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„Der Sehnsucht Nahrung geben“

Benediktinerprior Pascal Herold gibt Tipps für die Adventszeit – „Es geht um den Menschen“

Münsterschwarzach (POW) Advent ist mehr als Glühwein und Geschenke kaufen. Wie sich die Zeit zur Vorbereitung auf Weihnachten nutzen lässt und was Menschen außerhalb des Klosters von den Benediktinermönchen lernen können, erläutert im folgenden Interview Missionsbenediktiner Pater Pascal Herold, Prior der Abtei Münsterschwarzach.

POW: Der Advent dient zur Einstimmung auf Weihnachten. Viele Menschen erleben diese Zeit aber als besonders hektisch und terminbeladen. Wie kann hier eine Entschleunigung gelingen?

Prior Pascal Herold: „Wie nennt man die Jahreszeit, in der es hektisch wird?“, fragt der Lehrer seine Schüler in einer Karikatur. Ein Schüler antwortet darauf: „Advent.“ Für viele Menschen beginnt mit dem Advent eine Zeit, die sich nochmals schneller dreht, sich eher be- als entschleunigt. Letztlich soll alles passend sein, es soll schön aussehen, es soll Freude bereiten. Es soll! Es soll aber auch der Mensch auf seine Kosten kommen!

POW: Lassen sich diese Ansprüche an den Advent denn auf einen Nenner bringen? Und wenn ja, wie?

Herold: Es muss kein Widerspruch sein, einerseits an seine Vorbereitungen zu denken und andererseits in Ruhe die Adventszeit zu erleben. Was für Unruhe sorgt sind die inneren Stimmen: „Es sollte, es sollte aber!“ Wir kennen sie alle. „Advent ist wie eine Gefängniszelle, man muss sie von innen her öffnen“, hat Dietrich Bonhoeffer gesagt. Den Advent mit einer Gefängniszelle zu skizzieren, ist zunächst etwas irritierend, weil es dem harmonisch schönen Bild nicht entspricht, das wir gerne von der Adventszeit hätten, und die Stimmungsbilder stört, die wir von adventlichen Feiern kennen.

POW: Ein ziemlich verstörendes Bild.

Herold: Mag auf den ersten Blick sein. Aber die Gefängniszelle hat nichts anderes anzubieten als sich selber mit uneingeschränktem Zeitvolumen; die Zelle nötigt mich, mir Zeit zu nehmen, nehmen zu müssen, für mich. Es geht um den Menschen. Wo ich das Vermögen habe, bei mir zuhause zu sein, mich selber als meine Wohnung erkenne, fällt es leichter, die Tür zu öffnen und zu schließen im Wissen darum, was es für die Pflege dieser Wohnung braucht. So wird die Gefängniszelle bewohnbar. Sie öffnet sich für den Anklopfenden. Letztlich braucht es alltäglich etwas Zeit, um bei sich zuhause zu sein. Und etwas Zeit ist immer drin.

POW: Welche Aspekte des mönchischen Lebens empfehlen Sie Menschen, die ihre Zeit sinnvoll gestalten wollen?

Herold: Das monastische Leben bewegt sich in der Spur von Rhythmus und Wiederholungen. Rhythmisch kehren wieder die Zeiten des Gebetes und der Betrachtung sowie die Mahlzeiten. Die Zeiten der Tagesordnung strukturieren meinen Tag und teilen ihn ein in das, was konkret geschehen will und geschehen soll. Nicht immer will es so gut gelingen, wie das jetzt auf der Tagesordnung vorgesehen ist. Ich werde bald mit mir selber konfrontiert und aufgefordert, trotz anderem Empfinden das zu tun, was jetzt dran ist und geschehen soll. Zeiteinteilung ist wichtig. Ohne sie verbrauche ich für diesen Vorgang mehr Energie. Die alltäglichen Wiederholungen sind dabei eine Hilfe, mich immer wieder aufs Neue zu erleben. Heute erlebe ich mich in dieser Stimmung, morgen in einer anderen. Die Wiederholung hilft mir, über die eine oder andere spontane Empfindung hinwegzukommen, um an weiterführende Erfahrungen heranzutreten, die ich im eigentlichen Tun mache. Sonst besteht die Gefahr stehenzubleiben.

POW: Wie wichtig sind in diesem Zusammenhang die regelmäßigen Zeiten der Stille?

Herold: Stille und Schweigen sind bedeutsam für einen geistlichen Weg und so auch für das klösterliche Leben. Zeiten der Stille führen den Menschen zurück zu sich selber, vor allem am Morgen und in der Nacht. Sie lassen ihn bei sich wieder ankommen. Die Stille ist mehr als Abwesenheit von Klängen und Lauten. Sie spricht eine eigene Sprache, die erst erkundet werden will. Sie hat es unter den heutigen Vorzeichen schwer, sich verständlich zu machen, da unsere Welt laut und rastlos geworden ist. Es gibt kaum mehr stille Momente im Ablauf eines Tages. Jesus wird zur stillen Stunde geboren, so gut wie unbemerkt. „Als tiefes Schweigen das All umfing, und die Nacht bis zur Mitte gelangt war, da sprang dein allmächtiges Wort vom königlichen Throne herab“, heißt es im Buch der Weisheit. Dieses biblische Wort stellt die Bedeutung der Herkunft Jesu und der Umstände heraus, unter welchen er geboren wird. Das Weltall ruht; es ist im Laufe der Nacht zur Ruhe gekommen und ansprechbar in seiner Lautlosigkeit. Bedingung hierfür sind Stille und Schweigen, weiter geschieht nichts.

POW: Welche Gebete oder biblischen Texte helfen besonders gut, sich auf das Fest der Geburt Jesu vorzubereiten?

Herold: Der Advent ist eine Zeit der Steigerung und Vermehrung. Mit den vier brennenden Kerzen des Adventskranzes ist die Aufmerksamkeit höher als noch zu Beginn. Unsere innere Bereitschaft, Sensibilität und Wachheit sollen berührt werden, um im entscheidenden Augenblick nicht mühsam geweckt werden zu müssen, sondern schon empfänglich zu sein. Die Gebete und Texte der Liturgie weisen immer wieder hin auf die eigene Vorbereitung und auf das Kommen des Erlösers. „Wachet auf, ruft uns die Stimme“, ist ein treffendes Adventslied, das auf das Gleichnis der klugen und törichten Jungfrauen Bezug nimmt. Im entscheidenden Augenblick können die klugen den Bräutigam empfangen, sie müssen nicht nochmal weglaufen wie die törichten. Sie haben sich sehr gut vorbereitet für die Begegnung im Hochzeitssaal. Der Psalm 130 berührt die Sehnsucht des Menschen nach Annahme, Liebe und Erfüllung in den Worten: „Mehr als den Morgen die Wächter, ersehnt meine Seele den Herrn. Denn beim Herrn ist die Liebe, bei ihm ist Erlösung in Fülle.“ Wir haben nicht immer den langen Atem, wenn wir auf etwas Bestimmtes warten müssen. Unsere Sehnsucht meldet sich, wird berührt und verflacht aber wieder. Der Sehnsucht Nahrung zu geben ist das, was wir vielfältig tun können: durch Lesen und Singen biblischer Texte, allein oder gemeinsam, zuhause oder in den Gottesdiensten, durch Hören von Musik oder Horchen in die Stille hinein.

Zur Person:

Pascal Herold (49) ist seit Dezember 2012 Prior der Benediktinerabtei Münsterschwarzach. Geboren und aufgewachsen in Rothmannsthal, absolvierte er nach dem Abitur an der Universitätsklinik Würzburg eine Ausbildung zum Krankenpfleger. 1991 trat er in die Klostergemeinschaft der Missionsbenediktiner von Münsterschwarzach ein und studierte in Würzburg Theologie. 1998 legte Herold die Ewige Profess ab. Bischof Dr. Paul-Werner Scheele weihte ihn am 24. April 1999 in der Abteikirche von Münsterschwarzach zum Priester. Anschließend wirkte Herold bis 2002 in der Abtei Ndanda in Tansania in der Ausbildung der Novizen und in der Pfarrseelsorge. Von 2002 bis 2006 leitete er das Gästehaus in Münsterschwarzach, von 2006 bis 2012 war er Novizenmeister.

Interview: Markus Hauck (POW)

(4913/1225; E-Mail voraus)

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