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Dokumentation

„Die Konflikte unserer Zeit verlangen einen ehrlichen Blick“

Grußwort von Bischof Dr. Franz Jung zum 75. Jubiläum von „Die Tagespost“ am Samstag, 9. September 2023

Eminenz,

Exzellenzen,

sehr geehrte Herren Herausgeber,

sehr geehrte Frau Sollfrank,

sehr geehrter Herr Horst,

sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Tagespost,

ich darf Ihnen heute meinen Glückwunsch zum 75-jährigen Bestehen der „Tagespost“ aussprechen. In einer Zeit, die durch fundamentale Umbrüche in der Medienlandschaft - die konfessionelle Presse nicht ausgenommen - gekennzeichnet ist, ist ein solches Jubiläum bemerkenswert.

Der Verlust von Bindungskraft als Ursprung der Krisen

Viele Medien befinden sich wie die Kirche in der Krise. Gemein ist dabei Medien wie der Kirche der Verlust an Bindungskraft. Die Selbstverständlichkeit der Zugehörigkeit zur christlichen Gemeinde geht ebenso verloren wie die Identifikation der Konsumenten mit bestimmten Medien. Um hier verlorenen Boden wiedergutzumachen, setzen viele Medien auf Profilierung und Wiedererkennbarkeit, die auf eine bestimmte Zielgruppe abheben.

Das ist völlig legitim. Denn nur eine breit aufgestellte Presselandschaft kann der Herrschaft der Algorithmen wehren, die zu einer unguten Gleichförmigkeit der Berichterstattung führt und damit zu einer einseitigen Wahrnehmung von Wirklichkeit. Dagegen stellen sich Medien mit Profil, auch dezidiert konservative Stimmen, als die sich die „Tagespost“ versteht. Die Treue zum kirchlichen Lehramt äußert sich in einem Alleinstellungsmerkmal dieser Zeitung, das zugleich ein wichtiger Dienst für die Gläubigen ist, nämlich die zeitnahe Veröffentlichung päpstlicher oder kirchlicher Dokumente in deutscher Sprache.

Nüchternheit im Konflikt und die Aufgabe, einander zuzuhören

Wenn verlorene Bindungskraft durch Schärfung des Profils kompensiert wird, droht jedoch die Gefahr, dass Profilierung in Polarisierung übersteigert wird. Wollen Medien journalistisch ernst genommen werden, müssen sie sich an der Tugend scholastischer Nüchternheit orientieren. Sich darin zu üben bedeutet, Positionen und Gegenpositionen ausgewogen darzustellen und die vorgebrachten Argumente sachlich abzuwägen. Und das, ohne Unterstellungen oder Herabwürdigungen derjenigen, die sie vorgebracht haben, immer in der Annahme, dass alle darum bemüht sind, auf ihre Weise der Kirche zu dienen. Ein solche Form der Darstellung folgt einem wichtigen Aspekt von „Synodalität“, wie Papst Franziskus sie versteht, nämlich hinzuhören, zuzuhören und nie aufzuhören, gemeinsam die Wahrheit Jesu Christi tiefer zu ergründen.

Die Einheit wiegt mehr als der Konflikt

In seinem Apostolischen Schreiben Evangelii gaudium hat Papst Franziskus vier Prinzipien formuliert, von denen das dritte in diesem Kontext besonders hervorgehoben sei: „Die Einheit wiegt mehr als der Konflikt.“

Im Hinblick auf die soziale Dimension der Verkündigung betont der Papst die Notwendigkeit eines konstruktiven Umgangs mit Konflikten. So schreibt er: „Wenn ein Konflikt entsteht, schauen einige nur zu und gehen ihre Wege, als ob nichts passiert wäre. Andere gehen in einer Weise darauf ein, dass sie zu seinen Gefangenen werden, ihren Horizont einbüßen und auf die Institutionen ihre eigene Konfusion und Unzufriedenheit projizieren. Damit wird die Einheit unmöglich.“ (EG 227)

Es scheint nicht vermessen, diese Reaktionsmuster auch in Kirche und Medien unserer Zeit wieder zu erkennen. Der dritte und beste Weg mit Krisen und Konflikten umzugehen, besteht nach Papst Franziskus in der „Bereitschaft, den Konflikt zu erleiden, ihn zu lösen und ihn zum Ausgangspunkt eines neuen Prozesses zu machen.“ (EG 227)

Die Herausforderungen der Zeit verlangen einen ehrlichen Blick und einen weiten Horizont

Bezogen auf die eingangs erwähnten Herausforderungen von Kirche und Medien bedeutet das: Der Verlust von Bindungskraft wird nicht überwunden durch die Vermeidung von Konflikten, aber auch nicht, indem man sich von ihnen beherrschen lässt. Die Konflikte unserer Zeit verlangen vielmehr einen ehrlichen Blick und einen weiten Horizont. In dieser Haltung können neue Wege gefunden werden, um konstruktiv am Aufbau und an der Weiterentwicklung der Kirche mitzuarbeiten.

Abram als Vorbild, um im Alter noch einmal neu zu beginnen

Anlässlich des 75-jährigen Bestehens der „Tagespost“ kommt mir das biblische Vorbild Abrams in den Sinn. Von ihm heißt es in der Schrift: „Abram war fünfundsiebzig Jahre alt, als er von Haran auszog“ (Gen 12,4). In einem Alter, da andere sich zur Ruhe setzen, bricht Abram überhaupt erst auf, um der Verheißung des Gelobten Landes zu folgen. Den Mut, im vorgerückten Alter noch einmal neu aufzubrechen, wünsche ich Ihnen von Herzen, denn dieser Mut hält jung. In diesem Sinne begleiten Sie meine besten Wünsche für Ihre journalistische Arbeit und für die Weiterentwicklung der Zeitung inmitten des epochalen Umbruchs von Kirche und Welt. Möge dieses Medium unter der Führung des Heiligen Geistes dazu helfen, die Liebe zu Christus und zu seiner Kirche in den Herzen der Menschen zu entfachen. Dazu erbitte ich Ihnen Gottes reichen Segen!