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„Die Kirche im Dorf lassen“

Interview mit Dekan Franz Schmitt zur Situation im Dekanat Ebern angesichts der Errichtung der Pfarreiengemeinschaften

Ebern/Rauhenebrach (POW) Das Dekanat Ebern zählt rund 35.000 Katholiken und liegt ganz im Osten der Diözese Würzburg. Bis 2010 sollen sieben Pfarreiengemeinschaften aus 22 Pfarreien, sieben Kuratien und 31 Filialen errichtet werden. In folgendem Interview spricht Dekan Franz Schmitt (Rauhenebrach) über den aktuellen Stand der Errichtung von Pfarreiengemeinschaften im Dekanat Ebern, über Veränderungen im dörflichen Leben, über neue Formen der Seelsorge und über eine mögliche Fusion mit dem Dekanat Haßfurt.

POW: Wie würden Sie den aktuellen Stand des Prozesses der Errichtung von Pfarreiengemeinschaften im Dekanat Ebern umschreiben?

Dekan Franz Schmitt: Das Dekanat Ebern ist wohl das einzige in der Diözese Würzburg, in dem zwei der bis 2010 zu errichtenden Pfarreiengemeinschaften schon seit über 20 Jahren bestehen: Pfarrweisach und Rauhenebrach. Mit dem Zusammenschluss der 15 Dörfer der Pfarreien Untersteinbach, Theinheim und Prölsdorf im Jahre 1985 taucht zum ersten Mal im Bistum Würzburg der Begriff „Pfarreiengemein-schaft“ auf. Heute sind von den sieben vorgesehenen Pfarreiengemeinschaften drei gegründet. Drei der neuen Einheiten sind in der aktiven Prozessphase und werden 2008 gegründet: Zeil-Sand-Krum; Eltmann-Oberschleichach; Baunach-Lauter-Reckendorf-Gerach-Mürsbach-Gereuth. Insgesamt bringen die sich abzeichnenden Veränderungen auch viele Fragen, Unsicherheiten und Ängste. Wir sind dazu mit den Seelsorgerinnen und Seelsorgern im intensiven Gespräch. Die Begegnungen mit den Pfarrgemeinderäten bei den Vorvisitationen haben gute Einblicke gegeben. So ist zum Beispiel sehr viel Fingerspitzengefühl der Pfarrer angesagt, wenn es um die Festlegung der Gottesdienstordnung in den größeren Seelsorgeeinheiten geht. Überall sind die Fragen auf dem Tisch: Wie kann Gemeindeleben aufrechterhalten werden? Was wird künftig nicht mehr möglich sein? Wo werden Schwerpunkte zu setzen sein? Wird es nur mehr einen Pfarrgemeinderat für die Pfarreiengemeinschaft geben? Wer bleibt Träger der Seelsorge vor Ort?

POW: Wo liegen die besonderen Probleme, wo die besonderen Chancen in Ihrem Dekanat?

Schmitt: Ein besonderes Problem stellen die Entfernungen dar. In der Pfarreiengemeinschaft Baunach bis Gereuth am östlichen Rand des Dekanates zur Erzdiözese Bamberg hin sind es von einem zum anderen Ende mehr als 25 Kilometer: Da ist man von Würzburg aus schon fast in Schweinfurt! Mit diesen weit auseinander liegenden Gemeinden ist schwerlich Gemeinschaftliches zu gestalten. So müssen unter anderem zahlreiche Wortgottesfeiern am Sonntag von Laien übernommen werden – bereits vor 30 Jahren wurden die ersten Wortgottesdienstleiter der Diözese für Kirchlauter und Untersteinbach beauftragt. In der Struktur des Dekanates gibt es viele kleine Gemeinden. Dort konstituiert sich kirchliches Leben im und um das dörfliche Gotteshaus. Wenn aber dort nur noch selten Gottesdienste gefeiert werden können, ist im Gefühl der Gläubigen die „Kirche nicht mehr im Dorf“. Also braucht es große Anstrengungen, dass sozusagen „die Kirche im Dorf gelassen“ wird und nicht bloß in den größeren Kirchengemeinden lebt. Besondere Chancen ergeben sich im Dekanat aus den zwei Wallfahrtsorten Maria Limbach und Zeiler Käppele, das seinen Akzent als Gebetsort um geistliche Berufungen setzt. Für Gläubige aus der ganzen Diözese und bis in den Bamberger Raum hinein sind hier Kristallisationsorte für viele Menschen auf dem Glaubensweg und in der Sinnsuche. Das Dekanat liegt weitab von den diözesanen Zentren Würzburg und Schweinfurt, das ist in vielem ein Nachteil. Für die Pfarreien in der Randlage zum Erzbistum Bamberg ergeben sich aus dieser Nähe Chancen beispielsweise im Bildungsbereich oder bei der Suche nach besonderen liturgischen Feiern.

POW: Das Dekanat Ebern zwischen Steigerwald und Haßbergen ist sehr ländlich strukturiert. Wie wirkt sich die Errichtung der Pfarreiengemeinschaften auf das dörfliche Leben aus?

Schmitt: Die Errichtung von Pfarreiengemeinschaften ist ja in der Regel keine „Liebesheirat“, eher ein „Zweckbündnis“, bedingt durch die geringeren Priesterzahlen. Deswegen verbinden viele Menschen in den Dörfern damit zunächst auch Verlust und Defizit. Aus meinem eigenen Bereich im Steigerwald weiß ich: Es kann viele Jahre dauern, bis manche Kirchengemeinde das Faktum und die damit verbundene depressive Stimmung überwindet. Es bräuchte daher besondere Anstrengung, um dörflich-kirchliches Selbstbewusstsein zu wecken beziehungsweise zu stärken. Viele Menschen verbinden mit Pfarreiengemeinschaft eine ähnlich Sorge wie vor Jahren bei der Kommunalgebietsreform: dass wir als kleine Einheit im größeren Ganzen untergehen, Nachteile erleiden oder gar ganz vergessen werden. Oft wird noch nicht erkannt, dass die größere Einheit auch Vorteile und Chancen hat. Nicht jede Kirchengemeinde muss dabei alles leisten. es können sich Schwerpunktsetzungen ergeben. Eine Gemeinde ist vielleicht stärker für den Jugendbereich geeignet, eine andere im Seniorenbereich, wieder eine andere pflegt eine Partnerschaft in ein Missionsland. Und das alles ergänzt sich gegenseitig.

POW: Welche Bedeutung kommt den Salesianern Don Boscos im nördlichen Bereich des Dekanats bei der künftigen Seelsorgeplanung zu?

Schmitt: Zum einen sind wir für den Seelsorgedienst in der Pfarreiengemeinschaft Pfarrweisach sehr dankbar und auch dafür, dass wir in Pater Richard Brütting den stellvertretenden Dekan haben. Zum anderen ist mit der Jugendhilfe Pfaffendorf ein wertvoller jugendpädagogischer Markstein im Landkreis Haßberge und weit darüber hinaus schon seit über 50 Jahren gesetzt. Des Weiteren ist die Spiritualität und Pädagogik Don Boscos in ihrer Weite und Menschennähe für die ganze Region bereichernd.

POW: Welche besonderen Formen der Seelsorge gibt es im Dekanat und wo sind Ihrer Meinung nach neue Seelsorgeformen möglich?

Schmitt: Besondere Formen der Seelsorge sind an den Wallfahrtsorten Maria Limbach und Zeil am Main im Blick auf einzelne Pilger und ankommende Gruppen zu finden. Pilgerseelsorge ist aber auch in vielen Pfarreien lebendig mit zahlreichen großen Wallfahrten – unter anderen nach Vierzehnheiligen und zum Kreuzberg. Weit ausgeprägt sind Bitt- und Flurgänge, die oft auch zwischen den Dörfern einer neuen Pfarreiengemeinschaft Verbindung schaffen. Einmalig ist wohl auch in der Diözese, dass seit fünf Jahren jährlich ein rund 43 Kilometer langer spiritueller Fußweg durch alle Dörfer der Pfarreiengemeinschaft Rauhenebrach durchgeführt wird. Für die Gestaltung der Seelsorge muss auf die Arbeitssituation mit großen Pendlerbewegungen und einem hohen Anteil an Schichtarbeit Rücksicht genommen werden. Die vielen Dörfer zwischen Steigerwald, Maintal, Haßbergen, Baunach- und Weisachtal sowie Itzgrund sind von einem starken Vereinsleben geprägt. Darauf kann in der Seelsorge Bezug genommen werden, nicht nur bei Vereinsfesten, aber besonders dort.

POW: Wie stehen Sie zu einer möglichen Fusion Ihres Dekanats mit dem Dekanat Haßfurt?

Schmitt: Die Seelsorgekonferenz des Dekanates Ebern hat ein klares Votum formuliert, mit dem Dekanat Haßfurt in den kommenden Jahren das Gemeinsame intensiver zu pflegen: Landkreisteam, jährliche gemeinsame Seelsorgekonferenz, gemeinsame thematische Fortbildung, Austausch der Leiter der neuen Pfarreiengemeinschaften, Nutzung der gemeinsamen kirchlichen und karitativen Stellen in Haßfurt, Weiterführung des gemeinsamen „Sinn-Zeit-Projektes“ der Familienseelsorge und vieles mehr. Des Weiteren ist zu klären, welche Aufgabe der Dekanatsebene künftig vor allem auch im Laienbereich zukommen soll. Wir müssen uns einer veränderten Situation stellen: Der Gemeinsame Ausschuss der Pfarreiengemeinschaft übernimmt wesentliche Aufgaben des bisherigen Dekanatsrates. Die Dienstbesprechungen der Seelsorgeteams der Pfarreiengemeinschaft nehmen bisherige Aufgaben der dekanatlichen Seelsorgekonferenz wahr. Im Jahr 2010 wird dann mit den Seelsorgerinnen und Seelsorgern beider Dekanate intensiv über den Zusammenschluss der Dekanate Ebern und Haßfurt weiterberaten. Bis dahin haben dann auch die Pfarreiengemeinschaften ihre Arbeit aufgenommen und es ist hoffentlich ein Stück Normalität eingekehrt.

POW: Was erwarten Sie sich von der Visitation durch Bischof Hofmann und Weihbischof Bauer?

Schmitt: Im Dekanat gibt es ein Gebet zur Vorbereitung der bischöflichen Visitation, in dem es heißt: „Hilf, dass diese Wochen mit unseren Bischöfen uns Ermutigung für den Glauben geben und uns helfen, mit Freude und Vertrauen kirchliches Leben zu gestalten. Gib den Bischöfen deinen Geist, dass sie mit ihren Beratern die Zeichen der Zeit erkennen und sie mit uns im Licht des Evangeliums Jesu Christi deuten.“ Die Zeit im Dekanat soll bischöfliche Wahrnehmung „erden“ und die doch von vielen Menschen in den Gemeinden gelebte Freude am Glauben und an der Kirche sichtbar machen. Vielleicht können die Wochen der Begegnung mit den Bischöfen auch ein wenig die Ängste und Vorbehalte Richtung Pfarreiengemeinschaften lösen.

POW: Was möchten Sie am ersten Fastensonntag 2010 mit Blick auf das Dekanat Ebern sagen können?

Schmitt: Wir sind auf dem Weg. Wir haben viele Zwischenstationen erreicht. Wir wissen, dass die Pfarreiengemeinschaften ein äußerer Rahmen sind. In ihm kommt es darauf an, die froh machende und befreiende Botschaft von Jesus Christus und vom Reich Gottes zu transportieren und lebendig zu halten.

(4407/1493) Interview: Bernhard Schweßinger (POW)

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