Kahl am Main (POW) Mit Allerheiligen beginnt der Trauermonat November. Viele Menschen gehen auf den Friedhof, um ihrer Verstorbenen zu gedenken. Damit ein Begräbnis ein würdevoller Abschied sein kann, werden Ehrenamtliche aus dem Bistum zu Begräbnisleiterinnen und Begräbnisleitern ausgebildet. Christine Hieke, Beate Nase und Bardo Diehl engagieren sich seit 2024 ehrenamtlich als Begräbnisleiter in ihrer Gemeinde Sankt Margareta in Kahl am Main. Ihre Ausbildung haben sie beim Liturgiereferat des Bistums Würzburg gemacht. Im Gespräch erzählen sie von ihrem Ehrenamt und den Herausforderungen, die der Beerdigungsdienst mit sich bringt.
POW: Wie sind Sie dazu gekommen, sich ehrenamtlich in der Kirche zu engagieren – und dann gerade als Begräbnisleiter?
Bardo Diehl: Nach einem Gottesdienst sprach mich unser Ortspfarrer an, ob ich für den Dienst eines Beerdigungsleiters bereit wäre. Ich bat um Bedenkzeit, um mir klar zu werden, ob ich mir diesen Dienst zutraue und ob meine Tätigkeit den Menschen in meiner Gemeinde guttut.
Christine Hieke: Mein Ehrenamt hat vor 20 Jahren als Kommunionmutter angefangen. Danach engagierte ich mich unter anderem im Familiengottesdienstteam, im Pfarrgemeinderat und als Gottesdienstbeauftragte mit dem Schwerpunkt Ökumene. Auf Anfrage unseres Pfarrers wurde ich schließlich auch Begräbnisleiterin.
Beate Nase: Auch ich habe vor 20 Jahren als Kommunionmutter begonnen und mich im Anschluss weiter engagiert. Nach dem Weggang unserer Gemeindereferentin habe ich die Koordination des Krankenkommunionteams übernommen und bin auch als Gottesdienstbeauftragte schwerpunktmäßig in der Seniorenpastoral tätig. In diesem Zusammenhang haben mich Angehörige immer wieder gefragt, ob ich auch die Beisetzung ihrer Verstorbenen übernehmen könne, was ich leider lange Zeit verneinen musste. Als nach längerer Pause wieder ein Ausbildungskurs für Begräbnisleiter im Bistum angeboten wurde, war dieser Weg für mich offen.
POW: Sie haben die Ausbildung zu ehrenamtlichen Begräbnisleitern im Bistum Würzburg gemacht. Wie genau läuft das ab?
Nase: Die Ausbildung erstreckt sich auf ungefähr ein Jahr und findet an den Wochenenden statt. Die Dozenten machen die Teilnehmenden mit verschiedenen Themenbereichen vertraut. Trotz der unterschiedlichen Schwerpunkte waren sie immer für die vielfältigen Fragen der Teilnehmenden offen. Besonders wichtig waren zu jeder Zeit der Umgang mit Tod und Trauer, die eigene spirituelle Haltung und der Halt im Glauben.
Diehl: Die Ausbildung in Würzburg hat mich in meiner Entscheidung bestärkt. Die Referenten gaben wichtige Impulse und Gedanken mit auf den Weg. Sehr bereichernd war für mich der offene und persönliche Austausch unter den Teilnehmenden. Mit welcher Ernsthaftigkeit alle um ihren Glauben ringen und wie versucht wird, einander zuzuhören. Wir haben vielfältige Gottesvorstellungen und
-beziehungen. Und gleichzeitig war spürbar, dass wir uns von dem einen Gott gemeinsam getragen wissen.
POW: Wie muss man sich Ihre Rolle bei einer Beerdigung konkret vorstellen?
Nase: Im Vorfeld führen wir ein Gespräch mit den Angehörigen, um bei der Beisetzung deren Wünsche und Vorstellungen – soweit möglich – umsetzen zu können. Dabei bieten wir auch an, dass sich die Angehörigen selbst in die Gestaltung einbringen können. Die Leitung der Liturgie liegt dann in unserer Hand. Wir arbeiten dabei eng mit dem Bestattungsinstitut zusammen.
Diehl: Die Trauerfeier darf die Feier der Angehörigen sein. Sie dürfen in ihrer Weise Abschied nehmen. Ich sehe meine Aufgabe darin, sie dabei zu unterstützen. Darum gilt es, eine Sprache zu wählen, die sie verstehen und nachvollziehen können. Angehörige erzählen charakteristische Geschichten, zeigen bedeutsame Gegenstände oder beschreiben manchmal ihre Vorstellungen von einem Jenseits in eigenen Metaphern. An diese Alltagserfahrungen lässt sich oft gut anknüpfen. Mir fällt dazu ein Beispiel ein. Eine Mutter, die stets voller Leidenschaft Kuchen gebacken und großzügig verteilt hatte, ist gestorben. Ihre Tochter brachte Kuchen in die Trauerkapelle mit. Das Verkosten vergegenwärtigte die Verstorbene ganz intensiv: „Er schmeckt genauso, wie ihn Deine Mutter gebacken hatte.“
POW: Was gehört für Sie zur Vorbereitung – sowohl organisatorisch als auch innerlich?
Hieke: Zunächst ein intensives Gespräch mit den Angehörigen, für das wir uns viel Zeit nehmen. Wir geben der Familie Raum, ihren Verstorbenen für uns greifbar zu machen. Manchmal fragen wir gezielt nach typischen Eigenschaften, Hobbys und Anekdoten der Verstorbenen. Wenn die für die Trauerfeier ausgewählten Lieder schon bekannt sind, hören wir sie uns vor der Planung der Beisetzung an. Oft ergänzen sie noch das Bild, das wir bis dahin durch die Erzählungen der Angehörigen bekommen haben. Mit diesen Gedanken gehen wir, wenn möglich, einige Tage schwanger, damit sie reifen können und uns eine passende Bibelstelle einfällt. Wichtig ist uns, dass die Angehörigen würdig Abschied nehmen und Trost im Glauben an die Auferstehung finden können.
POW: Wie schaffen Sie es, die notwendige Distanz zu wahren?
Diehl: Ich bin sehr dankbar, dass wir mehrere Begräbnisleiter in einem Team sind. Damit stehen wir nicht unter Druck, jede Beerdigung übernehmen zu müssen. So kann ich mir genügend Zeit nehmen, um mich immer wieder neu auf die Hinterbliebenen einstellen zu können.
Nase: Während der Trauerfeier und der Beisetzung steht die Verantwortung im Vordergrund, die schon im Tragen des liturgischen Gewandes eine gewisse Distanz herstellt. Beim Trauergespräch oder am Grab ist die Distanz deutlich geringer, da entsteht, wenn sie nicht bereits vorher bestand, eine Beziehung, die berührt.
POW: Hat sich durch Ihre Arbeit Ihr Blick auf Leben und Tod verändert?
Hieke: Definitiv, ich bin mir meiner eigenen Sterblichkeit und der meiner Lieben viel bewusster geworden.
Nase: Ein wenig. Bereits durch die Seniorenpastoral und durch persönliche Verluste wurde mein Bewusstsein für die Sterblichkeit immer wieder konkretisiert. Zum einen führt das zu einem deutlich rationaleren Umgang mit dem Sterbeprozess. Zum anderen vertieft es meine Demut und meine Dankbarkeit für das Leben.
POW: Welche Rolle spielt Ihr persönlicher Glaube in dieser Aufgabe?
Hieke: Ich glaube, dass es meine Bestimmung ist, meinen Mitmenschen Freude zu schenken, auch in dieser schweren Lebensphase. Ich glaube fest an ein Leben nach dem Tod und versuche, diese Hoffnung auf die Auferstehung auch weiterzugeben.
Nase: Im Trauergespräch, bei der Trauerfeier und Beisetzung versuche ich, den Trost, den mir persönlich der Glaube schenkt, den Angehörigen zu vermitteln. Manchmal nur als Grundrauschen, aber immer in dem Bestreben, diese tröstliche Glaubensgewissheit zu teilen.
POW: Was würden Sie anderen ans Herz legen, die sich ebenfalls in diesem Bereich engagieren möchten?
Diehl: Als erstes würde ich raten, sich mit ganzem Herzen auf Gott und die Menschen einzulassen. Auch möchte ich sowohl mir treu sein als auch authentisch und glaubwürdig die Liturgie feiern können. Dazu nutze ich zur Vorbereitung die Methoden zur Betrachtung von Texten und Reflexion der Gespräche, wie ich sie aus Exerzitien gewohnt bin. Immer wieder erstaunt es mich, wie Bibelstellen, Lieder und Gebete durch den Bezug auf die konkreten Lebenssituationen der Verstorbenen neu verständlich werden und näher an mich herankommen. Die große Offenheit, die spürbare Aufrichtigkeit und das geschenkte Vertrauen, die vor allem die Angehörigen entgegenbringen, wirken sich auf mein geistliches Leben aus.
Das Interview führte Judith Reinders (POW)
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