Würzburg/Kloster Oberzell (POW) 20 Jahre Lobbyarbeit für Frauen im Haus Antonie Werr haben die Oberzeller Franziskanerinnen im Kloster Oberzell gefeiert. An der Jubiläumsveranstaltung nahmen über 130 Gäste teil, die mit dem Haus Antonie Werr vernetzt sind. Stellvertretend für alle, die die Arbeit der Franziskanerinnen unterstützen, dankte die Generaloberin Schwester Veridiana Dürr Domkapitular Dietrich Seidel, dem Vorsitzenden des Diözesancaritasverbands, dem Bundestagsabgeordneten Paul Lehrieder, dem früheren Bürgermeister der Stadt Würzburg, Jürgen Weber, in Vertretung für Oberbürgermeister Rosenthal sowie dem Sozialreferenten der Stadt Würzburg, Robert Scheller.
In einer Powerpoint-Präsentation sprachen 15 Frauen zwischen 17 und 75 Jahren über ihre Stärken und Schwächen, Wünsche und Träume. Sie gaben Einblick in ihre Probleme wie Alkoholmissbrauch oder Essstörung, Überschuldung oder sexualisierte Gewalterfahrung: „Ich hab ’ne große Klappe und manchmal vergreif’ ich mich im Ton.“ – „Wenn ein Wunder geschehen würde, würde ich mit meinen Geschwistern in einem eigenen Haus leben und meine Mutter wüsste endlich mal, was sie will.“ – „Ich bin eine schlechte Frau, weil ich nicht mit meinem Mann zusammen wohnen kann. Eine gute Frau hätte nicht die Polizei geholt.“ Sie berichteten über erreichte Schulabschlüsse, gelöste Abhängigkeiten und neue Lebensperspektiven.
Die 15 Frauen standen stellvertretend für Hunderte, die von den Oberzeller Franziskanerinnen und ihren Mitarbeiterinnen in den vergangenen 20 Jahren im Haus Antonie Werr unterstützt wurden. So lange gibt es im Würzburger Stadtteil Sanderau die Kontakt- und Anlaufstelle für Mädchen und Frauen. 1999 wurde außerdem ein Hilfeangebot für junge Frauen zwischen 17 und 21 Jahren geschaffen. Seitdem gibt es zwei Abteilungen unter einem Dach. Der doppelte Geburtstag wurde im Kloster Oberzell gefeiert: „20 Jahre Hilfen für Frauen in Krisensituationen und zehn Jahre Flexible Hilfen im Haus Antonie Werr“.
Generaloberin Dürr schlug in der Begrüßung den Bogen vom Haus Antonie Werr zur Namensgeberin. Die Gründerin der Ordensgemeinschaft Antonia Werr (1813-68) habe sich auf die Seite von Frauen gestellt, die existentiell in eine Krise geraten waren. „Seit 154 Jahren schützen wir Oberzeller Schwestern die Würde von Frauen und stärken ihre Rechte“, erläuterte Dürr das Profil der Franziskanerinnen. Sie dankte der Leiterin des Fachbereichs Frauen, Karola Herbert, allen Mitarbeiterinnen und Mitschwestern der Einrichtung für ihren Dienst, „die Funken zu hüten, die in jeder Frau glühen und behutsam das Feuer zu entfachen“.
Scheller bezeichnete das Haus Antonie Werr als „sehr wichtig für die soziale Infrastruktur“ der Stadt. In seinem Grußwort anerkannte der Jurist, wie „schwierig und vielfältig die Problematiken sind“, in denen die Sozialpädagoginnen vom Haus Antonie Werr Frauen in Krisen, wohnungslosen Frauen oder jungen Frauen zwischen 17 und 21 Jahren weiterhelfen. Die Stadt sei gut beraten, wenn sie die Arbeit mit 200.000 Euro jährlich unterstützt. Scheller lobte den Mut der Ordensfrauen, „Frauen in Not nicht zu verstecken“. Das Haus Antonie Werr sei in den Stadtteil Sanderau gut integriert. Frauen würden nicht ausgegrenzt. In Würzburg sei das Hilfenetz dicht und eng verknüpft.
Herbert, Leiterin des Fachbereichs Frauen, wandte sich an die Kooperationspartner, Mitarbeiter der Wohlfahrtsverbände, Kolleginnen anderer Oberzeller Einrichtungen, Stadträte, Mitarbeiter der kommunalen Behörden, Polizei und Staatsanwaltschaft, Vertreter der Jugendämter, Rechtsanwältinnen, Therapeutinnen und alle kooperierenden Berufsgruppen, Fachstellen, Sponsoren sowie die Oberzeller Schwestern. Ziel der Veranstaltung sei, sagte Herbert, etwas für das „Image“ der Mädchen und Frauen zu tun, die im Haus Antonie Werr begleitet werden. Die Sozialpädagoginnen sehen sich als „Sprachrohr, Lobbyistinnen und Vermittlerinnen“ für ihre Klientinnen. Im Kontakt zeigten die von den Mitarbeiterinnen begleiteten Frauen „häufig ihre ungeduldige, manchmal aggressive und sozial auffällige Seite“. Umso wichtiger sei es, sensibel zu werden für die Hintergründe und Lebensgeschichten der Frauen. Diese lägen etwa in traumatischen Erfahrungen, ausgelöst durch Gewalt, Vernachlässigung oder Beziehungsabbrüche. Im Haus Antonie Werr würden die Frauen in ihrer ganzen Person wahrgenommen und frauenspezifisch begleitet.
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