Liebe Schwestern und Brüder,
am heutigen Pfingstfest feiern wir das Kommen des Heiligen Geistes zu den Frauen und Männern der ersten Stunde. Es ist gleichsam das Gründungsfest der Kirche, deren Geburtsstunde im Kreuzestod Jesu Christi zu sehen ist.
Der Heilige Geist – wer ist das? Da er nicht vorstellbar und nicht sichtbar zu machen ist, bleibt er für viele das unbekannte Wesen.
Unsere kümmerlichen Versuche ihn im Bild der Taube oder der Feuerzungen zu fassen, greifen zu kurz.
Hilfreicher – wenn auch noch immer abstrakt – sind Aussagen wie „der Heilige Geist wird als die schöpferische Macht allen Lebens verstanden“ (vgl. Katholischer Erwachsenenkatechismus, 1985, 222). „Er belebt alles, hält alles zusammen und lenkt alles auf das endzeitliche Heil hin.“ Und: „Der Geist ist gesandt, um Jesus Christus, seine Person, sein Wort und sein Werk in der Geschichte immer wieder neu gegenwärtig zu machen.“
Eine prägnante theologische Formulierung lautet: „Der Geist ist die wirksame Gegenwart und die gegenwärtige Wirksamkeit des erhöhten Herrn in der Kirche und in der Welt.“ (Ebd. 222)
Mir scheint es noch hilfreicher zu sein, wenn wir über das Herantasten an die Wirklichkeit des Heiligen Geistes auf das zu sprechen kommen, was wir in seiner Wirkung erfahren.
Hier geht es mir wie mit der Beschreibung der Luft: Ich weiß, dass ich die Luft unabdingbar zum Leben brauche. Wenn ein Mensch nicht mehr atmet, ist er tot. Und dennoch: ich sehe die Luft nicht, ich höre sie nicht und kann sie nicht greifen. Die Wirkung der Luft jedoch kann ich sehr deutlich erfahren: Zum Beispiel, wenn sich die Blätter im Wind wiegen oder ein Sturm die Wellen aufpeitscht, die Bäume sich unter der Gewalt eines Orkans beugen und ich mich von einem lauen Windzug umschmeicheln lassen kann oder gegen einen heftigen Sturm stemmen muss.
Die Wirkung des Heiligen Geistes wird uns in der heutigen ersten Lesung deutlich vor Augen geführt: Wie ein heftiger Sturmwind, wie in Feuerzungen, kam der Geist auf die in Jerusalem Versammelten herab. Es müssen etwa 120 Personen gewesen sein, die sich um die Apostel geschart hatten. (Vgl. Kommentar zu Apg 2,1 in Einheitsübersetzung, Herder)
Und was geschah? Was war seine Wirkung? „Alle wurden mit dem Heiligen Geist erfüllt und begannen, in fremden Sprachen zu reden…“ – Das erste, was wir feststellen können ist, dass aus entmutigten Männern glühende Verkünder der Frohbotschaft wurden. Die Apostel gingen aus verschlossenen Räumen auf die Straßen und Plätze und verkündeten das ungeheuerliche der Frohen Botschaft: „Den, den ihr gekreuzigt habt, er lebt.“ Der heilige Petrus war so erfüllt vom Heiligen Geist, dass er offensichtlich herumsprang und gestikulierte, dass so mancher dachte, er habe zu tief ins Glas geguckt.
Die Menschen aber verstanden die verkündete Frohe Botschaft, obwohl sie aus ganz unterschiedlichen Ländern mit ganz unterschiedlichen Sprachen kamen. Das Sprachenwunder, das ganz im Gegensatz zur Sprachenverwirrung beim Turmbau zu Babel zu sehen ist, ist eine weitere solch gewaltige Wirkung. Die zusammengeströmten Menschen fragten sich: Wie ist das möglich? „Sind das nicht alles Galiläer, die hier reden? Wieso kann sie jeder von uns in seiner Muttersprache hören…“ (Apg 2,7 u. 8)
Liebe Schwestern und Brüder,
mir scheint, dass das damalige Sprachenwunder mit dem emphatisch erlebbaren entflammten Glauben zu tun hatte. Die Sprache der Liebe ist international und wird über das Herz aufgenommen. Kleine Kinder unterschiedlichster Herkunft verstehen sich ebenso wie Erwachsene über die Sprache der Liebe. Das ist ja das eigentliche Geheimnis des Heiligen Geistes: Er ermöglicht Leben durch Liebe. Er ist die Liebe. Überall da, wo wirklich die Sprache der Liebe gesprochen wird, ist der Heilige Geist am Werk.
Am heutigen Pfingstfest, dem Hochfest des Heiligen Geistes, bitten wir um die Unterstützung der Renovabis-Pfingstaktion, eine Solidaritätsaktion mit den Christen in Mittel- und Osteuropa. Diese Aktion steht unter dem Leitwort „Alle sollen eins sein“ – das Grundanliegen von Pfingsten. Mit der Überwindung der Spaltung Europas eröffneten sich vor einigen Jahren für Millionen von Menschen neue Horizonte und Möglichkeiten. Vieles liegt noch im Argen und bedarf unserer zupackenden Mithilfe. Aber es ist nicht nur die materielle Hilfe, die wir heute in der Kollekte erbeten, es ist vielmehr das durch uns sichtbar werdende Glaubenszeugnis. Durch unser Aufmerksamwerden für die Probleme unserer Mitmenschen in Mittel- und Osteuropa fühlen sie sich nicht allein gelassen. Unsere tatkräftige Mithilfe lässt sie uns pfingstlich erleben. Durch unser Engagement wird deutlich, dass wir ein Europa der Zukunft wollen, das nicht nur als Wirtschafts- und Währungsunion – das mit allen gerade heute massiv spürbaren Problemen belastet ist – begriffen wird, sondern auch eine Wertegemeinschaft sein muss.
Pfingsten bedeutet das Wehen des Heiligen Geistes weltweit.
Wir haben heute auch eine irische Delegation aus der Würzburger Partnerregion Bray/County Wicklow zu Gast. Father Denis Quinn konzelebriert. Wir haben aus unserer Partnerdiözese Mbinga den früheren Bischofssekretär von Bischof Emmanuel Mapunda, Father Lukas Komba, unter uns. Wir spüren Weltkirche, die insgesamt auf die pfingstliche Sprache der Liebe wartet. Gestatten Sie mir ein paar Worte in englischer Sprache:
Dear friends from Ireland and Tansania. We are pleased that you celebrate this day of Pentecost, together with us. The Holy Spirit ist spreadet all over the world to bring the joy about our redemption through Jesus Christ to all the people. The Holy Spirit makes it possible, that all human being is connected in him and is brethered and fraternised. So let us be open for his action and let us learn to speak the language of heavenly love.
Amen.