Liebe Schwestern und Brüder,
wir kommen fast schon in die Zielgerade: Bis zum 1. Fastensonntag 2010 sollen die geplanten Pfarreiengemeinschaften in unserem Bistum gegründet sein. Ich freue mich sehr darüber, dass bei 105 von insgesamt 166 dieses Ziel schon erreicht ist und danke allen von Herzen, die sich dafür eingesetzt haben. Viele weitere Errichtungen stehen unmittelbar bevor. Nun darf diese Umstrukturierung nicht nur formal geschehen. Sie muss mit geistlichem Leben gefüllt werden. Dabei sind alle gefordert: Priester, Diakone, haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter und im Grunde alle Gläubigen.
Am Fest Kreuzerhöhung – meinem Bischofsweihetag und dem Datum meiner Bischofseinführung in Würzburg vor fünf Jahren – richten wir unseren Blick auf den Gekreuzigten. „Wir verkündigen Christus als den Gekreuzigten“ schreibt der Völkerapostel Paulus im Ersten Korintherbrief. Das ist der Grundtenor unserer Frohbotschaft, denn durch seinen Kreuzestod hat Christus uns aus der Sackgasse von Sünde und Tod erlöst. Zugleich aber erkennen wir im Blick auf den Gekreuzigten, dass auch uns das Kreuz in der Nachfolge auf Erden nicht erspart bleibt.
In diesem Priesterjahr, das der Heilige Vater anlässlich des 150. Todestages des heiligen Johannes Maria Vianney, des heiligen Pfarrers von Ars, dem Patron der Pfarrer, ausgerufen hat, will ich heuer besonders die Aufgaben und Möglichkeiten der Priester in der Zusammenarbeit mit allen Laien in den Pfarreiengemeinschaften ansprechen.
1. Die durch gesellschaftliche Veränderungen gewandelte pastorale Situation verändert auch das Pfarrerbild. Den Pfarrer, der nur für eine Gemeinde – gewissermaßen als Familien- und Hausvater – zuständig ist, gibt es praktisch nicht mehr. Er nimmt heute in der Pfarreiengemeinschaft die Hirten- und Leitungsaufgabe für mehrere Pfarreien wahr. Deshalb kann er nicht mehr – wie früher – alle Aufgaben vor Ort alleine erfüllen. Wenn sich nun in unserer heutigen Zeit das Bild des Pfarrers so einschneidend ändert, ist es nötig, ein Blick auf das Priesterbild zu lenken, das für die veränderten Aufgaben des Pfarrers die notwendige Orientierung schenkt.
2. Die Hauptaufgabe des Priesters ist es, Christus als den bleibenden Herrn seiner Kirche in diese Zeit hinein durchsichtig zu machen. Durch die Priesterweihe befähigt Christus ihn, in Seiner Kraft und Seinem Auftrag die Frohe Botschaft zu verkündigen, die Sakramente zu spenden, der Liturgie vorzustehen und die Diakonie zu leben. Er lebt ehelos, um als Seelsorger ganz für die ihm Anvertrauten da zu sein und in seiner Lebensführung ein Zeugnis für die Realität des Himmels zu geben. In seinem Gebetsleben übernimmt er einen wichtigen Dienst für seine Gemeinden und die ganze Kirche. Durch ihn soll sich die Gemeinde sammeln und zur Einheit geführt werden.
3. Dies ist die vorrangige Aufgabe auch eines Pfarrers als Leiter einer Pfarreiengemeinschaft. Nun wird es neben dem Pfarrer als Leiter in vielen Pfarreiengemeinschaften weitere Priester geben, die mit dem Pfarrer zusammenarbeiten und ihren priesterlichen Dienst tun. Es sind entweder Pfarrvikare, die für einen bestimmten territorialen oder kategorialen Bereich innerhalb der Pfarreiengemeinschaft zuständig sind, Kapläne, die als junge Priester sich noch in der Ausbildung befinden, oder Ruhestandsgeistliche. Sie sind vielfach frei von den notwendigen Aufgaben in der Verwaltung und stehen als Priester und Seelsorger ganz zur Verfügung. In enger Abstimmung mit dem leitenden Pfarrer sorgen sie für die Menschen in den Gemeinden.
4. Auch angesichts dieser priesterlichen Unterstützung aber erst recht, wo keine weiteren Priester in einer Pfarreiengemeinschaft mitarbeiten, muss der Pfarrer der Pfarreiengemeinschaft als Priester Seelsorger sein dürfen. Dabei ist es aber wichtig zu beachten, dass auch der Leitungsdienst ein wichtiger pastoraler Dienst ist, da er richtig ausgeführt Seelsorge ermöglicht. Dafür ist insgesamt wichtig, dass die Gemeinden auch den Dienst der haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter akzeptieren und wertschätzen. Sie nehmen ja auch durch Taufe und Firmung teil am gemeinsamen Priestertum. Der Bischof – und der Pfarrer vor Ort – können sie in der Rückbindung an das Amt zu verantwortlichen Mitsorgenden bestellen. So können sie zum Beispiel statt des Pfarrers Geburtstags-, Kranken- und Willkommensbesuche machen. Sie wissen schon, wann sie den Pfarrer hinzu rufen müssen. Aber auch Katechesen, Wortgottesfeiern, Andachten und Tagzeitenliturgien lassen selbst in den kleinsten Kirchen das gemeinsame Gebet nicht verstummen. Auch manche Feier, wie z. B. Taufe oder Jubiläum, lässt sich in einer größeren Gemeinschaft sinnvoll einbinden.
Der Pfarrer kann auch nicht mehr überall und zu jeder Zeit persönlich allen Gremien vorstehen und alle Vereinsfeste mitfeiern. Vor Ort müssen Wege gefunden werden, wie er durch beauftragte Laien bei den unterschiedlichen Sitzungen und Veranstaltungen vertreten werden kann. Selbstverständlich muss dies immer an den Pfarrer rückgebunden bleiben und in seinem Auftrag geschehen. Deshalb bitte ich die gewählten Gremien der Pfarreien und Pfarreiengemeinschaften zusammen mit ihrem Pfarrer und den weiteren haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nach vor Ort tragfähigen Möglichkeiten der Entlastung der Priester zu suchen, soweit dies die kirchlichen und rechtlichen Vorgaben zulassen.
5. Solche Entlastungen und Umstrukturierungen sind kein Selbstzweck, sondern dienen dazu, dass die ureigenen priesterlichen Aufgaben trotz größerer Seelsorgeeinheiten wahrgenommen werden können. Dazu gehört, dass der Priester auch zukünftig Zeit für Seelsorgegespräche und Beichtangebote hat. Er braucht auch Raum für die Vorbereitung der Gottesdienste und der Predigten. Eine würdig gefeierte Liturgie öffnet mehr den Himmel als ein routinemäßiges Abfeiern. Menschen in Not müssen auch einen erreichbaren Priester finden können. Die heutigen Anforderungen, eine missionarische Kirche zu sein, erfordern doppelte Anstrengungen. Lassen Sie deshalb auch den Priestern Luft, durchzuatmen und einmal zu verschnaufen. Auch die Priester brauchen menschliche Nähe und Zuwendung, nicht nur Kritik sondern auch Dank und Lob.
Ich weiß, liebe Schwestern und Brüder, in diesem kurzen Hirtenbrief sind nicht alle wichtigen Themen angesprochen worden. Aber ich will ja auch nur in eine Richtung weisen, die für uns alle hilfreich ist. Lassen wir uns vom Kreuz Jesu Christi her den Segen zusprechen, der allein unser unvollkommenes Bemühen fruchtbar machen kann und uns selbst zum Segen werden lässt.
Es segne Sie der allmächtige Gott, + der Vater und + der Sohn und + der Heilige Geist.
Amen.