Würzburg (POW) Am 30. April läuft für Domvikar Christoph Warmuth (48) die Zeit als Diözesanjugendseelsorger aus. Seit 1998 war er Erster Mann der Jugendarbeit im Bistum Würzburg. Schon seit Jahresbeginn 2007 hat er die Bereichsleitung für Gemeindeentwicklung und pastorale Konzeption im Bistum Würzburg übernommen und nur noch kommissarisch das Amt des Jugendseelsorgers wahrgenommen. Im folgenden Interview blickt er auf die Zeit in der Jugendarbeit zurück und spricht über sein neues Tätigkeitsfeld.
POW: Mit dem 1. Mai 2007 endet Ihre Dienstzeit als diözesaner Jugendpfarrer. Welche drei speziellen Erinnerungen nehmen Sie aus dieser Zeit mit?
Domvikar Christoph Warmuth: Als erstes kommen natürlich leicht die großen Dinge in den Blick: die Umgestaltung des Kilianeums zum Haus der Jugend mit der Einweihung im Jahr 2000 und der Weltjugendtag 2005 in Köln mit den Tagen der Begegnung in unserer Diözese. Mindestens genauso wichtig sind jedoch unzählige Begegnungen mit Jugendlichen, jungen Erwachsenen und natürlich mit den Mitarbeitern in der Kirchlichen Jugendarbeit: Gespräche, Gottesdienste, die Vorbereitungen von Aktionen, gelungene genauso wie auch manch schwierige Begegnungen – also alles, was der Alltag hergibt. Und die großen Ereignisse bekommen ihre Bedeutung letztlich oft erst von den unspektakulären kleinen Noten, die die Grundmelodie ausmachen.
POW: Was hat sich in Ihren Jahren in der Jugendarbeit seit 1998 gewandelt, zum Positiven wie zum Negativen?
Warmuth: Ich denke, dass es in den vergangenen Jahren gelungen ist, die Kirchliche Jugendarbeit in der Diözese gut aufzustellen. Mit vielen verschiedenen Maßnahmen wie dem Qualitätsmanagement in der Jugendarbeit, mit der Gewinnung und Aus- beziehungsweise Fortbildung unserer Mitarbeiter in den Landkreisen oder auch mit den verschiedenen Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit hat die kirchliche Jugendarbeit einen Stand gefunden, der sich sehen lassen kann. Eine dauernde Herausforderung liegt in den Veränderungen, die das Leben junger Menschen prägen. Alleine die Konsequenzen aus den Diskussionen um Ganztagesschule und Nachmittagsbetreuung setzen Jugendverbandsarbeit in den Orten unseres Bistums zunehmend unter Druck, da Jugendliche immer mehr Zeit im Raum der Schule verbringen werden und im Gegenzug immer weniger Zeit bleibt zur Gestaltung und freiwilligen Teilnahme an Formen der außerschulischen Jugendbildung, zu der Jugendarbeit zählt. Die Gestaltungsräume werden deutlich enger, und es gerät in Gefahr wegzubrechen, wovon junge Menschen in der Jugendarbeit für sich profitieren können.
POW: Wie hat der Weltjugendtag in Köln sich auf das Bistum Würzburg ausgewirkt?
Warmuth: Der Weltjugendtag in Köln hat allen Teilnehmern einzigartige Erfahrungen vermitteln können. Für unser Bistum waren vor allem die vorgeschalteten Tage der Begegnung von größter Bedeutung. Die Gestaltung der Gastfreundschaft für Jugendliche aus etwa 30 Ländern – mit den Erfahrungen, was in unseren Gemeinden in der Zusammenarbeit über örtliche und Altersgrenzen hinweg möglich ist, mit den Gesprächen, Aktionen und Veranstaltungen in allen unseren Landkreisen – hat bei uns deutliche positive Spuren hinterlassen. Wenn es seit dem Weltjugendtag inzwischen bereits mehrere Besuche verschiedener Gemeinden bei „ihren“ Gästen in Frankreich, Italien oder Polen gab, dann ist das für mich ein deutliches Zeichen, dass der Weltjugendtag 2005 auch unser Bistum verändert hat.
POW: Der BDKJ als großer Dachverband der kirchlichen Jugendarbeit hat in der öffentlichen Wahrnehmung in den vergangenen Jahren – verglichen zu den 1990er Jahren – deutlich an (kirchen-) politischem Einfluss verloren. Woran liegt das?
Warmuth: Ich bin mir nicht sicher, ob man das so sagen kann. Zum einen haben sich die Gesellschaft und mit ihr die Themen gewandelt. Neben großen Themen gesellschaftlicher Auseinandersetzung in den 80er und 90er Jahren, die zu einer eindeutigen Positionierung gut geeignet waren, sind die Problemfragen heute oft von unüberschaubarer Komplexität. Die Gründe für eine kritische Beurteilung oder Ablehnung von Kerntechnik in früheren Jahren sind heute noch genauso vorhanden. Doch die Problematik des Klimawandels mit der Gefährdung der Erde durch fossile Brennstoffe löst die frühere Eindeutigkeit in dieser Frage heute auf.
POW: Ist die Jugend von heute insgesamt eher desinteressiert?
Warmuth: Jugendliche nehmen heute ihren Platz in der Gesellschaft anders wahr: sei es, dass sie sich viel stärker arrangieren mit den Gegebenheiten, die ihr Leben prägen. Die Shellstudie 2002 hat dafür „Ego-Taktiker“ als Begriff für die Generation der 12- bis 25-Jährigen geprägt. Sei es, dass Jugendliche zum Teil auch an ihren Einflussmöglichkeiten zweifeln oder den Eindruck haben, sowieso nicht gehört zu werden. Wo sich bei Jugendlichen dieser Eindruck verfestigt, verlieren sie auch die Motivation, sich in diesen Bereichen zu engagieren. Sicher ist jedoch, dass Jugendliche sich auch heute dort einsetzen, wo sie den Eindruck gewinnen, dass sich ihr Einsatz auch lohnt.
POW: In Ihrer neuen Aufgabe als Bereichsleiter für Gemeindeentwicklung und pastorale Konzeption müssen Sie zum Teil auch unliebsame Entscheidungen den Pfarreien vor Ort schmackhaft machen. Mehr Macht, mehr Last?
Warmuth: Die neue Aufgabe bedeutet eine andere Herausforderung. Und um Macht ging es in der Jugendarbeit annähernd genauso wie im Bereich der Gemeindeentwicklung. Es ist nicht möglich, Menschen auf Dauer gegen ihren Willen zu etwas zu nötigen, was sie nicht wollen. Das gilt für Jugendliche wie für Gemeinden. Sollte ich trotzdem den Versuch machen, so wären die Jugendlichen und so würden künftig die Gemeinden ihre eigenen Wege gehen. Eine Lösung für Herausforderungen in der Jugendarbeit oder bei der Errichtung von Pfarreiengemeinschaften wäre das nicht. Gute Lösungen zu finden, die – wenn man vielleicht auch liebgewordene Denkgewohnheiten verlassen muss – neue Wege öffnen, das ist die Kunst in der Jugendarbeit wie in der Gemeindeentwicklung.
Interview: Markus Hauck (POW)
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