der Kapelle und 2014 wurde diese eingeweiht. Für die Elektrizität wird ausschließlich Solarstrom verwendet. Ein Kunde half mit der Solartechnik, ein anderer besorgte die Kniebank. Die Einrichtung ist schlicht. Holzkniebänke stehen in einer Zweierreihe vor der Marienstatue. Diese steht auf einem kleinen Altar, der mit Kerzen und Blumen geschmückt ist. Die Statue stammt aus dem Besitz der Familie Schmitt. Über und hinter der Statue bilden sechs runde Fenster ein Kreuz. Eingerahmt werden sie von zwei größeren Fenstern. Die Kapellenfenster sind aus Weinflaschen gemacht. Die Flaschen in den großen Fenstern wurden ohne viel Nachdenken in den Sand gelegt und mit Beton begossen, erklärt Anja Schmitt-Kraiß. Im oberen Teil des Fensters sind sieben Flaschen in Form eines Heiligenscheins nebeneinandergelegt. Darunter sind bunte Kreise zu sehen. Ein Betrachter erklärte, dass es ein sehr religiöses Bild ergebe. Es sei das Letzte Abendmahl zu sehen. Die sechs blauen Flaschen in der Mitte bilden den Tisch. Drumherum sitzen Jesus und seine Jünger. Unten sind zwei Scheiben Brot und ein Kelch zu sehen. Der Familie war das vorher nicht aufgefallen. „Bei Führungen bekomme ich immer Gänsehaut, wenn ich das Bildnis erkläre“, erzählt Schmitt-Kraiß.

Weitere Informationen im Internet.

kh (POW)

(4921/1192; E-Mail voraus)

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