Würzburg (POW) Alfred Klapproth hat Franziska Schöller gerade seine Liebe gestanden. Der Entschluss steht fest – sie werden heiraten. Bevor sie weggeht, fragt Alfred sie nach einem ersten Kuss. Auch wenn es sich nicht schickt, kommt Franziska ein paar Schritte näher. Sie beugt ihren Oberkörper nach vorne, schließt die Augen und spitzt die Lippen. Ihr Gegenüber versteht diese Einladung zum Küssen nicht. „Franziska“, sagt Alfred. Sein Blick ist eher verwirrt als erfreut. Fragend wiederholt er ihren Namen und wird lauter: „Franziska? Ich habe dich etwas gefragt, hörst du mich denn nicht?“ Es folgt Gelächter aus dem Publikum.
Noch sind die Darstellerkollegen des Theaters der Dompfarrei die Zuschauer. Sie lachen, jubeln und kommentieren die Leistung ihrer Kollegen, bevor sie selbst auf die Bühne müssen. Geprobt wird das Stück „Pension Schöller“ von Wilhelm Jacoby und Paul Laufs aus dem Jahr 1890. Am Sonntag, 12. November, um 15 Uhr feiert es im großen Saal im Würzburger Matthias-Ehrenfried-Haus, Bahnhofstraße 4-6, Premiere.
Der Protagonist und wohlhabende Gutshofbesitzer Philipp Klapproth möchte in der aufregenden Stadt Berlin unbedingt etwas Sonderbares erleben, womit er am Stammtisch prahlen kann. Sein Neffe Alfred Klapproth bittet ihn um Geld, weil er mit seinem Freund Hans ein Café eröffnen möchte. Deshalb knüpft der alte Klapproth die Geldübergabe an eine Bedingung: Alfred soll ihm eine Nervenheilanstalt zeigen. Doch Alfred kennt keine. Sein Freund Hans, der als Kellner in der „Pension Schöller“ arbeitet, überredet ihn dazu, diese als private Nervenklinik und ihre eigenwilligen Gäste als Patienten auszugeben, um an das Geld zu kommen. Am Anfang klappt der Schwindel auch ziemlich gut.
Die „Pension Schöller“ ist ein Klassiker der Verwechslungskomödien und wird auf vielen Theaterbühnen Deutschlands gespielt. Das Stück scheint den Darstellerinnen und Darstellern der Dompfarrei so gut zu gefallen, dass einige von ihnen das Stück schon zum zweiten Mal aufführen werden. Beispielsweise hat Darsteller Harald Baus bereits 2009 die Rolle des Eugen Schöller gespielt. Viel habe sich nicht verändert, sagt er, „man wird älter, sieht anders aus und hat mehr Erfahrung im Spiel. Aber den Text muss man trotzdem wieder lernen.“
Die Text(un)sicherheit wird in den Proben deutlich. Man erlebt die Figur Philipp Klapproth in seiner exzentrischen Art, er präsentiert sich selbstsicher und emotional – und dann bricht der Darsteller Hans-Georg Schott aus ihm heraus und gibt zu: „Jetzt bin ich raus.“ Meistens sind das nur kleine Momente der Irritation. Für eben solche Fälle gibt es die Souffleuse, die den Text vorsagt.
Anita Endres ist seit Jahrzehnten Teil der Theatergruppe. Sie selbst war bloß einmal auf der Bühne und fühlte sich unwohl, deshalb genießt sie es, als Souffleuse Teil des Teams zu sein. Ihr Mann Wolfgang Endres hingegen liebte es, auf der Bühne in Rollen zu schlüpfen. Er war es, der im Jahr 1969 die Theatergruppe mit einigen seiner engsten Freunde gründet hat. Erst später kamen Mitglieder hinzu, die keinen freundschaftlichen oder familiären Bezug zum Ensemble hatten, sondern einfach Lust auf Theater. „Hauptsache das Atmosphärische konnte erhalten werden“, sagt Anita Endres. Ob Theatergruppenleiter Fedor Nikolai, Regisseurin Maria Wehner oder Darstellerin Christiane Kerner – immerzu sprechen sie von einer „Theaterfamilie“. Wer viel Zeit miteinander verbringe, müsse Meinungsverschiedenheiten ausräumen und wachse zusammen. Gründungsmitglieder, die schon längst nicht mehr auf der Bühne stehen, blieben der Theatergruppe verbunden. Sie würden weiterhin zu Aufführungen und manchmal auch zu Proben kommen. Als Theaterfamilie verarbeiten sie auch den Tod von Wolfgang Endres.
Vor 14 Jahren hatte noch er den schrillen Gutshofbesitzer Philipp Klapproth gespielt. Anita Endres und Maria Wehner sind sich einig, dass der jetzige Darsteller Schott die Figur des Klapproth sehr ähnlich darstellt wie es Wolfgang Endres einst getan habe. Manchmal könne man meinen, ihn wieder auf der Bühne zu sehen. „Es ist sehr tröstlich“, sagt Anita Endres. Es sei schön, Teil dieser Gemeinschaft zu sein, sie fühle sich wohl und „angenommen vom jungen Volk“.
Alfred Klapproth bekommt den gewünschten Kuss von seiner geliebten Franziska Schöller – eben nur nicht auf den Mund. Die kecke Franziska (Annette Beck) küsst seine Wange, bevor sie die Bühne verlässt.
Termine, Kartenvorverkauf und Besetzung
Aufführungstermine: Sonntag, 12. November, um 15 Uhr; Freitag, 17. November, um 19.30 Uhr; Sonntag, 19. November, um 15 Uhr; Dienstag, 21. November, um 19.30 Uhr; Freitag, 24. November, um 19.30 Uhr; Sonntag, 26. November, um 15 Uhr; Dienstag, 28. November, um 19.30 Uhr; Samstag, 2. November, um 19.30 Uhr. Der Eintritt kostet pro Person zehn Euro, für Kinder bis zwölf Jahre fünf Euro. Kartenvorverkauf bei der Dominfo, Domstraße 40 in Würzburg, Telefon 0931/38662900.
Besetzung: Harald Baus (Eugen Schöller), Annette Beck (Franziska Schöller), Michaela Briglmeier (Ida Klapproth), Christiane Kerner (Direktorin Schöller), Harald Kilian (Bernhardy), Petra Mayer (J. Zillenthal), Herbert Michel/Reinhold Stauder (Major von Mühlen), Bettina Nikolai (Kellner Hans), Fedor Nikolai (Alfred Schöller), Hans-Georg Schott (Philipp Klapproth). Regie: Maria Wehner. Souffleuse: Anita Endres.
Angelina Horosun (Würzburger katholisches Sonntagsblatt)
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