Mbinga/Würzburg (POW) Bischof Dr. Friedhelm Hofmann hat vom 20. bis 31. Juli die Partnerdiözese Mbinga in Tansania besucht. Höhepunkt war die Feier des 25. Gründungsjubiläums. Darüber hinaus firmte er in drei Pfarreien, besuchte mehrere Gemeinden und nahm Einblick in das kirchliche Gesundheitswesen. Zum Abschluss überreichte er einen Scheck in Höhe von 20.000 Euro an die Partnerdiözese. Das Geld ist ein Teil der Spenden, die anlässlich des 70. Geburtstags von Bischof Hofmann eingingen. Am 31. Juli kehrte der Bischof nach Würzburg zurück und blickte kurz vor der Ankunft in Deutschland in folgendem Interview auf die Zeit in Mbinga zurück.
POW: Sie haben den 25. Geburtstag der Partnerdiözese Mbinga mitgefeiert. Wie haben Sie die junge Partnerdiözese in Tansania erlebt?
Bischof Dr. Friedhelm Hofmann: Das Bistum Mbinga war bei der großen Feier durch alle Gremien, durch viele Gläubige aus den Pfarreien und eine große Schar von Priestern und Ordensschwestern vertreten. Dazu kam die Anwesenheit der Mitglieder der Tansanischen Bischofskonferenz, die bereits in den Tagen zuvor ihre Exerzitien in Mbinga abhielten, und des früheren tansanischen Staatspräsidenten Benjamin Mkapa. Bei der Geburtstagsfeier war eine überbordende Freude spürbar – sowohl im Kiliansdom von Mbinga als auch bei der anschließenden weltlichen Feier rund um die Kathedrale.
POW: Ein junges Bistum feiert. Wird da Kirche anders erlebbar als in der über 1250 Jahre alten Diözese Würzburg?
Bischof Hofmann: Es gibt viele Gemeinsamkeiten, die Strukturen sind ähnlich. Die Anfangsbegeisterung scheint in Mbinga noch größer zu sein. Aber auch in Würzburg erleben wir eine große Bereitschaft der Gläubigen mitzufeiern. Insofern ähneln sich die beiden Partnerdiözesen auch wieder. Natürlich sind die afrikanischen Feierformen anders als in Deutschland. Die Leute sind ausgelassen, sie jubeln, tanzen und singen. Es ist immer alles in Bewegung. Ich kann natürlich von außen nicht beurteilen, wie weit der Glaube wirklich Fuß gefasst hat. Das wird sich erst in Zukunft zeigen.
POW: Sie haben zahlreiche Gemeinden vor Ort besucht. Dabei konnte man den Eindruck gewinnen, in der Partnerdiözese sei vieles im Aufbruch.
Bischof Hofmann: Es fällt auf, dass immer wieder neue Pfarreien gegründet werden. Pfarrzentren und Gotteshäuser werden mit sehr einfachen Mitteln gebaut. Im Bistum Mbinga befindet sich vieles im Aufbruch, im Aufschwung. Dagegen ist bei uns feststellbar, dass unsere Gotteshäuser zum Teil zu groß sind und verkleinert werden müssen. Dagegen werden in Mbinga die Kirchen erweitert oder sogar neu gebaut.
POW: Sie durften in drei Gemeinden das Firmsakrament spenden. Für Sie ein besonderes Erlebnis?
Bischof Hofmann: Das kann man sagen. In der Kathedrale von Mbinga konnte ich mit dem Erzbischof von Arusha 412 Kinder und Jugendliche firmen. Aber auch in der Pfarrei Nkile am Njassa-See und bei den Kaffeebauern in Mahenge durfte ich zahlreiche Kinder firmen. Man spürt: die Kinder sind durch Katechetinnen und Katecheten gut vorbereitet. Sie nehmen aufmerksam an der Feier teil, und ich durfte die Freude und Dankbarkeit der Kinder über den Empfang der Firmung spüren. Aber auch die Angehörigen feierten mit und grüßten die Gefirmten, so dass diese merkten, es ist etwas ganz Besonderes, die Gabe des Heiligen Geistes zu empfangen.
POW: In Mbinga gibt es seit 2011 einen neuen Bischof. Ist er gut ins Amt gestartet?
Bischof Hofmann: Bischof John C. Ndimbo ist gut vorbreitet. Er war viele Jahre Leiter des Kleinen Seminars in Likonde und hatte zuletzt in der Tansanischen Bischofskonferenz im Bildungswesen gearbeitet. Ich habe das Gefühl, er nimmt die Aufgaben sehr gut wahr. Er sagte mir auch, das, was sein Amtsvorgänger Bischof Dr. Emmanuel Mapunda aufgebaut hat, müsse weitergeführt werden. Bischof John ist mit großem Einsatz dabei, das zu tun. Ich habe den Eindruck, er hat seine Augen überall und hat in der ganzen Organisation die innere Ruhe nicht verloren.
POW: Haben Sie bei den Gesprächen mit Bischof John etwas von seinen Plänen für die kommenden Jahre erfahren?
Bischof Hofmann: Es sollen fünf weitere Pfarreien gegründet werden. Bischof John möchte vor allem den Priesternachwuchs stärken. Denn in Mbinga sieht es damit auch nicht so gut aus, wie man oft denken könnte. Selbst in Afrika ist die Entscheidung für das Priesterleben nicht immer gleichbedeutend mit einem sozialen Aufstieg. Auch dort muss bei den jungen Leuten geworben werden, dass sie das Gut, als Priester leben zu dürfen, erkennen und bejahen können. Insofern hat sich Bischof John hier einen Schwerpunkt gesetzt.
POW: Es gibt sehr viele Kinder in Tansania. Ist es da nicht verwunderlich, dass sich nicht mehr für den Priesterberuf entscheiden?
Bischof Hofmann: Ganz genau. Bei uns kann man den geringen Kindernachwuchs auch mit anführen, wenn Gründe für den geringen Priesternachwuchs gesucht werden. Aber in Tansania ist es vollkommen anders: Rund 50 Prozent der Bevölkerung sind unter 17 Jahre alt. Die Kirchen sind gefüllt mit Kindern und Jugendlichen. Insofern bin ich schon erstaunt, dass die Nachfrage beim Priesterberuf nicht sehr hoch ist.
POW: Sie hatten in diesen Tagen auch die Möglichkeit, mit den tansanischen Bischöfen zu sprechen. Gab es einen direkten Einblick in die Kirche Tansanias?
Bischof Hofmann: Ich konnte mit vielen einzelnen Bischöfen sprechen. Sie haben mir gesagt, dass das, was an Glauben in Tansania eingepflanzt ist, noch ein zartes Pflänzchen ist. Das muss sehr gut betreut werden. Sie sind sich im Klaren, dass auch bei Ihnen vieles Folklore, Äußerliches ist. Da muss der christliche Glaube erst noch verinnerlicht werden. Das haben die Bischöfe sehr deutlich gesagt.
POW: Ist weiterhin Hilfe von europäischen Ortskirchen nötig, um dieses Pflänzchen zu hüten?
Bischof Hofmann: Man sieht, dass die Zahl der europäischen Missionarinnen und Missionare in Afrika zurückgeht. Die Einheimischen stellen heute den Großteil der Verantwortlichen. Die Kontakte nach Europa waren für den Aufbau lebensnotwendig. Wenn es keine weißen Ordensschwestern und Missionare mehr gibt, ist es dringend erforderlich, dass die Einheimischen die Kontakte nach Europa weiter pflegen. Denn die Kirche in Afrika braucht auch künftig unsere finanzielle Unterstützung. Die Menschen sind dermaßen arm – wir haben ja gesehen, in welch einfachen Behausungen sie leben. Sie können nichts dazu beitragen, dass neue Kirchen gebaut werden. Bei der Kollekte am Ende der Gottesdienste habe ich gesehen, wie gering die Summen sind, die die Gläubigen aufbringen können. Ich kann nur dafür plädieren, dass wir in unserem Partnerbistum Mbinga – und die anderen deutschen Bistümer ebenso – großzügig die Not dieser Menschen sehen und helfen, dort kirchliche Strukturen aufzubauen. Umgekehrt können wir von den Christen in Tansania und Afrika lernen, was es heißt, das Leben zu bejahen und im Jetzt zu leben.
POW: Sie sprachen von den europäischen Missionsleuten: War es für Sie auch ein Besuch bei den letzten deutschen Missionaren?
Bischof Hofmann: Ich vermute, ja. Wir sind am Schluss der Reise bei den Benediktinern in Peramiho gewesen, die engsten Kontakt zur Abtei Münsterschwarzach haben. Auch dort gab es nur noch wenige weiße Häupter, zwei Missionare stammen aus dem Bistum Würzburg, während der Großteil der jungen Mönche aus Tansania kommt. Man merkt: Hier geschieht ein Wechsel. Die europäische Initiative wird in afrikanische Hände gelegt. Die Afrikaner brauchen aber weiterhin noch Begleitung, damit sie das europäische Erbe übernehmen und bejahen können.
POW: Heute gibt es neue „Missionare“, beispielsweise die Jugendlichen, die im Rahmen des „weltwärts“-Projekts für ein Jahr nach Afrika gehen. Ein guter neuer Ansatz?
Bischof Hofmann: Das ist eine sehr gute Entwicklung, dass sich junge Menschen aus unserem Bistum bereiterklären, ein Jahr soziale Arbeit im Partnerbistum zu leisten. Die jungen Frauen und Männer finden höchste Anerkennung in Tansania. Die tansanischen Bischöfe haben betont, wie dankbar sie dafür sind. Die jungen Leute leisten nicht nur soziale Arbeit, sondern bewähren sich auch als Christen. Die Afrikaner bekommen dadurch einen sehr guten Eindruck von uns Europäern und auch von unserer Kirche in Würzburg. Es hat mich überrascht, wie begeistert die jungen Leute von Afrika sind, wie gerne sie dieses Jahr absolviert und wie viel sie gelernt haben – auch fürs Leben. Viele würden am liebsten weitermachen.
POW: Sie haben mehrere kirchliche Krankenhäuser – in Litembo und Peramiho – besucht. Wie ist ihr Eindruck vom Gesundheitswesen?
Bischof Hofmann: Glaube atmet auf zwei Flügeln: der inneren Beziehung zu Gott und der Hinwendung zum Nächsten. Die medizinische Versorgung der Kranken ist eine wesentliche Aufgabe in Tansania. Im Gegensatz zu Europa haben die Menschen in Afrika im medizinischen Bereich oft nur die kirchlichen Anlaufstellen. Die großen Krankenhäuser sind in kirchlichen Händen. Die Menschen sehen dabei: Es geht der Kirche auch um ihr Wohl, nicht nur um ihr Heil. Das ist eine ganz wichtige Erfahrung, damit sie den Glauben akzeptieren und verinnerlichen. Die Vielzahl der Menschen, die vor den Hospitälern in Warteschlangen stehen und auf eine Behandlung warten, macht deutlich: Es gibt eine große Akzeptanz. In Gesprächen durfte ich auch eine große Dankbarkeit erfahren, dass sich die Kirche der Kranken annimmt.
POW: Zum Bild vom Partnerbistum Mbinga gehören auch viele behinderte Kinder, aber auch die neue Albino-Schule der Diözese, die mit Hilfe von Prälat Wilhelm Heinz errichtet wurde und dessen Namen trägt. Man hatte den Eindruck, dass die Besuche bei diesen Kindern für Sie sehr wichtig waren. Stimmt der Eindruck?
Bischof Hofmann: Es gehört zu den bedrückendsten Erlebnissen, diesen oft schwerstbehinderten Kindern und den Albinos, den weißen Afrikanern, zu begegnen. Albinos werden von den eigenen Leuten abgelehnt, versteckt, behindert und benachteiligt. Die Beheimatung und Integration dieser Kinder hat mich sehr beeindruckt – auch wie die Kinder in der Albino-Schule miteinander umgehen. Sie haben ein sehr schweres Lebensschicksal.
POW: Eine besondere Form der Zusammenarbeit zwischen Würzburg und Mbinga ist der „Würzburger Partnerkaffee“. Sie haben den Erntebeginn bei den Kaffeebauern in Mahenge erlebt. Verändert das den Blick auf den Kaffeehandel?
Bischof Hofmann: Die Kaffeebauern haben verstanden, dass durch die Würzburger Initiative der Kaffeeanbau gerechter geschehen kann als vorher über große Genossenschaften. Sie hoffen, dass wir weiterhin den fairen Kaffee stützen – und das wollen wir auch. Es ist ein sehr guter Kaffee. Wir haben gesehen, mit wie viel Mühe der Kaffeeanbau und die Ernte verbunden sind. Und die Menschen verdienen dabei oft nur einen Hungerlohn.
POW: Die Partnerschaft mit Mbinga nähert sich dem Silbernen Jubiläum im Jahr 2014. Was ist in nächster Zeit wichtig?
Bischof Hofmann: Wir dürfen die bisher aufgebauten Aktivitäten nicht vernachlässigen. Freundschaft braucht Begegnung. Wir müssen von Würzburg aus mit Besuchen im Bistum Mbinga den Kontakt pflegen und uns für die dortige Entwicklung interessieren, umgekehrt müssen Menschen aus Mbinga zu uns kommen und unsere Ortskirche kennenlernen und von ihr auch lernen. Das gegenseitige Geben und Nehmen darf nicht erlahmen. Ich bin allen dankbar, die diese Verbindungen aufrechterhalten – besonders unserem Afrika-Referenten Klaus Veeh. Wir haben jetzt am eigenen Leib erfahren, dass die Strapazen einer Reise nach Mbinga nicht gering sind. Das ist alles andere als eine Vergnügungstour.
POW: Was nehmen Sie von der aktuellen Mbinga-Reise mit nach Würzburg?
Bischof Hofmann: Ich durfte erfahren, dass sich die Anfänge des Bistums Mbinga verfestigt haben. Es wurden Strukturen aufgebaut, die tragen. Jetzt plant man die Seelsorge für die kommenden fünf Jahre. Ich bin ganz zuversichtlich, dass die Kirche von Mbinga auf einem guten Weg ist.
POW: Nach 2007 war dies Ihr zweiter Mbinga-Besuch. Werden Sie nochmals nach Mbinga reisen?
Bischof Hofmann: Das weiß der liebe Gott allein (lacht). Vielleicht zum 25. Partnerschaftsjubiläum im Jahr 2014. Das wäre für mich eine weitere Möglichkeit.
POW: Tansania rückt bei der Sternsinger-Aktion Anfang des Jahres 2013 in den Blick, die bundesweit am 28. Dezember 2012 in Würzburg eröffnet wird. Was werden Sie den Kinder in Deutschland von Tansania erzählen?
Bischof Hofmann: Ich würde Ihnen am liebsten einige Sequenzen zeigen, wie die Kinder in Tansania uns begrüßt haben, wie sie leben und wie sie in die Schule gehen. Ich hoffe, dass unsere Kinder etwas von dieser Wissbegierigkeit der Kinder in Tansania übernehmen und froh sind, dass sie so große und gute Möglichkeiten haben zu lernen; und dass sie von den Kindern in Tansania lernen, sich in der Kirche zu bewegen und dies nicht als Last, sondern als Erweiterung ihres Lebensumfelds empfinden.
(3112/0847; E-Mail voraus)
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