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Im Gespräch

„Der Sprachlosigkeit Worte geben“

Pfarrer Sven Johannsen über die Herausforderungen der Seelsorgerinnen und Seelsorger nach dem gewaltsamen Tod eines Jugendlichen in Lohr am Main

Lohr am Main (POW) Der gewaltsame Tod eines 14-Jährigen am Freitag, 8. September, erschüttert Lohr am Main. Auch für die Seelsorgerinnen und Seelsorger vor Ort ist die Situation herausfordernd, schildert Pfarrer Sven Johannsen, Kurator des Pastoralen Raums Lohr am Main, im folgenden Interview.

POW: Wie ist aktuell die Stimmung in Lohr?

Pfarrer Sven Johannsen: Das ist gar nicht so einfach zu beschreiben. Einerseits geht das Leben seinen gewohnten Gang. Menschen kaufen ein, arbeiten, gehen in die Gasthäuser. Andererseits herrscht Betroffenheit und tiefes Entsetzen. Es ist ein Gefühl der Rat- und Hilflosigkeit, das viele Menschen ergriffen hat. Die Frage „Wie konnte so etwas in Lohr geschehen?“ bewegt wohl alle LohrerInnen, auch mich selbst. Jugendliche laufen zwischen Stadt, Stadtpfarrkirche und Schulzentrum hin und her. Manchmal tief traurig und weinend, manchmal wie ganz „normale“ Jugendliche on tour. Natürlich sind wir noch sehr im Unklaren, wie das Empfinden sein wird, wenn morgen die Schule wieder beginnt.

POW: Welche Rolle kommt den Seelsorgerinnen und Seelsorgern in dieser besonderen Situation zu?

Johannsen: Mich hat es sehr berührt, gestern mit Jugendlichen ein Vaterunser zu beten, die nicht mehr wirklich textsicher waren, aber für die es ein großes Anliegen war zu beten. Wir mussten als SeelsorgerInnen am Tag danach unseren Platz finden. So war uns erst spät bekannt geworden, dass das Schulgelände wieder freigegeben wurde und auch einige Jugendliche bereits kamen, um Kerzen aufzustellen. Am Sonntag waren die Seelsorgerinnen und Seelsorger den ganzen Tag am Schulzentrum und in der Stadtpfarrkirche. Ich sehe unsere Stärke darin, der Sprachlosigkeit, von der viele Menschen im Augenblick betroffen sind, Worte zu geben. SeelsorgerInnen sind auch als LehrerInnen an allen Schulen tätig und im Augenblick bereits in den Lehrerkonferenzen. In dieser Woche sind auch alle Schulgottesdienste, in denen wir das Thema aufgreifen. Mit der Mittelschule, in der beide Schüler waren, werden wir am Ende der Woche eine eigene Feier gestalten, um die Schule wieder als Ort des Lebens zurückzuholen. Wir sind im Augenblick Wegbegleiter, Ansprechpartner, Zuhörer, Helfer beim Beten, Kollegen und Mittrauernde.

POW: Welchen Beitrag kann der Glaube in der aktuellen Lage leisten?

Johannsen: Natürlich stehen die Fragen im Raum: „Warum hat Gott das nicht verhindert?“ „Wo war er?“ Es kann keine einfachen Antworten und theologischen Theodizee-Erklärungen geben. Mir ist der Gedanke wichtig geworden, dass ich auch als Seelsorger in meinem Glauben angefragt bin und mit der schrecklichen Wirklichkeit umgehen muss, die Gott nicht aufgehalten hat. Aber Gott verhindert, dass der Tod das letzte Wort hat und den Sieg davonträgt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Gott, der in seinem Sohn den Tod am Kreuz auf sich nahm, nicht auch in diesem Augenblick da war. Unser Glaube löst nicht die Fragen, aber er macht Hoffnung, nicht zu verzweifeln.

Interview: Markus Hauck (POW)

(3723/0989; E-Mail voraus)

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