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Dialog und schwierige Gespräche

CSU-Politiker Barbara Stamm und Sandro Kirchner diskutieren mit Diözesanrat über Flüchtlingspolitik – Wenig Einigkeit, aber Einsicht in die unterschiedlichen Denkweisen

Volkersberg (POW) Auch wenn am Ende nicht immer gemeinsame Positionen gefunden wurden: Zumindest eine bessere Sicht auf das Denken des jeweils anderen haben die CSU-Mitglieder Landtagspräsidentin Barbara Stamm und Landtagsabgeordneter Sandro Kirchner und die Mitglieder des Würzburger Diözesanrats der Katholiken gewonnen. Bei der Frühjahrsvollversammlung auf dem Volkersberg diskutierten sie am Freitagabend, 11. März, zwei Stunden lang über aktuelle Herausforderungen der Flüchtlingspolitik. Großes Lob zollten beide Seiten den vielen Ehrenamtlichen, ohne die die aktuelle Herausforderung nicht gemeistert werden könnte.

Sichtlich dünnhäutig reagierten die beiden Politiker auf die Anfrage aus dem Plenum, wo bei der aktuellen Diskussion um Obergrenzen für Flüchtlinge das Christliche und das Soziale aus dem Parteinamen blieben. „Ich komme nicht von irgendwoher. Ich bin in meinem Werdegang christlich geprägt und diesbezüglich kann nur einer über mich urteilen: Gott“, sagte Stamm. Kirchner erinnerte daran, dass Bayern schon immer Zuwanderungsland sei, wie der Anstieg der Bevölkerung durch Zuzug aus Deutschland und dem Ausland von insgesamt zwei Millionen Menschen in den zurückliegenden Jahrzehnten beweise. „Und bei uns gelingt Integration recht gut. Zustände wie in Neukölln gibt es keine.“ Außerdem zeige sich der Freistaat sehr wohl barmherzig gegenüber den Flüchtlingen. 3,4 Milliarden Euro flössen allein 2016 in deren Unterstützung, für alle bayerischen Staatsstraßen würden im gleichen Zeitraum lediglich 330 Millionen Euro ausgegeben.

Die Aussetzung des Familiennachzugs von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen (UMF) für zwei Jahre kritisierte ein Mitglied des Diözesanrats. Bislang habe gerade ein knappes Prozent der UMF seine Familien nachgeholt. Angesichts des besonderen Betreuungsaufwands für diese Kinder und Jugendlichen sei der Familiennachzug nicht nur zum Wohl der Betroffenen geboten, sondern langfristig auch kostengünstiger. „Dieses Thema hat uns beinahe zerrissen“, sagte Stamm. Es seien aber Maßnahmen nötig, damit die Zahl der Flüchtlinge reduziert werde. Deren Integration sei eine gewaltige Aufgabe, da viele ein schlechtes Bildungsniveau besäßen oder zum Teil sogar Analphabeten seien. Außerdem müssen laut Stamm die Außengrenzen geschützt werden, denn nur dann könne das Schengen-Abkommen mit Reisefreiheit ohne Kontrollen in den Binnenländern funktionieren. Sie selbst fordere keine Obergrenze, aber eine spürbare Begrenzung der Zuwanderung. „Wir müssen sehen, dass wir uns nicht überfordern.“ Zu lösen sei das Gesamtproblem weder von Bayern noch von Deutschland allein. „Es braucht eine europäische Lösung“, betonten Stamm und Kirchner mehrfach.

Heftige Kritik von der Seite des Diözesanrats mussten die beiden CSU-Vertreter auch für die Wirtschaftspolitik und den Waffenverkauf in Krisenregionen einstecken. Wenn internationale Konzerne zum Beispiel durch große eigene Plantagen die kleinbäuerliche Landwirtschaft in Afrika zerstörten, führe das nur zu zusätzlicher Migration Richtung Europa. „Warum investiert die EU elf Milliarden Euro in den Ausbau der Grenzsicherung, statt mit drei Milliarden die Situation in den Flüchtlingslagern in der Türkei zu verbessern?“, fragte eine Diskussionsteilnehmerin. Was die Waffenlieferungen angeht, erklärte Stamm: „Wir wären froh, wenn wir keine Waffen mehr liefern müssten. Wenn wir aufhören, liefern andere.“

Wenig Verständnis zeigte die Runde für die Gespräche mit dem ungarischen Regierungschef Viktor Orbán. Gerade die Begegnung mit diesem sei aber wichtig gewesen, um dessen Beweggründe zu erfahren, erläuterte Kirchner. So sei beim Treffen in Kloster Banz aus erster Hand zu erfahren gewesen, dass Ungarn nach einem Staatsbankrott im Durchschnitt einen sehr schlechten Lebensstandard habe und weite Teile der Bevölkerung daher wenig Verständnis für Aufwendungen für Flüchtlinge hätten. „Ich halte es für besser, den direkten Austausch zu pflegen, um zu wissen, wie jemand denkt.“ Deutlich widersprachen die CSU-Vertreter auch den Vorwürfen, die Partei spreche sich zu wenig und zu undeutlich gegen rechtsradikale Straftaten wie Brandstiftungen und Anschläge auf Ausländer aus. „Im Prozess vor dem Verfassungsgericht ist Bayerns Innenminister Herrmann einer derjenigen, die sich am massivsten für ein NPD-Verbot einsetzen.“ Die Landtagspräsidentin kritisierte zudem die Presse. „Im Landtag hat Herrmann ausführlich aufgezeigt, was alles an Programmen und Maßnahmen gegen Rechts läuft. Haben Sie davon irgendwo etwas mitbekommen?“

Das Schlusswort fiel auf beiden Seiten sehr versöhnlich aus. So hob Stamm hervor, dass durch die Herausforderungen durch die Flüchtlinge auch manche bislang verschlafenen Entwicklungen wie der soziale Wohnungsbau jetzt in den Blick gekommen seien und dadurch auch neue Chancen für die Deutschen erwüchsen. Diözesanratsvorsitzender Karl-Peter Büttner erklärte, nach zwei vorherigen Gesprächen des Vorstands des Diözesanrats mit unterfränkischen CSU-Politikern, die sehr schwierig gewesen seien, sei es wichtig gewesen, wieder in den Dialog zu kommen. Er ermunterte, in allen Zusammenhängen genau zu differenzieren. So gelte es besipielsweise zu unterscheiden, ob es um das Thema Asyl für Verfolgte oder um Zuwanderung aus wirtschaftlichen Gründen gehe.

mh (POW)

(1116/0335; E-Mail voraus)

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